Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше

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Gesammelte Werke - Фридрих Вильгельм Ницше


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wenn die Wahr­heit schmut­zig ist, son­dern wenn sie seicht ist, steigt der Er­ken­nen­de un­gern in ihr Was­ser.

      Wahr­lich, es giebt Keu­sche von Grund aus: sie sind mil­der von Her­zen, sie la­chen lie­ber und reich­li­cher als ihr.

      Sie la­chen auch über die Keusch­heit und fra­gen: »was ist Keusch­heit!

      »Ist Keusch­heit nicht Thor­heit? Aber die­se Thor­heit kam zu uns und nicht wir zur ihr.

      »Wir bo­ten die­sem Gas­te Her­ber­ge und Herz: nun wohnt er bei uns, – mag er blei­ben, wie lan­ge er will!«

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Vom Freunde

      »Ei­ner ist im­mer zu viel um mich« – also denkt der Ein­sied­ler. »Im­mer Ein­mal Eins – das giebt auf die Dau­er Zwei!«

      Ich und Mich sind im­mer zu eif­rig im Ge­sprä­che: wie wäre es aus­zu­hal­ten, wenn es nicht einen Freund gäbe?

      Im­mer ist für den Ein­sied­ler der Freund der Drit­te: der Drit­te ist der Kork, der ver­hin­dert, dass das Ge­spräch der Zweie in die Tie­fe sinkt.

      Ach, es giebt zu vie­le Tie­fen für alle Ein­sied­ler. Da­rum seh­nen sie sich so nach ei­nem Freun­de und nach sei­ner Höhe.

      Un­ser Glau­be an And­re ver­räth, worin wir ger­ne an uns sel­ber glau­ben möch­ten. Uns­re Sehn­sucht nach ei­nem Freun­de ist un­ser Ver­räther.

      Und oft will man mit der Lie­be nur den Neid über­sprin­gen. Und oft greift man an und macht sich einen Feind, um zu ver­ber­gen, dass man an­greif­bar ist.

      »Sei we­nigs­tens mein Feind!« – so spricht die wah­re Ehr­furcht, die nicht um Freund­schaft zu bit­ten wagt.

      Will man einen Freund ha­ben, so muss man auch für ihn Krieg füh­ren wol­len: und um Krieg zu füh­ren, muss man Feind sein kön­nen.

      Man soll in sei­nem Freun­de noch den Feind eh­ren. Kannst du an dei­nen Freund dicht her­an­tre­ten, ohne zu ihm über­zu­tre­ten?

      In sei­nem Freun­de soll man sei­nen bes­ten Feind ha­ben. Du sollst ihm am nächs­ten mit dem Her­zen sein, wenn du ihm wi­der­strebst.

      Du willst vor dei­nem Freun­de kein Kleid tra­gen? Es soll dei­nes Freun­des Ehre sein, dass du dich ihm giebst, wie du bist? Aber wünscht dich dar­um zum Teu­fel!

      Wer aus sich kein Hehl macht, em­pört: so sehr habt ihr Grund, die Nackt­heit zu fürch­ten! Ja, wenn ihr Göt­ter wä­ret, da dürf­tet ihr euch eu­rer Klei­der schä­men!

      Du kannst dich für dei­nen Freund nicht schön ge­nug put­zen: denn du sollst ihm ein Pfeil und eine Sehn­sucht nach dem Über­menschen sein.

      Sahst du dei­nen Freund schon schla­fen, – da­mit du er­fah­rest, wie er aus­sieht? Was ist doch sonst das Ge­sicht dei­nes Freun­des? Es ist dein eig­nes Ge­sicht, auf ei­nem rau­hen und un­voll­komm­nen Spie­gel.

      Sahst du dei­nen Freund schon schla­fen? Er­schrakst du nicht, dass dein Freund so aus­sieht? Oh, mein Freund, der Mensch ist Et­was, das über­wun­den wer­den muss.

      Im Er­rat­hen und Still­schwei­gen soll der Freund Meis­ter sein: nicht Al­les musst du sehn wol­len. Dein Traum soll dir ver­rat­hen, was dein Freund im Wa­chen thut.

      Ein Er­rat­hen sei dein Mit­lei­den: dass du erst wis­sest, ob dein Freund Mit­lei­den wol­le. Vi­el­leicht liebt er an dir das un­ge­broch­ne Auge und den Blick der Ewig­keit.

      Das Mit­lei­den mit dem Freun­de ber­ge sich un­ter ei­ner har­ten Scha­le, an ihm sollst du dir einen Zahn aus­beis­sen. So wird es sei­ne Fein­heit und Süs­se ha­ben.

      Bist du rei­ne Luft und Ein­sam­keit und Brod und Arz­nei dei­nem Freun­de? Man­cher kann sei­ne eig­nen Ket­ten nicht lö­sen und doch ist er dem Freun­de ein Er­lö­ser.

      Bist du ein Scla­ve? So kannst du nicht Freund sein. Bist du ein Ty­rann? So kannst du nicht Freun­de ha­ben.

      All­zu­lan­ge war im Wei­be ein Scla­ve und ein Ty­rann ver­steckt. Dess­halb ist das Weib noch nicht der Freund­schaft fä­hig: es kennt nur die Lie­be.

      In der Lie­be des Wei­bes ist Un­ge­rech­tig­keit und Blind­heit ge­gen Al­les, was es nicht liebt. Und auch in der wis­sen­den Lie­be des Wei­bes ist im­mer noch Über­fall und Blitz und Nacht ne­ben dem Lich­te.

      Nodl ist das Weib nicht der Freund­schaft fä­hig: Kat­zen sind im­mer noch die Wei­ber, und Vö­gel. Oder, bes­ten Fal­les, Kühe.

      Noch ist das Weib nicht der Freund­schaft fä­hig. Aber sagt mir, ihr Män­ner, wer von euch ist denn fä­hig der Freund­schaft?

      Oh über eure Ar­muth, ihr Män­ner, und eu­ren Geiz der See­le! Wie viel ihr dem Freun­de gebt, das will ich noch mei­nem Fein­de ge­ben, und will auch nicht är­mer da­mit ge­wor­den sein.

      Es giebt Ka­me­rad­schaft: möge es Freund­schaft ge­ben!

      Also sprach Za­ra­thustra.

      Von tausend und Einem Ziele

      Vie­le Län­der sah Za­ra­thustra und vie­le Völ­ker: so ent­deck­te er vie­ler Völ­ker Gu­tes und Bö­ses. Kei­ne grös­se­re Macht fand Za­ra­thustra auf Er­den, als gut und böse.

      Le­ben könn­te kein Volk, das nicht erst schätz­te; will es sich aber er­hal­ten, so darf es nicht schät­zen, wie der Nach­bar schätzt.

      Vie­les, das die­sem Vol­ke gut hiess, hiess ei­nem an­dern Hohn und Schmach: also fand ich’s. Vie­les fand ich hier böse ge­nannt und dort mit pur­pur­nen Ehren ge­putzt.

      Nie ver­stand ein Nach­bar den an­dern: stets ver­wun­der­te sich sei­ne See­le ob des Nach­barn Wahn und Bos­heit.

      Eine Ta­fel der Gü­ter hängt über je­dem Vol­ke. Sie­he, es ist sei­ner Über­win­dun­gen Ta­fel; sie­he, es ist die Stim­me sei­nes Wil­lens zur Macht.

      Löb­lich ist, was ihm schwer gilt; was un­er­läss­lich und schwer, heisst gut, und was aus der höchs­ten Noth noch be­freit, das Sel­te­ne, Schwers­te, – das preist es hei­lig.

      Was da macht, dass es herrscht und siegt und glänzt, sei­nem Nach­barn zu Grau­en und Nei­de: das gilt ihm das Hohe, das Ers­te, das Mes­sen­de, der Sinn al­ler Din­ge.

      Wahr­lich, mein Bru­der, er­kann­test du erst ei­nes Vol­kes Noth und Land und Him­mel und Nach­bar: so er­räthst du wohl das Ge­setz sei­ner Über­win­dun­gen und warum es auf die­ser Lei­ter zu sei­ner Hoff­nung steigt.

      »Im­mer sollst du der Ers­te sein und den An­dern vor­ra­gen: Nie­man­den soll dei­ne ei­fer­süch­ti­ge See­le lie­ben, es sei denn den Freund« – diess mach­te ei­nem Grie­chen die See­le zit­tern: da­bei gieng er sei­nen Pfad der Grös­se.

      »Wahr­heit re­den und gut mit Bo­gen und Pfeil ver­keh­ren« – so dünk­te es je­nem Vol­ke zu­gleich lieb und schwer, aus dem mein Name kommt – der Name, wel­cher mir zu­gleich lieb und schwer ist.

      »Va­ter und Mut­ter eh­ren und bis in die Wur­zel der See­le hin­ein ih­nen zu Wil­len sein«: die­se Ta­fel der Über­win­dung häng­te ein andres Volk über sich auf und wur­de mäch­tig und ewig da­mit.

      »Treue üben und um der Treue Wil­len Ehre und Blut auch an böse und fähr­li­che Sa­chen set­zen«: also sich leh­rend be­zwang sich ein an­de­res Volk, und also sich be­zwin­gend wur­de es schwan­ger


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