Jane Eyre. Шарлотта Бронте

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Jane Eyre - Шарлотта Бронте


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viel mit ihm zu un­ter­hal­ten.«

      »In wel­cher Wei­se ist er denn selt­sam?«

      »Ich weiß es nicht. Das ist nicht so leicht zu be­schrei­ben – nichts be­son­ders auf­fal­len­des, aber man fühlt es, wenn man mit ihm spricht. Man weiß nie­mals, ob er im Scherz oder im Ernst re­det, ob er sich freut oder ob er sich är­gert. Kurzum, man ver­steht ihn nicht recht – we­nigs­tens ich ver­ste­he ihn nicht. Aber das scha­det ja nicht; er ist ein sehr gu­ter Herr und Ge­bie­ter.«

      Dies war al­les, was ich von Mrs. Fair­fax über ih­ren Bro­therrn und den mei­nen er­fah­ren konn­te. Es gibt Leu­te, wel­che meist nicht im­stan­de zu sein schei­nen, einen Cha­rak­ter be­schrei­ben zu kön­nen und die we­der bei Men­schen noch bei Din­gen her­vor­ra­gen­de Ei­gen­schaf­ten und Ei­gen­tüm­lich­kei­ten be­mer­ken, – und au­gen­schein­lich ge­hör­te die gute Dame zu die­sen; mei­ne Fra­gen ver­blüff­ten sie, brach­ten sie aber nicht zum Spre­chen. Mr. Ro­che­s­ter war in ih­ren Au­gen Mr. Ro­che­s­ter, ein Gent­le­man, ein Guts­be­sit­zer – nichts an­de­res; sie frag­te und such­te nicht wei­ter und wun­der­te sich au­gen­schein­lich über mei­nen Wunsch, einen be­stimm­te­ren Be­griff sei­ner Per­sön­lich­keit zu be­kom­men.

      Als wir das Spei­se­zim­mer ver­lie­ßen, schlug sie mir vor, mir den üb­ri­gen Teil des Hau­ses zu zei­gen; und ich folg­te ihr trepp­auf, trepp­ab und be­wun­der­te al­les im Ge­hen, denn al­les war schön und ge­schmack­voll ar­ran­giert. Be­son­ders die großen Zim­mer an der Vor­der­sei­te des Hau­ses er­schie­nen mir präch­tig und im­po­sant, und ei­ni­ge der Zim­mer des drit­ten Stocks, ob­gleich düs­ter und nied­rig, wa­ren in­ter­essant durch ihr al­ter­tüm­li­ches Aus­se­hen. Die Mö­bel, wel­che einst für die un­te­ren Ge­mä­cher an­ge­schafft wor­den, wa­ren je nach den An­for­de­run­gen der Mode von Zeit zu Zeit hier her­auf ge­schafft, und das un­si­che­re Licht, wel­ches durch die nie­de­ren Fens­ter ein­drang, fiel auf Bett­stel­len, wel­che mehr als ein Jahr­hun­dert zähl­ten; Tru­hen aus Nuss- und Ei­chen­holz sa­hen mit ih­ren selt­sa­men Schnit­ze­rei­en von Pal­men­zwei­gen und En­gels­köp­fen aus wie die Ty­pen der Ar­che Noah; Rei­hen von ehr­wür­di­gen Stüh­len mit schma­len und ho­hen Leh­nen; noch äl­te­re Lehn­stüh­le, auf de­ren ge­pols­ter­ten Leh­nen noch Spu­ren halb­ver­wit­ter­ter Sti­cke­rei­en, wel­che vor zwei Ge­ne­ra­tio­nen von Fin­gern ge­ar­bei­tet wa­ren, die längst im Gra­be mo­der­ten. All die­se Re­li­qui­en ver­lie­hen dem drit­ten Stock­werk von Thorn­field-Hall das Aus­se­hen ei­nes Heims der Ver­gan­gen­heit, ei­nes Schr­eins der Erin­ne­run­gen. Ich lieb­te die Ruhe, das Däm­mer­licht, die Ei­gen­tüm­lich­keit die­ser Räu­me wäh­rend der Ta­ges­zeit; aber ich wünsch­te mir durch­aus nicht das Ver­gnü­gen ei­ner Nachtru­he auf die­sen großen und schwe­ren Bet­ten, de­ren ei­ni­ge durch Tü­ren von Ei­chen­holz ab­ge­schlos­sen, an­de­re mit schwe­ren al­ten Vor­hän­gen von eng­li­scher Ar­beit ver­deckt wa­ren, de­ren Mus­ter selt­sa­me Blu­men und noch selt­sa­me­re Vö­gel und die al­ler­selt­sams­ten mensch­li­chen Ge­stal­ten dar­stell­ten – wie selt­sam wür­den erst all die­se Din­ge im blei­chen Mond­licht aus­ge­se­hen ha­ben!

      »Schla­fen die Die­ner in die­sen Zim­mern?« frag­te ich.

      »Nein, sie be­woh­nen eine Rei­he klei­ne­rer Ge­mä­cher an der Hin­ter­sei­te des Hau­ses; hier schläft nie­mand; man möch­te bei­na­he glau­ben, dass wenn wir in Thorn­field-Hall einen Geist hät­ten, dies sein Schlupf­win­kel wäre.«

      »Das glau­be ich auch. Sie ha­ben also kei­nen Geist hier?«

      »Ich habe we­nigs­tens nie­mals da­von ge­hört«, ent­geg­ne­te Mrs. Fair­fax lä­chelnd.

      »Auch kei­ne dar­auf be­züg­li­che Tra­di­ti­on? Kei­ne Le­gen­den, kei­ne Geis­ter­ge­schich­ten?«

      »Ich glau­be nicht. Und doch sagt man, dass die Ro­che­s­ters ih­rer Zeit ein mehr streit­süch­ti­ges als fried­lie­ben­des Ge­schlecht ge­we­sen. Aber viel­leicht ist ge­ra­de das der Grund, wes­halb sie jetzt ru­hig in ih­ren Grä­bern lie­gen.«

      »Ja, ja – sie ru­hen aus nach dem ver­zeh­ren­den Fie­ber des Le­bens«, mur­mel­te ich. – »Wo­hin ge­hen Sie denn jetzt, Mrs. Fair­fax?« denn sie ging wei­ter.

      »Hin­auf auf das Dach; wol­len Sie mit mir ge­hen, um die Aus­sicht von dort zu ge­nie­ßen?« Ich folg­te ihr über eine sehr enge Trep­pe zu den Bo­den­kam­mern hin­auf, und von dort über eine Lei­ter und durch eine Fall­tür auf das Dach des Her­ren­hau­ses. Ich be­fand mich jetzt auf glei­cher Höhe mit der Krä­hen­ko­lo­nie und konn­te einen Blick in ihre Nes­ter wer­fen. Als ich mich über die Zin­nen lehn­te und weit hin­un­ter blick­te, sah ich den Park und die Gär­ten wie eine Land­kar­te vor mir lie­gen; der hel­le, wie Samt ge­schor­ne Ra­sen, der sich dicht um das graue Fun­da­ment des Hau­ses zog; die Fel­der und Wie­sen, auf de­nen hier und da große Hau­fen von star­kem Bau­holz la­gen; der erns­te, düs­te­re Wald, durch wel­chen sich ein Fuß­steig zog, des­sen Moos grü­ner war als das Laub der Bäu­me; die Kir­che an der Park­pfor­te; die Land­stra­ße; die Hü­gel, wel­che ma­je­stä­tisch und ru­hig in das kla­re Son­nen­licht des Herbst­ta­ges hin­ein­rag­ten; der wei­te, tief­blaue, mit leich­ten Fe­der­wölk­chen be­sä­e­te Him­mels­bo­gen, das gan­ze vor mir lie­gen­de Bild hat­te kei­nen be­son­ders her­vor­ra­gen­den Zug, aber es war lieb­lich und wohl­ge­fäl­lig. Als ich mein Auge von dem­sel­ben ab­wand­te und wie­der durch die Fall­tür hin­ab­stieg, konn­te ich kaum mei­nen Weg über die Lei­ter hin­un­ter fin­den; im Ver­gleich mit dem blau­en Him­mels­bo­gen, zu dem ich em­por ge­blickt hat­te, er­schi­en die Bo­den­kam­mer fins­ter wie ein Ge­wöl­be; düs­ter wie ein Grab nach je­nem son­ni­gen Bil­de des Par­kes, der Wei­den und grü­nen Hü­gel, des­sen Mit­tel­punkt das Her­ren­haus war, und das ich so­eben noch mit Won­ne be­trach­tet hat­te.

      Mrs. Fair­fax blieb einen Au­gen­blick zu­rück, um die Fall­tür zu schlie­ßen; ich tas­te­te mich an den Aus­gang der Bo­den­tür und be­gann dann die enge Bo­den­trep­pe hin­un­ter zu stei­gen. In dem lan­gen Kor­ri­dor, wel­cher zu die­ser führ­te, und die Vor­der­zim­mer und Hin­ter­zim­mer der drit­ten Eta­ge trenn­te, hielt ich inne; schmal, lang und dun­kel, mit ei­nem ein­zi­gen klei­nen Fens­ter am äu­ßers­ten Ende, sah er mit sei­nen bei­den Rei­hen klei­ner, nied­ri­ger, schwar­zer Tü­ren aus wie ein Kor­ri­dor in Rit­ter Blau­barts Schloss.

      Als ich dann lei­se vor­wärts schritt, schlug das letz­te Geräusch, wel­ches ich in die­sen Re­gio­nen er­war­tet ha­ben wür­de – ein lau­tes La­chen – an mein Ohr. Es war ein selt­sa­mes La­chen, deut­lich, förm­lich, freud­los. Ich stand still. Der Ton ver­hall­te; doch nur für einen Au­gen­blick; dann be­gann das La­chen von neu­em, lau­ter, denn an­fangs war es, wenn auch deut­lich, doch nur lei­se ge­we­sen. Es en­dig­te mit lau­tem Schall, wel­cher in je­dem ein­sa­men Zim­mer ein Echo zu we­cken schi­en; es drang aber nur aus ei­nem ein­zi­gen, und ich hät­te die Tür be­zeich­nen kön­nen, aus wel­cher die Töne ka­men.

      »Mrs. Fair­fax!« schrie ich auf, denn jetzt hör­te ich sie die große Trep­pe her­ab­kom­men. »Ha­ben Sie das lau­te La­chen ge­hört? Wo­her kommt es? Wer war es?«

      »Wahr­schein­lich ei­ni­ge der Dienst­mäd­chen«, ent­geg­ne­te sie, »viel­leicht Grace Poo­le.«

      »Ha­ben Sie es auch ge­hört?« frag­te ich wie­der.

      »Ja,


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