Jane Eyre. Шарлотта Бронте

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Jane Eyre - Шарлотта Бронте


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      Als ich die­se Wor­te aus­sprach, blick­te ich auf; er er­schi­en mir wie ein großer Mann, aber ich war ja so klein; sei­ne Züge wa­ren groß und wie alle üb­ri­gen Li­ni­en sei­ner Ge­stalt hart und scharf.

      »Nun, Jane Eyre, sind Sie ein gu­tes Kind?«

      Un­mög­lich, die­se Fra­ge be­ja­hend zu be­ant­wor­ten; die klei­ne Welt, die mich um­gab, war an­de­rer Mei­nung – ich schwieg. Mrs. Reed ant­wor­te­te für mich mit ei­nem aus­drucks­vol­len Schüt­teln des Kop­fes, gleich dar­auf füg­te sie hin­zu: »Je we­ni­ger man über die­sen Punkt spricht, Mr. Brock­le­hurst, de­sto bes­ser.«

      »Tut mir in der Tat leid zu hö­ren! sie und ich müs­sen ein we­nig mit­ein­an­der re­den«, da­mit brach­te er sich aus der per­pen­di­ku­lä­ren Stel­lung und in­stal­lier­te sei­ne Per­son in dem Lehn­stuhl, wel­cher Mrs. Reed ge­gen­über stand. »Kom­men Sie hier­her«, sag­te er.

      Ich ging über den Ka­min­tep­pich; er stell­te mich ge­ra­de und auf­recht vor sich. Welch ein Ge­sicht hat­te er, jetzt wo es sich in glei­cher Li­nie mit dem mei­nen be­fand! welch eine un­ge­heu­re Nase! und welch ein Mund! wel­che großen, her­vor­ste­hen­den Zäh­ne!

      »Es gibt kei­nen schreck­li­che­ren An­blick, als den ei­nes un­ar­ti­gen Kin­des«, be­gann er, »be­son­ders ei­nes un­ar­ti­gen klei­nen Mäd­chens! Wis­sen Sie, wo­hin die Gott­lo­sen kom­men, wenn sie ge­stor­ben sind?«

      »Sie kom­men in die Höl­le«, lau­te­te mei­ne schnel­le und or­tho­do­xe Ant­wort.

      »Und was ist die Höl­le? Kön­nen Sie mir das eben­falls sa­gen?«

      »Eine Gru­be voll Feu­er.«

      »Und möch­ten Sie wohl in die­se Gru­be hin­ein­fal­len und dort für ewig bren­nen?«

      »Nein, Sir.«

      »Was müs­sen Sie denn tun, um das zu ver­mei­den?«

      Ei­nen Au­gen­blick über­leg­te ich mei­ne Ant­wort; als sie kam, war ge­wiss viel ge­gen sie ein­zu­wen­den: »ich muss ge­sund blei­ben und nicht ster­ben.«

      »Wie kön­nen Sie denn ge­sund blei­ben? Täg­lich ster­ben Kin­der, die jün­ger sind, als Sie. Erst vor zwei oder drei Ta­gen habe ich ein klei­nes Kind von fünf Jah­ren be­gra­ben – ein gu­tes Kind, des­sen See­le jetzt im Him­mel ist. Es steht zu be­fürch­ten, dass man das­sel­be nicht von Ih­nen sa­gen könn­te, wenn Sie aus die­sem Le­ben ab­be­ru­fen wür­den.«

      Da ich nicht in der Lage war, sei­ne Zwei­fel zu be­he­ben, schlug ich nur die Au­gen nie­der und ließ sie auf den bei­den un­ge­heu­er­li­chen Fü­ßen ru­hen, die sich in den Ka­min­tep­pich ein­ge­gra­ben hat­ten. Dann seufz­te ich tief auf. Ich wünsch­te mich weit, weit fort.

      »Ich hof­fe, dass die­ser Seuf­zer aus der Tie­fe Ihres Her­zens kommt und dass Sie be­dau­ern, die Quel­le so vie­ler Unan­nehm­lich­kei­ten für Ihre aus­ge­zeich­ne­te Wohl­tä­te­rin ge­we­sen zu sein.«

      »Wohl­tä­te­rin! Wohl­tä­te­rin!« wie­der­hol­te ich in­ner­lich. »Je­der­mann nennt Mrs. Reed eine Wohl­tä­te­rin; wenn sie das war, so ist eine Wohl­tä­te­rin eine sehr un­an­ge­neh­me Sa­che.«

      »Spre­chen Sie abends und mor­gens Ihr Ge­bet?« fuhr mein Exa­mi­na­tor fort.

      »Ja, Sir.«

      »Le­sen Sie Ihre Bi­bel?«

      »Zu­wei­len.«

      »Mit Freu­de? Lie­ben Sie Ihre Bi­bel?«

      »Ich lie­be die Of­fen­ba­rung, und das Buch Da­niel und Ge­ne­sis und Sa­mu­el, und ein we­nig vom Buch der Pre­di­ger und einen Teil der Kö­ni­ge und der Chro­nik, und Hiob und Ruth.«

      »Und die Psal­men? Ich hof­fe, Sie lie­ben sie auch?«

      »Nein, Sir.«

      »Nein? o, ent­setz­lich! Ich habe einen klei­nen Kna­ben, viel jün­ger als Sie, der sechs Psal­men aus­wen­dig weiß. Und wenn Sie ihn fra­gen, ob er lie­ber eine Pfef­fer­nuss zum es­sen, oder einen Vers aus den Psal­men zum aus­wen­dig ler­nen ha­ben möch­te, so sagt er: ›O, den Vers aus den Psal­men! Die En­gel sin­gen ja Psal­men‹, sagt er, ›ich möch­te schon hier auf Er­den ein klei­ner En­gel sein‹, und dann be­kommt er zum Lohn für sei­ne kind­li­che Fröm­mig­keit zwei Pfef­fer­nüs­se.«

      »Psal­men sind nicht in­ter­essant«, be­merk­te ich.

      »Das be­weist, dass Sie ein bös­ar­ti­ges Herz ha­ben und Sie müs­sen Gott bit­ten, dass er Ih­nen ein bes­se­res gibt, ein neu­es, ein rei­nes; dass er Ih­nen Ihr Herz von Stein nimmt und Ih­nen ein Herz von Fleisch gibt.«

      Ich war ge­ra­de im Be­griff, eine Fra­ge in Be­zug auf die Art und Wei­se zu tun, wie die Ope­ra­ti­on, mir ein neu­es Herz ein­zu­set­zen, vor sich ge­hen sol­le, als Mrs. Reed mich un­ter­brach, in­dem sie mir ge­bot, mich zu set­zen, dann fuhr sie fort, selbst die Un­ter­hal­tung zu füh­ren.

      »Mr. Brock­le­hurst, ich glau­be, dass ich in dem Brie­fe, wel­chen ich Ih­nen vor un­ge­fähr drei Wo­chen schrieb, schon an­ge­deu­tet habe, dass die­ses klei­ne Mäd­chen nicht ganz den Cha­rak­ter und die Ei­gen­schaf­ten hat, wel­che mir wün­schens­wert er­schei­nen. Wenn Sie sie in die Schu­le von Lo­wood auf­neh­men soll­ten, so wür­de ich Ih­nen dank­bar sein, wenn Sie die Vor­ste­he­rin und die Leh­rer er­su­chen woll­ten, ein schar­fes Auge auf sie zu ha­ben und vor al­len Din­gen, ih­rem schlimms­ten Feh­ler, einen Hang zur Lüge und Ver­stel­lung, ent­ge­gen zu ar­bei­ten. Ich er­wäh­ne die­ser Sa­che in dei­ner Ge­gen­wart, Jane, da­mit du nicht ver­suchst, auch Mr. Brock­le­hurst täu­schen zu wol­len.«

      Wohl war ich be­rech­tigt, Mrs. Reed zu fürch­ten, eine tie­fe Ab­nei­gung ge­gen sie zu he­gen, denn es lag in ih­rer Na­tur, mich stets aufs grau­sams­te zu ver­let­zen. Nie­mals fühl­te ich mich glück­lich in ih­rer Ge­gen­wart; wie sorg­sam ich mich auch be­müh­te, ihr zu ge­fal­len, ihr aufs Wort zu ge­hor­chen – mei­ne An­stren­gun­gen wur­den stets nur durch sol­che Re­dens­ar­ten wie die obi­gen be­lohnt. Und jetzt schnitt die­se Be­schul­di­gung, vor ei­nem Frem­den aus­ge­spro­chen, mir tief ins Herz. Ich sah ge­nau, wie sie schon wie­der jeg­li­che Hoff­nung aus der neu­en Le­ben­s­pha­se, in wel­che ich ein­zu­tre­ten im Be­griff war, ver­bann­te; ich fühl­te, ob­gleich ich für die­se Emp­fin­dung kei­ne Aus­drucks­wei­se ge­fun­den hät­te, dass sie be­müht war, Ab­nei­gung und Un­freund­lich­keit auf mei­nen künf­ti­gen Le­bens­pfad zu säen; ich sah, wie ich mich in Mr. Brock­le­hur­st’s Au­gen in ein ver­schla­ge­nes, ei­gen­sin­ni­ges Kind ver­wan­del­te; – und was konn­te ich tun, um die­sem ge­gen mich be­gan­ge­nen Un­recht ab­zu­hel­fen?

      »Nichts, in der Tat!« dach­te ich, als ich kämpf­te, um ein Schluch­zen zu un­ter­drücken und has­tig ei­ni­ge Trä­nen, die ohn­mäch­ti­gen Be­wei­se mei­ner Her­zens­angst, ab­trock­ne­te.

      »Ver­stel­lung ist in der Tat ein trau­ri­ger Cha­rak­ter­feh­ler bei ei­nem Kin­de«, sag­te Mr. Brock­le­hurst, »ein Feh­ler, wel­cher mit der Falsch­heit und Lü­gen­haf­tig­keit nahe ver­wandt ist und alle Lüg­ner wer­den ih­ren An­teil ha­ben an dem See, in wel­chem Pech und Schwe­fel bren­nen; sie soll in­des­sen sorg­sam be­wacht wer­den, Mrs. Reed; ich wer­de mit Miss Tem­ple und den Leh­rern und Leh­re­rin­nen spre­chen.«

      »Ich


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