Jane Eyre. Шарлотта Бронте

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Jane Eyre - Шарлотта Бронте


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Zim­mer al­lein, an des­sen bei­den En­den sich je ein Ka­min be­fand; ein Kron­leuch­ter hing von der De­cke her­ab, und oben an der Wand war eine klei­ne, rote Ga­le­rie an­ge­bracht, auf der ver­schie­de­ne mu­si­ka­li­sche In­stru­men­te la­gen. In die­sem Ge­mach ging ich lan­ge auf und ab; mir war gar selt­sam zu Mute und ich hat­te eine To­des­angst, dass je­mand her­ein­kom­men kön­ne, um mich zu rau­ben und fort­zu­füh­ren, denn ich glaub­te an Kin­der­die­be; ihre Ta­ten hat­ten in Bes­sies Ka­min­feu­er­er­zäh­lun­gen stets eine her­vor­ra­gen­de Rol­le ge­spielt. End­lich kam der Kon­duk­teur zu­rück, noch ein­mal wur­de ich in die Kut­sche ge­packt; mein Be­schüt­zer stieg auf sei­nen ei­ge­nen Sitz, ließ sein Horn er­klin­gen, und fort ras­sel­ten wir über die stei­ni­gen Stra­ßen von L.

      Nass und ne­be­lig kam der Nach­mit­tag her­an; als die Däm­me­rung her­ein­brach, be­gann ich zu füh­len, dass wir in der Tat schon weit von Ga­tes­head ent­fernt sein muss­ten; wir hör­ten auf, Städ­te zu pas­sie­ren; die Land­schaft ver­än­der­te sich; große, graue Hü­gel be­gan­nen den Ho­ri­zont ein­zu­schlie­ßen. Als es dunk­ler und dunk­ler wur­de, fuh­ren wir in ein düs­te­res, dicht be­wal­de­tes Tal hin­ab, und lan­ge nach­dem die Nacht sich her­ab­ge­senkt hat­te und jede Aus­sicht un­mög­lich mach­te, hör­te ich den wil­den Sturm durch die Bäu­me rau­schen.

      Die­ses Rau­schen lull­te mich ein, end­lich schlief ich fest. Doch hat­te ich noch nicht lan­ge ge­schlum­mert, als das plötz­li­che Auf­hö­ren der Be­we­gung mich weck­te. Der Schlag der Post­kut­sche war ge­öff­net und eine Per­son, die wie eine Die­ne­rin ge­klei­det war, stand da­ne­ben. Beim Schein der La­ter­ne sah ich ihr Ge­sicht und ihre Klei­dung.

      »Ist ein klei­nes Mäd­chen hier, wel­ches Jane Eyre heißt?« frag­te sie. Ich ant­wor­te­te »ja«, und wur­de dann her­aus­ge­ho­ben; man setz­te mei­nen Kof­fer ab, und au­gen­blick­lich fuhr der Post­wa­gen wei­ter.

      Ich war steif vom lan­gen Sit­zen und ganz be­täubt vom Lärm und von der Be­we­gung der Kut­sche; nach­dem ich mich ei­ni­ger­ma­ßen er­holt hat­te, blick­te ich um­her. Re­gen, Wind und Dun­kel­heit füll­ten die Luft; trotz­dem un­ter­schied ich eine Mau­er vor mir und eine ge­öff­ne­te Tür in der­sel­ben. Durch die­se Tür schritt ich mit mei­ner neu­en Füh­re­rin; sie ver­schloss die­sel­be sorg­sam hin­ter uns. Jetzt wur­de ein Haus oder ein Kom­plex von Häu­sern sicht­bar – denn es war ein Ge­bäu­de von großer Aus­deh­nung – mit vie­len, vie­len Fens­tern. Durch ei­ni­ge der­sel­ben fiel Licht­er­schein. Wir gin­gen einen brei­ten, mit Kies be­streu­ten Weg hin­auf und wur­den durch eine Tür in das Haus ein­ge­las­sen, dann führ­te die Die­ne­rin mich durch einen Kor­ri­dor in ein Zim­mer, wo ein hel­les Ka­min­feu­er brann­te. Und nun blieb ich al­lein.

      Ich stand und wärm­te mei­ne er­starr­ten Fin­ger an der Glut, dann blick­te ich um­her. Es brann­te kein Licht, aber bei dem un­si­che­ren Schein des Ka­min­feu­ers konn­te ich ta­pe­zier­te Wän­de, einen Tep­pich, Vor­hän­ge und glän­zen­de Ma­ha­go­ni-Mö­beln un­ter­schei­den. Es war ein Wohn­zim­mer, zwar nicht so ge­räu­mig und präch­tig wie der Sa­lon in Ga­tes­head-Hall, aber den­noch hübsch und ge­müt­lich. Ich war gra­de da­mit be­schäf­tigt, einen Kup­fer­stich, wel­cher an der Wand hing, ge­nau zu be­sich­ti­gen, als die Tür ge­öff­net wur­de und eine Ge­stalt ein­trat, wel­che ein Licht in der Hand trug; eine zwei­te folg­te ihr auf dem Fuße.

      Die ers­te war eine schlan­ke Dame mit dunklem Haar, dunklen Au­gen und ei­ner wei­ßen, ho­hen Stirn; ihre Ge­stalt wur­de zum Teil durch einen Shawl ver­hüllt; ihr Ge­sicht war ernst, ihre Hal­tung ge­ra­de.

      »Das Kind scheint doch zu jung, um die­se Rei­se al­lein zu ma­chen«, sag­te sie, in­dem sie das Licht auf den Tisch stell­te. Meh­re­re Mi­nu­ten be­trach­te­te sie mich auf­merk­sam, dann füg­te sie hin­zu:

      »Es wird gut sein, wenn sie bald zu Bet­te geht, sie sieht so müde aus. Bist du müde?« frag­te sie und leg­te ihre Hand auf mei­ne Schul­ter.

      »Ein we­nig, Ma­da­me.«

      »Und auch hung­rig, ohne Zwei­fel. Sor­gen Sie da­für, Miss Mil­ler, dass sie et­was zu es­sen be­kommt, be­vor sie sich schla­fen legt. Ist es das ers­te Mal, dass du dei­ne El­tern ver­las­sen hast, mein klei­nes Mäd­chen, um hier in die An­stalt zu kom­men?«

      Ich er­klär­te ihr, dass ich kei­ne El­tern habe. Sie frag­te mich, wie lan­ge sie schon tot sei­en; dann wie alt ich sei, wie ich hei­ße, ob ich le­sen kön­ne und auch schrei­ben und ein we­nig nä­hen. End­lich be­rühr­te sie mei­ne Wan­ge sanft mit ih­rem Zei­ge­fin­ger und sag­te, »sie hof­fe, dass ich ein gu­tes Kind sein wür­de«, und dann schick­te sie mich mit Miss Mil­ler fort.

      Die Dame, die ich so­eben ver­las­sen, moch­te un­ge­fähr neun­und­zwan­zig Jah­re alt sein. Die, wel­che mit mir ging, konn­te um ei­ni­ge Jah­re we­ni­ger zäh­len; die erst­ge­nann­te mach­te durch ihre Mie­nen, ih­ren Blick und ihre Stim­me einen großen Ein­druck auf mich. Miss Mil­ler war von ge­wöhn­li­che­rem Schla­ge, ihr Teint war ge­sund, ob­gleich ihre Züge die Spu­ren von Kum­mer und Sor­gen tru­gen; sie war has­tig in Gang und Be­we­gun­gen wie je­mand, der fort­wäh­rend eine Men­ge der ver­schie­dens­ten Din­ge zu be­sor­gen hat; in der Tat, man sah auf den ers­ten Blick, dass sie war, was ich spä­ter­hin er­fuhr – eine Un­ter­leh­re­rin. Von ihr ge­führt, ging ich von Zim­mer zu Zim­mer, von Kor­ri­dor zu Kor­ri­dor durch ein großes, un­re­gel­mä­ßi­ges Ge­bäu­de. End­lich hör­te die voll­stän­di­ge und trüb­se­li­ge Stil­le des von uns durch­schrit­te­nen Tei­les des Hau­ses auf, und bald schlug ein Ge­wirr von Stim­men an un­ser Ohr. Wir tra­ten in ein großes, lan­ges Zim­mer, in wel­chem an je­dem Ende zwei große, höl­zer­ne Ti­sche stan­den; auf die­sen brann­ten zwei Ker­zen und rund um die­sel­ben sa­ßen auf Bän­ken eine Men­ge von Mäd­chen je­den Al­ters, von neun, zehn bis zu zwan­zig Jah­ren. In dem trü­ben Schein der Talg­ker­zen schi­en ihre An­zahl mir Le­gi­on, ob­gleich ih­rer in Wirk­lich­keit nicht mehr als acht­zig wa­ren. Sie tru­gen sämt­lich eine Uni­form von brau­nen wol­le­nen Klei­dern nach ganz alt­mo­di­schem Schnitt und lan­ge, baum­wol­le­ne Schür­zen. Es war die Stun­de, in wel­cher sie ihre Auf­ga­ben für den mor­gen­den Tag lern­ten und das Ge­sum­me von Stim­men, wel­ches ich zu­erst ver­nom­men, war das ver­ei­nig­te Re­sul­tat ih­rer ge­flüs­ter­ten Re­pe­ti­tio­nen.

      Miss Mil­ler mach­te mir ein Zei­chen, mich auf eine Bank nahe der Tür zu set­zen; dann ging sie an das obe­re Ende des großen Zim­mers und rief mit sehr lau­ter Stim­me:

      »Auf­se­he­rin­nen, sam­melt die Schul­bü­cher zu­sam­men und legt sie an ih­ren Platz!«

      Au­gen­blick­lich er­ho­ben sich vier große Mäd­chen von ver­schie­de­nen Ti­schen, nah­men die Bü­cher zu­sam­men und leg­ten sie fort. Von neu­em er­tön­te Miss Mil­lers tö­nen­des Kom­man­do­wort:

      »Auf­se­he­rin­nen, holt die Bret­ter mit dem Abendes­sen!«

      Die großen Mäd­chen gin­gen hin­aus und kehr­ten au­gen­blick­lich zu­rück. Jede trug ein großes Prä­sen­tier­brett mit Por­tio­nen von ir­gend­wel­chem Es­sen – ich konn­te nicht un­ter­schei­den, was es war – und in der Mit­te ei­nes je­den sol­chen Bret­tes stand ein Krug mit Was­ser und ein Be­cher. Die Por­tio­nen wur­den um­her ge­reicht, wer woll­te, konn­te auch einen Schluck Was­ser trin­ken, der Be­cher war für alle ge­mein­sam be­stimmt. Als die Rei­he an mich kam, trank ich, denn ich war durs­tig;


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