Die Herrschaft Der Königinnen . Морган Райс

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Die Herrschaft Der Königinnen  - Морган Райс


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Sie sah ihn nicht einmal an.

      Sie hatte nicht mit ihm geredet, seit er die Lawine ausgelöst hatte, hatte ihm nicht einmal in die Augen gesehen.

      Darius Herz pochte, er fragte sich, was sie dachte. Sie hatte mitangesehen, wie er seine Kräfte angerufen hatte, war Zeugin der Lawine geworden. Da hatte sie ihn nur schockiert angesehen, und seither jeden Blickkontakt vermieden.

      Vielleicht, dachte Darius, hatte er in ihren Augen das heilige Tabu gebrochen, das eine Tabu, das sein Volk mehr als alles andere beachtete. Vielleicht hatte sie Angst vor ihm; oder schlimmer noch – vielleicht liebte sie ihn nicht mehr. Vielleicht sah sie ihn als eine Art von Monster.

      Darius brach es das Herz als sie langsam wieder zum Dorf zurück wanderte, und er fragte sich wozu das alles gut gewesen war. Er hatte gerade sein Leben riskiert, um ein Mädchen zu retten, das ihn nicht mehr liebte. Er hätte alles darum gegeben, ihre Gedanken lesen zu können, alles. Doch sie sah ihn ja nicht einmal an. Stand sie unter Schock?

      Darius wollte etwas zu ihr sagen, irgendetwas, um das Schweigen zu brechen. Doch er wusste nicht, wie und wo er anfangen sollte. Er hatte geglaubt, sie zu kennen, doch jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Er war irritiert und verärgert, zu stolz zu sprechen, angesichts ihrer Reaktion, doch in gewisser Weise schämte er sich auch. Er wusste, was seine Leute von Magie hielten. War der Gebrauch von Magie denn so schlimm? Auch wenn er damit ihr Leben gerettet hatte? Würde sie es den anderen erzählen? Wenn die Dorfbewohner es herausfänden, würden sie ihn sicher ins Exil schicken.

      Sie liefen immer weiter, und schließlich konnte Darius es nicht mehr länger ertragen. Er musste etwas sagen.

      „Ich bin mir sicher, dass deine Familie froh sein wird, dich sicher zurückzuhaben“, sagte Darius.

      Doch zu seiner Enttäuschung sah Loti ihn nicht einmal an, und ging mit ausdrucksloser Miene weiter. Endlich, nach einer ganzen Weile, schüttelte sie den Kopf.

      „Vielleicht“, sagte sie. „Doch ich fürchte, dass sie sich mehr Sorgen machen werden als alles andere. Unser ganzes Dorf wird sich Sorgen machen.“

      „Was meinst du?“ fragte Darius.

      „Du hast einen Zuchtmeister, einen Offizier getötet. Wir haben ihn getötet. Das ganze Empire wird nach uns suchen. Sie werden unser Dorf zerstören, unsere Leute töten. Wir haben etwas Schreckliches, unglaublich Egoistisches getan.“

      „Etwas Schreckliches? Ich habe dir das Leben gerettet!“, sagte Darius empört.

      Sie zuckte mit den Schultern.

      „Mein Leben ist nicht das Leben aller Leute in unserem Dorf wert.“

      Darius kochte innerlich und wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er begann zu erkennen, dass Loti kompliziert war, schwer zu verstehen. Sie war zu sehr mit den sturen Gedanken ihrer Eltern und ihrer Leute indoktriniert.

      „Dann hasst du mich also dafür, dass ich dich gerettet habe.“

      Sie sah ihn nicht an und ging weiter.

      „Ich habe dich auch gerettet“, gab sie stolz zurück. „Hast du das vergessen?“

      Darius wurde rot, er konnte sie nicht verstehen, sie war einfach zu stolz.

      „Ich hasse dich nicht“, fügte sie schließlich hinzu. „Doch ich habe gesehen, was du getan hast. Ich habe es gesehen, Darius.“

      Darius zitterte innerlich, verletzt von ihren Worten. Bei ihm kamen sie wie eine Anklage an. Es war nicht fair, besonders nicht, nachdem er ihr gerade das Leben gerettet hatte.

      „Und ist das so schlimm?“, fragte er.

      Loti antwortete nicht.

      „Ich bin wer ich bin“, sagte Darius. „Ich bin so zur Welt gekommen. Ich habe nicht darum gebeten. Ich kann es ja nicht einmal selbst ganz verstehen! Ich wollte meine Kräfte nicht nutzen. Es ist so als ob… sie mich benutzt haben.“

      Loti senkte den Blick und schwieg. Sie sah ihn nicht an, und Darius bedauerte beinahe, was er getan hatte. Hatte er einen Fehler gemacht, als er sie gerettet hatte? Sollte er sich über das, was er war schämen?

      „Wärst du lieber tot, als dass ich meine… Kräfte angewendet hätte?“, wollte Darius wissen.

      Wieder schwieg Loti und Darius Bedauern wuchs.

      „Du darfst mit niemandem darüber sprechen“, sagte sie. „Wir dürfen niemals irgendjemandem erzählen, was heute geschehen ist. Wir wären beide Ausgestoßene.“

      Nach der letzten Kurve um einen Hügel kam ihr Dorf ins Blickfeld. Sie gingen auf der Hauptstraße auf das Dorf zu, und als die Dorfbewohner sie sahen, wurden sie von lautem Jubel empfangen.

      Binnen weniger Augenblicke kamen hunderte von Dorfbewohnern, um sie zu begrüßen. Lotis Mutter kämpfte sich durch die Menge, begleitet von ihrem Vater und ihren Brüdern, Männer mit breiten Schultern, kurzen Haaren und stolzem Kiefer. Sie alle musterten Darius. Neben ihnen stand Lotis dritter Bruder, der kleiner war als die anderen, und dessen linkes Bein gelähmt war.

      „Mein Kind!“, rief Lotis Mutter, eilte zu ihr, und umarmte sie. Darius hielt sich unsicher im Hintergrund.

      „Was ist passiert?“, wollte ihre Mutter wissen. „Ich dachte, dass die Männer des Empire dich mitgenommen haben. Wie bist du frei gekommen?“

      Die Dorfbewohner schwiegen, und alle Augen wanderten zu Darius. Er stand unsicher da, und wusste nicht, was er sagen sollte. Er hätte sich gewünscht, dass dies ein Moment großer Freude und Jubels über seine Tat sein sollte, ein Augenblick, auf den er stolz sein sollte, dass sie ihn als Helden willkommen hießen. Schließlich hatte er als einziger von allen den Mut gehabt, Loti zu folgen.

      Stattdessen war er verwirrt, vielleicht sogar beschämt. Loti warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, als ob sie ihn warnen wollte, ihr Geheimnis nicht zu verraten.

      „Es ist nichts passiert, Mutter“, sagte Loti. „Der Zuchtmeister hat seine Meinung geändert und mich gehen lassen.“

      „Dich gehen lassen?“, echote sie irritiert.

      Loti nickte.

      „Sie haben mich weit von ihr gehen lassen. Ich habe mich im Wald verlaufen, und Darius hat mich gefunden. Er hat mich zurückgebracht.“

      Die Dorfbewohner sahen skeptisch zwischen Loti und Darius hin und her. Darius spürte, dass sie ihnen nicht glaubten.

      „Und was ist mit deinem Gesicht passiert?“, fragte ihr Vater, strich mit der Hand über ihre Wange und drehte ihren Kopf zur Seite, um sie zu untersuchen.

      Darius sah sie an und sah den großen blauen Bluterguss.

      Loti sah ihren Vater unsicher an.

      „Ich… bin gestolpert“, sagte sie. „Über eine Wurzel. Wie ich schon gesagt habe, es geht mir gut“, beharrte sie trotzig.

      Alle Augen wandten sich Darius zu, und Bokbu, der Häuptling des Dorfes, trat vor.

      „Darius, ist das wahr?“, fragte er mit ernster Stimme. „Du hast sie friedlich zurückgebracht? Ihr hattet keine Auseinandersetzung mit ihnen?“

      Darius stand mit pochendem Herzen da, hunderte von Augen starrten ihn an. Wenn er ihnen von ihrer Begegnung erzählte, zugab, was sie getan hatten, dann würden sie alle die Rache dafür fürchten. Und er konnte ihnen nicht erklären, wie er sie getötet hatte, ohne seine Magie zu verraten. Er wäre ein Ausgestoßener, und Loti auch – und außerdem wollte er keine Panik auslösen.

      Doch Darius wollte auch nicht lügen. Er wusste nicht, was er tun sollte.

      Darum nickte Darius lediglich wortlos. Sollten sie es interpretieren, wie sie es wollen. Erleichtert wandten sich die Leute wieder Loti zu. Schließlich nahm sie einer ihrer Brüder in die Arme.

      „Sie ist in Sicherheit“, rief er und brach damit die Anspannung. „Das ist alles, was zählt!“

      Jubel brach aus, und Loti wurde von ihrer Familie und den anderen umarmt. Darius stand da und sah zu, während er zum Dank ein halbherziges Schulterklopfen bekam. Er sah zu wie sie mit den


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