Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Victor wieder mit ihr zusammen? Anna, sag es mir!«

      Verzweifelt vor Angst ergriff Karin Annas Hände, als wolle sie sich festhalten.

      »Das kann ich nicht sagen. Tatsache ist nur, daß Jeanette einige Male in Waldkogel gesehen wurde. Es bleibt nicht verborgen, wenn so ein auffallendes Auto durch das Dorf fährt. Jeanette ist bekannt. Es war auch bekannt, daß der Victor ein Verhältnis mit ihr hatte, über zwei Jahre. Da wird schon aufgepaßt, ob die feine Dame zum Reichler Hof unterwegs ist.«

      »Und? Hat sie Victor besucht?«

      Anna legte liebevoll den Arm um Karins Schultern.

      »Ja! Sie hatte auf dem Hof geparkt. Also ist anzunehmen, daß sie sich mit Victor getroffen hat.«

      »Victor sagte, er hätte Schluß mit ihr gemacht.« Karins Stimme klang traurig. »Vielleicht liebt er sie ja doch noch, Anna?«

      »Denkst du, daß Victor jemand ist, der mehreren Frauen gleichzeitig sein Herz schenkt?«

      »Nein, eigentlich nicht! Dazu ist er viel zu ehrlich und aufrichtig, denke ich. Doch warum kommt dann diese Jeanette auf den Hof? Sie will doch keine Eier kaufen?«

      Anna lachte.

      »Nein, sie will bestimmt keine Eier kaufen. Bestimmt nicht! Sie will ihren Kopf durchsetzen. Sie hat Victor verloren. Das kränkt sie. Sie ist eine junge Frau, die im Leben immer alles bekommen hat, was sie wollte. Als Tochter des reichen Wurstfabrikanten ist sie als verwöhnte Prinzessin aufgewachsen. Sie ist die Jüngste, hat nur zwei ältere Brüder. Als verwöhntes und verzogenes Nesthäkchen kann sie nicht begreifen, daß Victor nicht nach ihrer Pfeife tanzt und springt.«

      »Also gibt sie so schnell nicht auf. Sie hat im Leben gelernt, daß man alles bekommen kann. Sie will Victor.«

      Anna machte eine Pause.

      »Es ist gekränkte Eitelkeit. Sie leidet an einer maßlosen Selbstüberschätzung. Ich habe Jeanette einmal gesehen. Sie ist hübsch, was man so unter Schönheit im allgemeinen versteht. Sie entspricht mit ihrem Äußeren dem gängigen Klischee von Frau, wie man sie in jedem Modejournal und Lifestilemagazin sehen kann. Es soll ja Männer geben, denen dieser Typ gefällt.«

      Anna zuckte mit den Achseln.

      »Verstehen kann ich das nicht. Diese Frauen wirken auf mich künstlich. Ich habe einmal mit Toni darüber gesprochen. Er meint als Mann, das wären nette Spielzeuge, mehr nicht.«

      Anna schmunzelte, wenn sie dabei an ihren lieben Toni dachte.

      »Toni drückt solche Sachen direkt aus. Er bringt die Angelegenheit auf den Punkt. Er meinte, daß er immer gewußt habe, daß es früher oder später zum Bruch zwischen Victor und Jeanette kommen mußte. Er kennt Victor seit Kindertagen. Victor ist ein Bergler, wie Toni sagt. Er ist bodenständig und naturverbunden.«

      »Warum ist er aber dann zwei Jahre mit Jeanette gegangen?«

      »Betrachte es doch ganz nüchtern, Karin. Es war der Reiz des Neuen. Es schmeichelte ihm auch, daß Jeanette sich für ihn interessierte. Oder anders ausgedrückt: Jeanette hat ihm einfach den Kopf verdreht. Es soll vorkommen, daß bei Männern in solchen Situationen das Gehirn versagt – sie denken dann wohl mit einem anderen Körperteil.«

      Die beiden Frauen kicherten.

      »Victor scheint im Konflikt zu sein. Warum redet er nicht mit mir, Anna? Er ist bedrückt, das sehe ich doch.«

      »Eine endgültige Antwort kann ich dir darauf auch nicht geben. Ich kann nur vermuten, daß er dich mit der Sache nicht belasten will.«

      »Das ist schlechtweg unmöglich, wenn jeder im Dorf, außer mir, von den Besuchen weiß. Denkst du nicht auch?«

      Anna plantschte mit den Füßen im Wasser.

      »Anna, ich warte auf eine Antwort!« ermahnte sie Karin.

      Anna seufzte.

      »Alle im Dorf wissen noch mehr. Ich wollte es dir aber nicht gleich sagen. Die Wahrheit läßt sich in kleineren Häppchen oft besser ertragen.«

      Karin erschrak bis ins Mark.

      »Dann treibt Victor doch ein doppeltes Spiel? Martin muß auch davon wissen. Er schickt mich fast jeden Tag früher heim. Ich soll endlich zusehen, daß meine Wohnung fertig wird.« Karin kämpfte mit den Tränen. »Dann bin ich doch nur so etwas wie eine Lückenbüßerin. Es wird das beste sein, wenn ich gleich in die Wohnung ziehe. Ich bin zwar noch nicht ganz fertig, aber das ist nicht schlimm.«

      »Karin, ich bin mir ganz sicher, daß du keine Lückenbüßerin bist. Es ist ein ganz fieses Spiel, das Jeanette mit Victor treibt. Sie belagert ihn richtig. Das gehört zu ihrer Taktik. Darüberhinaus denkt sie, sie habe sogar ein Anrecht auf ihn.«

      »Ein Anrecht auf Victor? Wie soll ich das verstehen?«

      Anna zog die Füße aus dem Teich und setzte sich im Schneidersitz hin.

      »Okay! Ich erkläre es dir! Also der Victor war bei Martin, und der Martin hat es Toni erzählt. Toni hat es dann mir erzählt.«

      »Was? Um Himmelswillen was, Anna?«

      »Die Jeanette droht Victor. Er hätte ihr angeblich unter Zeugen ein Heiratsversprechen gegeben. Darauf will sie jetzt bestehen.«

      »Ich verstehe das nicht.«

      »Schau, das ist so, als würdest du Pierre gegenüber eine Forderung aufstellen. Du hast so viele Jahre mit ihm zusammengelebt, weil er dir eine Heirat versprochen hatte.«

      »Die er dann immer wieder hinausschob, bis mir klar wurde, daß da nie etwas daraus werden würde.«

      »Mmm! Aber du hast jahrelang in dem Glauben und der Hoffnung gelebt, daß aus euch ein Paar wird.«

      »So dumm war ich!«

      »Darau könntest du Kapital schlagen. Du könntest Pierre einen Prozeß machen und eine Entschädigung verlangen.«

      »Das ist doch Unsinn, Anna! Es war doch meine Dummheit, daß ich so lange auf sein Getue reingefallen bin.«

      »Das sagst du! Ein cleverer Rechtsverdreher würde das vielleicht vor Gericht anders darstellen.«

      Karin schaute Anna verwundert an. »Das ist doch Schwachsinn! Vollkommener Schwachsinn, sogar!«

      »Das sagst du! Jeanette droht mit einem Skandal. Sie will, daß er das gegebene Heiratsversprechen einlöst oder sie dafür entschädigt. Sie fühle sich bloßgestellt. Sie behauptet zu leiden. Ihr guter Ruf habe gelitten. Sie habe gesellschaftlich Schaden genommen.«

      »Schmarren! So ein Schmarren!« schrie Karin.

      Anna lachet.

      »Du kannst schon ganz gut schimpfen im Dialekt. Das kam ganz von innen.«

      »Die muß verrückt sein, Anna.

      »Jedenfalls hat sie mehrmals mit Victor gesprochen. Zuerst hat sie es im Guten versucht. Sie hat wohl alles daran gesetzt, ihn zu umgarnen. Aber Victor ließ sie abblitzen. Das machte sie wütend. Dann drohte sie ihm.«

      »Soll sie! Irgendwann wird sie einsehen, daß es zwecklos ist.«

      »Das hat sie aber nicht, Karin.«

      »Dann wird es eben noch dauern. Irgendwann wird sie es einsehen, daß sie einer Illusion hinterherläuft.«

      Anna schaute Karin an.

      »Frauen wie Jeanette sehen nichts ein. Sie verbeißen sich in eine Sache. Sie haben nie gelernt, daß nicht alles im Leben so kommt, wie sie es wollen. Alles muß nach ihrem Kopf gehen. Also hat Jeanette einen Anwalt aufgesucht und Victor schreiben lassen.«

      Karin schaute Anna mit großen Augen an.

      »Was kann sie damit erreichen?«

      »Eine Verhandlung! Sie droht mit einem Zivilprozeß. Sie will eine Entschädigung für ein gelöstes Heiratsversprechen


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