Das Narrenschiff. Sebastian Brant

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Das Narrenschiff - Sebastian Brant


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daß er’s wohl besiegeln möge,

      lugt er, wieviel er noch zulege,

      und will es nur beichtweise sagen,

      um nicht Verweis davonzutragen;

      ja, unter der Rose35 – beteuert er –

      es dir ans Herz geleget wär’,

      und meint, damit gefall’ er wohl.

      Die Welt ist solcher Zwietracht voll,

      daß man einen auf der Zunge tragen

      kann weiter als im Hängewagen36.

      Wie Korah tat und Absalon,

      sie wünschten Anhang sich und Kron’

      und holten sich nur Schimpf und Schande.

      Ein Alcimus in jedem Lande

      die Freund’ entzweit, mit Lüg’ umringt

      und die Finger zwischen die Angeln bringt;

      die werden oft geklemmt davon,

      wie dem, der wollt’ empfangen Lohn,

      dieweil er Saul erschlagen hätt’,

      und denen, so schlugen Isboseth.

      Wie zwischen zwei Mühlsteinen liegt,

      wer stets an Zwietracht sich vergnügt.

      Man sieht ihm an Gebärden an,

      welch Wort’ es sind und welch ein Mann:

      Man berg’ den Narren hinter der Tür,

      er steckt die Ohren doch herfür.

      Wer nicht kann sprechen ja und nein

      und pflegen Rat um groß und klein,

      der trag’ den Schaden ganz allein.

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      imageer ist ein Narr, der weis’ will sein

      und hält nicht Glimpf37 noch Maße ein,

      und wenn er Weisheit pflegen will,

      so ist ein Gauch sein Federspiel.

      Viel sind mit Worten weis’ und klug

      und ziehen doch den Narrenpflug.

      Das macht, weil sie zu jeder Zeit

      für klug sich halten und gescheit.

      Und achten nicht auf fremden Rat,

      bis ihnen sich das Unglück naht.

      Tobias stets den Sohn belehrt,

      daß er an weisen Rat sich kehrt;

      man riet der Hausfrau Lots wohl gut,

      doch voll Verachtung war ihr Mut,

      drum ward von Gott sie heimgesucht

      und ward zur Säule auf der Flucht.

      Rehabeam nicht folgen wollte

      den alten Weisen, wie er sollte;

      den Narren folgt’ er, da verlor

      er Stämme zehn und blieb ein Tor.

      Hätt’ Nebukadnezar auf Daniel gehört,

      er wäre nicht in ein Tier verkehrt;

      und Makkabäus, der stärkste Mann,

      der durch Taten Ruhm gewann,

      hätt’ Jorams Rat er zu Herzen genommen,

      er wäre nicht ums Leben gekommen.

      Wer allzeit folgt seinem eignen Haupt

      und gutem Rat nicht folgt und glaubt,

      der lässet Glück und Heil beiseit’

      und will verderben vor der Zeit!

      Freundes Rat drum niemals veracht’,

      wo Räte viel – dort Glück und Macht.

      Ahitophel sogar getötet sich hat,

      weil Saul nicht folgte seinem Rat.

      Wer schlecht an Sitte und Gebärde

      und schaut, wo er zum Narren werde,

      der schleift die Kappe an der Erde.

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      imageiel gehn in Schauben38 stolz daher

      und werfen den Kopf bald hin, bald her,

      dann hin zu Tal, dann auf zu Berg,

      drauf hinter sich und überzwerch39,

      bald gehn sie rasch, dann sehr gemach;

      das zeigt als Zeichen und Ursach’,

      daß leichtsinnig sie von Gemüte,

      wovor man sich gar billig hüte.

      Wer klug nach guter Sitte späht,

      dem auch sein Wesen wohl ansteht,

      und was er auch beginnt und tut,

      das dünket jeden Weisen gut.

      Die echte Weisheit zeigt erst Scham,

      ist züchtig, still und friedesam,

      es ist ihr in dem Guten wohl,

      drum füllt sie Gott der Gnaden voll.

      Viel besser hat man gute Gebärde

      denn allen Reichtum auf der Erde,

      weil aus den Sitten man entnimmt,

      wie einer im Herzen ist gestimmt.

      Gar mancher nur wenig Sitte zeigt,

      das macht, er ist ihr nicht geneigt

      und ist erzogen nicht dazu,

      drum hat er Sitten wie eine Kuh.

      Die beste Zierde, der höchste Nam’

      sind gute Sitten, Zucht und Scham.

      Noah wohl guter Sitten pflag,

      doch schlug ihm Ham, sein Sohn, nicht nach.

      Wer einen weisen Sohn gebärt,

      den man Vernunft, Sitt’, Weisheit lehrt,

      der danke Gott doch früh und spat,

      der ihn mit Gnad’ versehen hat.

      In des Vaters Nase biß Albin40,

      weil der ihn nicht ließ gut erziehn.

      Wer Gewalt und Unrecht einem Mann

      antut, der Leid ihm nie getan,

      da stoßen sich zehn andre dran.

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