Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
Читать онлайн книгу.wahr? Sie können mich nicht leimen, Rander. Ich habe das Gefühl, daß Sie gegen mich arbeiten wollen.«
»Unsinn, Current, und das wissen Sie auch …!«
»Ich möchte Parker sprechen.« Leutnant Current wandte sich um, glaubte, daß Parker hinter ihm stand. Doch er sah sich getäuscht. Butler Parker hatte es vorgezogen, auf leisen Sohlen zu verschwinden.
»Wo steckt Ihr Butler, Rander?« brauste Current auf.
»Ich werde sofort nach ihm läuten.«
Current und Rander warteten auf Josuah Parker. Doch er war und blieb verschwunden.
Current sah verkniffen aus. Sein Verdacht gegen Mike Rander und Butler Parker verstärkte sich.
»Also gut, Current, ich werde Ihnen meine Karten auf den Tisch legen«, beruhigte Mike Runder endlich den Polizeioffizier, den er sehr schätzte. »Was ich Ihnen sage, muß vorerst unter uns bleiben. Nein, keine Sorge, Sie können das verantworten.«
»Rander, versuchen Sie mich nicht reinzulegen«, bat Current. Seine Stimme klang leise, »verdammt, ich habe keine Lust, gegen Sie und Parker dienstlich vorzugehen. Dazu kennen wir uns zu gut.«
»Sie werden mit Ihrem Diensteid nicht in Konflikt kommen, Current. Hören Sie zu:
Parker und ich suchen nach einem gewissen Joel Harrison. Es handelt sich um eine private Ermittlung. Einer meiner Klienten bat mich um diese Gefälligkeit. Joel Harrison, in zweiter Ehe verheiratet, kam im Alter von fast 50 Jahren auf die schiefe Bahn. Schon während seiner ersten Ehe trank er gern und viel. Nach der zweiten Eheschließung verschlimmerte sich das. Er soff, um es mal ganz brutal auszudrücken. Joel Harrison vernachlässigte seine Geschäfte, ließ die Zügel schleifen. Schön, wegen seines respektablen Vermögens konnte er sich das einige Zeit leisten. Ich möchte annehmen, daß Harrison zumindest eine Million schwer ist.
Als die Trinkerei unsinnige Formen annahm, ging er auf eigenen Wunsch in eine Entziehungsanstalt. Die Kur schien zu wirken, aber schon nach wenigen Wochen rutschte er wieder ab.
Er ließ sich tagelang nicht mehr zu Hause sehen, randalierte in seinem Haus und nahm undurchsichtige Geldübertragungen vor. Sein Chefbuchhalter kam dahinter. Innerhalb weniger Wochen hob er fast 180 000 Dollar ab und verweigerte jede Auskunft über den Zweck.
Es kam, wie’s kommen mußte.
Nicht nur seine zweite Frau, auch die beiden Kinder Randy und Maud erklärten sich mit der Entmündigung einverstanden. Doch Joel Harrison war gerissen. Bevor es zu einer Untersuchung über seinen Geisteszustand und zu einer Verhandlung kam, verschwand er von der Bildfläche.
Jetzt ist die Familie Harrison in begreiflicher Aufregung. Ohne Harrisons Anwesenheit kann die Entmündigung nicht durchgeführt werden. Ja, selbst die Sperrung der Konten stößt auf Schwierigkeiten. Der zuständige Richter will die einstweilige Anordnung nicht durchführen, zumal Joel Harrison von Zeit zu Zeit eine Karte oder einen Brief schreibt, sich also meldet und dabei recht vernünftig wirkt.
Die Konten schmelzen zusammen. Joel Harrison hebt lustig Geld ab. Immer ganz hübsche Beträge. Ganz zu schweigen von den 180 000 Dollar, die er abzweigte und wahrscheinlich auf ein Geheimkonto einzahlte.
Parker und ich sind nun hinter Joel Harrison her. Das ist unsere Geschichte. Es versteht sich am Rande, daß die Familie Harrison darauf bestand, die Polizei aus dem Spiel zu halten. Schon wegen der Firma. Spricht es sich erst herum, daß Joel Harrison polizeilich gesucht wird, dann kann die Firma schließen. Dann ist sie nicht mehr geschäftstüchtig.«
»Eine tolle Geschichte«, sagte Leutnant Current. Er drückte die Zigarette im Aschenteller aus, »ich nehme sie Ihnen aber ab, Rander. Ich werde Ihnen sogar diskret helfen. Vorher muß ich aber wissen, was im Keller passierte.«
»Parker war natürlich in diesem bewußten Keller. Doch er schoß nicht, Current. Durch einen diskreten Hinweis erfuhr er, wo Joel Harrison sich aufhalten sollte. Er ging der Sache nach, fand noch warme Spuren und einen Hinweis auf diesen Hostans. Um es präzise auszudrücken, Current, Hostans wurde nicht direkt belastet. Nur seine Telefonnummer wurde gewählt.«
»Ich brauche Einzelheiten. Und Parker …!«
»Parker …?« fragte Anwalt Rander und lächelte. »Der befindet sich schon wieder auf dem Kriegspfad, Current. Sie kennen ihn doch. Er ist nicht zu halten, wenn er erst einmal Blut geleckt hat …!«
*
Ein seltsam aussehendes Monstrum auf Rädern bewegte sich durch die Straßen von Chikago.
Dieser eigenartig aussehende Wagen war eine gelungene Kreuzung aus einem Londoner Taxi aus der Zeit um die Jahrhundertwende und der bereits sagenhaften Blechlizzy, die Ford auf dem ersten Fließband der Welt baute.
Alles an diesem Auto war eckig, mit Ausnahme der Räder. Hochbeinig rollte dieser fahrbare Untersatz in Richtung der Union Stock Yards, der riesigen Schlachthäuser der Stadt.
Josuah Parker, untadelig gekleidet, saß am Steuer seines Privatwagens. Er übersah die amüsierten Blicke und das Grinsen der übrigen Verkehrsteilnehmer. Schließlich wußte er nur allein, welche inneren Qualitäten sein Wagen besaß. Der Umbau und das Hochfrisieren der technischen Anlagen hatte ihn sehr viel Geld gekostet. Eigenwillig wie er nun mal war, hatte er seinerzeit Ingenieure und Techniker fast bis zur Verzweiflung gebracht und immer neue Zusatzwünsche geäußert.
Am Davis Square hielt er den Wagen an, stieg aus und schritt gemessen in eine lärmende, übelriechende Seitenstraße. Sein Ziel war eine Kellerkneipe, wo er seinen Nachrichtenlieferanten anzutreffen hoffte.
Obwohl es noch recht früh am Morgen war, herrschte bereits ein toller Betrieb in der Kneipe. Angetrunkene Männer standen vor der langen, leicht geschwungenen Bartheke. Der Steinboden war mit Zigarettenstummeln und Asche bedeckt. Drei Barkeeper hatten alle Hände voll zu tun, die Wünsche der Gäste zu erfüllen.
Als Parker die Kneipe betrat, lärmte gerade eine Musik-Box los. Sie schaffte es nur mit Mühe und Not, den allgemeinen Krach zu übertönen.
Und wurde dann erschreckend laut, denn die Besucher der Kneipe wandten sich wie auf ein geheimes Kommando hin zur Tür und musterten den Butler. Bis auf die Musik-Box erstarb jedes Geräusch. Parker lüftete höflich seine schwarze Melone, schritt über die restlichen Stufen und begab sich zur Theke.
Selbst die Musik-Box wurde jetzt leiser, als habe auch sie den Butler endlich gesehen und zur Kenntnis genommen.
Das allgemeine Schweigen ging ohne Übergang in ein prustendes Gelächter über.
Josuah Parker wirkte in dieser Umgebung auch wirklich zu komisch. Er forderte die lärmenden und angetrunkenen Gäste geradezu heraus, sich mit ihm zu befassen. Einige besonders clevere Männer tuschelten bereits miteinander und heckten Streiche gegen den Butler aus.
Für Parker sah es nicht besonders gut aus. Merkte er denn nicht, daß er sich als Zielscheibe förmlich anbot?
»Was soll’s denn sein?« fragte ihn einer der Barkeeper grinsend.
»Was können Sie mir empfehlen?« gab Parker höflich zurück, »ich lasse mich stets gern beraten.«
»Momentchen, ich schlage vor, Sie nehmen Spezialcocktail.«
»Ausgezeichnet«, erwiderte Parker. Er hing seinen altväterlich gebundenen Regenschirm über die Haltestange der Theke und erstieg einen freien Hocker.
Parker griff in seine innere Manteltasche und förderte ein altertümliches Zigarrenetui an den Tag. Als er es aufklappte, wurden pechschwarze Zigarren sichtbar. Eine davon nahm Parker heraus und präparierte sie umständlich.
Noch klangen die Stimmen gedämpft.
Alles wartete auf den Cocktail des Hauses. Jeder, außer Parker, wußte genau, was diesem komischen Vogel, wie Parker bereits leise genannt wurde, vorgesetzt werden sollte.
Der Barkeeper schwänzelte heran.
»Es wird Ihnen schmecken«, sagte er und versuchte, ein relativ harmloses