Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant. Ги де Мопассан

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Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant - Ги де Мопассан


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O ja, sehr gut, das waren Freunde meines Vaters.

      – Bitte, wie heißen Sie?

      Ich nannte meinen Namen. Sie sah mich groß an, dann sagte sie mit jener dumpfen Stimme, wie wenn Erinnerungen in uns aufsteigen:

      – Ja, ja, ich weiß. Und - - und - - was ist denn aus den Briesemare geworden?

      – Die sind alle tot!

      – Ach! Und kannten Sie die Sirmont?

      – Gewiß, der letzte ist General!

      Da sagte sie zitternd vor Erregung in irgendeinem unbestimmten, mächtigen, heiligen Gefühl aus einem, ich weiß nicht welchem, Bedürfnis heraus, zu gestehen, alles zu sagen, von Dingen zu sprechen, die sie bisher im Innersten ihres Herzens bewahrt, und von jenen Leuten, deren Name in ihrer Seele nachzitterte:

      – Ja, Henri von Sirmont, ich weiß wohl, das ist mein Bruder.

      Und ich blickte sie ganz erstarrt vor Staunen an, aber plötzlich kam mir die Erinnerung.

      Es hatte einmal vor langen Jahren unter dem lothringischen Adel einen riesigen Skandal gegeben. Ein junges Mädchen, schön und reich, Susanne vom Sirmont, war von einem Unteroffizier des Husaren-Regiments, das ihr Vater befehligte, entführt worden.

      Er war ein schöner Kerl, ein Bauernsohn, dem die blaue Attila gut stand. Dieser Soldat hatte die Tochter des Obersten in Banden geschlagen. Sie hatte ihn gesehen, war auf ihn aufmerksam geworden und hatte sich in ihn verliebt, als sie ihm mit der Eskadron vorüberreiten sah.

      Aber wie mochte sie mit ihm gesprochen haben? Wie hatte sie sich mit ihm verständigen können? Wie hatte sie gewagt, ihm begreiflich zu machen, daß sie ihn lieb hatte? Das erfuhr man nie!

      Man hatte nichts geahnt, nichts erraten. Eines Abends, als der Soldat mit seiner Dienstzeit fertig war, war sie mit ihm verschwunden. Man suchte sie, man fand sie nicht. Nie wieder hörte man etwas von ihnen, und man meinte, sie müßten tot sein.

      Und in diesem entlegenen Thal fand ich sie wieder!

      Da sagte ich meinerseits:

      – Ja, ja, ich erinnere mich sehr wohl, Sie sind Fräulein Susanne!

      Sie nickte, Thränen entströmten ihren Augen, dann deutete sie auf den unbeweglich an der Schwelle seines Hauses sitzenden Greis und sagte:

      – Das ist er!

      Und ich begriff, daß sie ihn immer noch liebte und immer noch mit treuen Augen ansah.

      Ich fragte:

      – Sind Sie wenigstens glücklich gewesen?

      Sie antwortete mit einem Ton, der von Herzen kam:

      – O sehr glücklich, er hat mich zu glücklich gemacht, ich habe niemals Reue gefühlt!

      Ich betrachtete sie traurig, erstaunt, ergriffen von der Gewalt der Liebe. Dieses reiche Mädchen war mit diesem Mann, diesem Bauernjungen gegangen, sie war selbst eine Bäuerin geworden, sie hatte sich ihr Leben ohne Reiz, ohne Luxus, ohne irgend welche Feinheiten eingerichtet.

      Sie hatte die einfachsten Lebensgewohnheiten angenommen, und sie liebte ihn noch! Sie war eine Bauersfrau geworden in Mütze und Leinenrock, sie aß aus irdener Schüssel von einem Holztisch auf einem Strohstuhl sitzend, Kohlsuppe mit Kartoffeln und Speck, und auf einem Strohsack lag sie an seiner Seite.

      Sie hatte niemals an etwas anderes gedacht, als an ihn; sie hatte nicht Schmuck, Stoffe, Eleganz, weiche Stühle, mollige, parfümierte, stoffbespannte Zimmer, noch ein weiches Bett, ihren Körper zur Ruhe hinein zu legen.

      Sie hatte dem Leben Valet gesagt, ganz jung der Welt und denen, die sie auferzogen und geliebt hatten. Sie war ganz allein mit ihm in dieses wilde Thal gekommen, er war alles für sie gewesen, alles, was man ersehnt, was man träumt, was man unausgesetzt erwartet, alles, was man ewig hofft. Er hatte ihr Leben mit Glück erfüllt vom ersten Tage bis zum letzten. Glücklicher hätte sie nie sein können.

      Und die ganze Nacht hindurch, indem ich auf das rauhe Schnarchen des alten Soldaten hörte, der auf seinem Strohsack neben der ruhte, die ihm so weit hin gefolgt war, dachte ich an dieses seltsame und eigentümliche Erlebnis, an dieses große Glück eines so kleinen Daseins.

      Und als die Sonne aufging, ging ich davon, nachdem ich den beiden alten Ehegatten die Hand gedrückt.

      Der Erzähler schwieg. Eine Dame sagte:

      – Immerhin, ihr Inneres war zu klein, ihre Bedürfnisse zu primitiv, sie stellte zu geringe Anforderungen, sie muß etwas thöricht gewesen sein.

      Ein anderer meinte langsam:

      – Was thut das, sie war glücklich!

      Und dort in der Ferne am Horizont sank Corsica in die Nacht, tauchte langsam wieder in das Meer zurück, und sein gewaltiger Schatten löschte aus, der aufgetaucht war, als sollte er selbst die Geschichte dieser zwei demütig Liebenden erzählen, die Schutz gefunden, an seiner Küste.

      Der Alte

       Inhaltsverzeichnis

      Eine milde Herbstsonne schien in den Hof, über die großen Buchen an den Gräben. Unter dem von den Kühen abgefressenen Rasen war die Erde von kürzlich niedergegangenem Regen noch weich, sodaß man einsank und es dabei quatschte. Und die beladenen Apfelbäume ließen ihre mattgrünen Früchte in das dunkle Grün des Rasens fallen.

      Vier junge Färsen weideten angepflöckt und brüllten ab und zu das Haus an.

      Auf dem Mist vor dem Stall wimmelten buntfarbige Hühner, kratzten, scharrten, gackerten, während die beiden Hähne unausgesetzt krähten und Würmer für ihre Hühner suchten, die sie mit lebhaften Tönen anlockten.

      Die Pforte des Holzgitters öffnete sich, ein Mann trat ein, gegen vierzig Jahre alt, der aber aussah wie sechzig. Er ging mit langen Schritten hin, schwer tretend in den großen, mit Stroh vollgestopften Holzschuhen. Seine zu langen Arme hingen zu beiden Seiten des Leibes herab.

      Als er an den Hof kam, begann ein gelber Köter, der zu Füßen eines riesigen Birnbaumes neben einem Faß, das ihm als Hundehütte diente, lag, mit dem Schwanz zu wedeln und vor Freude zu kläffen.

      Der Mann schrie:

      – Ruhig Finot!

      Der Hund schwieg. Eine Bauersfrau trat aus dem Haus, ihr breiter, platter, knochiger Leib zeichnete sich unter dem Wollkleide ab, das eng um die Taille saß. Bis zur Hälfte der Beine fiel ein grauer zu kurzer Rock herab, sie trug blaue Strümpfe und auch schwere Schuhe voll Stroh.

      Eine weiße, gilblich gewordene Mütze verdeckte ihr weniges Haar, das an den Kopf geklebt war, und ihr starkes, häßliches, braunes Gesicht hatte jenen wilden gemeinen Ausdruck, wie oft bei Bauern.

      Der Mann fragte:

      – Wie geht’s ihm denne?

      Die Frau antwortete:

      – Der Herr Pfarrer meent, ‘s is Matthäi am letzten, die Nacht erlebt er nich!

      Sie traten beide ins Haus. Nachdem sie die Küche durchschritten, kamen sie in ein niedriges, schwarzes Zimmer, das durch ein kleines mit einem normannischen Stoffvorhang verhülltes Fenster kaum erhellt war.

      Die großen Balken an der Decke, die die Zeit gebogen, geschwärzt und verräuchert hatte, zogen sich hier und da durch den Raum und trugen die dünne Decke des Speichers, in dem Tag und Nacht ganze Herden von Ratten hin und her schossen.

      Der unebene Küchenboden erschien fettig, und in der Tiefe des Zimmers zeichnete sich das Bett als hellerer Fleck ab.

      Ein regelmäßiges, rauhes Geräusch, ein hartes, rasselndes, pfeifendes Atmen, wie das Gurgeln des Wassers aus einer zerbrochenen Pumpe kam aus der dunklen Lagerecke heraus, in der ein Greis im Sterben lag: Der


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