Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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habe Sie nicht be­lo­gen. Ich war ein Esel, und man hat mich an­ge­führt und Sie dazu. Sie mein­ten einen Knock­out zu se­hen. Aber der Schlag, den ich lan­de­te, war gar nicht hart ge­nug. Er traf ihn auch nicht an der rich­ti­gen Stel­le. Er tat nur so. Er täusch­te einen Knock­out vor.«

      Er schwieg und sah sie er­war­tungs­voll an. Und ir­gend­wie durch­zuck­te sie die Ge­wiss­heit, dass sie ihm glau­ben müs­se. Ein war­mes Glück durch­ström­te sie, weil die­ser Mann, der ihr doch nichts be­deu­te­te und den sie nur zwei­mal in ih­rem Le­ben ge­se­hen hat­te, rein­ge­wa­schen vor ihr stand.

      »Nun?« frag­te er, und wie­der zwang er ihr Be­wun­de­rung ab.

      Sie stand auf und streck­te ihm die Hand ent­ge­gen. »Ich glau­be Ih­nen«, sag­te sie. »Und ich bin froh dar­über, un­sag­bar froh.«

      Der Hän­de­druck dau­er­te län­ger, als sie be­ab­sich­tigt hat­te. Er be­trach­te­te sie mit ei­nem hei­ßen Blick, den sie un­be­wusst er­wi­der­te. Noch nie hat ein sol­cher Mann ge­lebt, dach­te sie.

      Sie schlug zu­erst die Au­gen nie­der, dann tat auch er es, so­dass bei­de, wie frü­her schon ein­mal, auf die in­ein­an­der ru­hen­den Hän­de blick­ten.

      Er mach­te eine un­will­kür­li­che un­be­wuss­te Be­we­gung auf sie zu, als wol­le er sie in sei­ne Arme schlie­ßen, dann aber be­sann er sich plötz­lich und hielt sich mit of­fen­sicht­li­cher An­stren­gung zu­rück.

      Sie sah es und fühl­te den Druck der Hand, die sie zu ihm zie­hen woll­te. Und zu ih­rem Er­stau­nen merk­te sie, dass sie sich ihm gern un­ter­wor­fen hät­te, und spür­te einen fast un­wi­der­steh­li­chen Drang, von die­sen star­ken Ar­men um­schlun­gen zu wer­den.

      Hät­te er sie ge­zwun­gen, so wür­de sie kei­nen Wi­der­stand ge­leis­tet ha­ben, das wuss­te sie. Sie war ganz be­nom­men, als er sich be­sann und mit ei­nem Druck, der ihre Fin­ger knacken ließ, ihre Hand fast fort­schleu­der­te.

      »Herr­gott!« flüs­ter­te er. »Sie sind ja für mich ge­schaf­fen!«

      Er wand­te sich halb von ihr ab und strich sich mit der Hand über die Stirn.

      Sie wuss­te, dass sie ihn ewig ge­hasst ha­ben wür­de, wenn er jetzt eine Ent­schul­di­gung oder Er­klä­rung ge­stam­melt hät­te. Aber wenn es sich um sie han­del­te, schi­en er im­mer ge­ra­de das Rich­ti­ge zu tun.

      Sie ließ sich auf ih­ren Stuhl sin­ken, und er setz­te sich auf einen an­de­ren, den er zu­erst so dreh­te, dass er ihr über die Schreib­tisch­kan­te hin­weg ge­ra­de ins Ge­sicht sah.

      »Ich war ges­tern den gan­zen Abend im Tür­ki­schen Bad«, sag­te er. »Von dort schick­te ich nach ei­nem al­ten, längst er­le­dig­ten Bo­xer. Er war sei­ner­zeit mit mei­nem Va­ter be­freun­det ge­we­sen.

      Ich wuss­te, dass es im Sport nichts gab, wor­über er nicht Be­scheid wuss­te, und ich ließ mir von ihm er­zäh­len.

      Das Lus­tigs­te war, dass es mir nur mit Mühe ge­lang, ihn da­von zu über­zeu­gen, dass ich selbst nichts von den Din­gen wuss­te, nach de­nen ich ihn frag­te. Er sag­te, ich sei ein Kind aus den Wäl­dern, und ich glau­be, er hat recht. Ich bin in den Wäl­dern groß ge­wor­den und ken­ne sonst nichts von der Welt.

      Wis­sen Sie, was ein Dop­pel­kreuz ist?«

      Sie nick­te, und er fuhr fort:

      »Na ja, die Leu­te schei­nen nie eine Ge­le­gen­heit vor­über­ge­hen zu las­sen, ohne das Dop­pel­kreuz ge­gen­ein­an­der an­zu­wen­den.

      Was mir der Alte er­zähl­te, be­nahm mir di­rekt den Atem. Da bin ich nun seit Jah­ren mit­ten drin und weiß von nichts. Ich bin wahr­haf­tig ein Kind aus den Wäl­dern ge­we­sen.

      Aber jetzt sehe ich, wie man mich an der Nase her­um­ge­führt hat. Ich war von Na­tur so, dass nie­mand mich auf­hal­ten konn­te. Ich muss­te sie­gen, und dank Stu­be­ner wur­de al­ler Schwin­del von mir fern­ge­hal­ten.

      Und Stu­be­ner ge­brauch­te mich zu all sei­nen Schie­bun­gen, nur dass ich kei­ne Ah­nung da­von hat­te. Wenn ich jetzt nach­den­ke, kann ich se­hen, wie sie es mach­ten. Ich in­ter­es­sier­te mich nicht ge­nug für den Sport, um Ver­dacht zu schöp­fen. Ich bin mit ei­nem star­ken Kör­per und ei­nem küh­len Kopf ge­bo­ren, ich bin in der frei­en Na­tur auf­ge­wach­sen und von ei­nem Va­ter er­zo­gen, der mehr vom Bo­xen ver­stand als alle an­de­ren Le­ben­den oder To­ten. Es wur­de mir zu leicht ge­macht. Der Ring war nicht mein ein und al­les. Es gab für mich ja nie einen Zwei­fel am Aus­fall des Kamp­fes. Aber jetzt bin ich fer­tig da­mit.«

      Sie zeig­te auf die Über­schrift in der Zei­tung, die sei­nen Kampf mit Tom Can­nam an­kün­dig­te.

      »Das ist Stu­beners Werk«, er­klär­te er. »Das ist schon vor Mo­na­ten fest­ge­setzt. Aber ich küm­me­re mich nicht dar­um. Ich gehe in mei­ne Ber­ge. Ich bin fer­tig da­mit.«

      »Wie her­risch die Män­ner doch sind«, sag­te sie. »Sie be­stim­men das Schick­sal, tun, was ih­nen be­liebt und –«

      »Wenn ich recht ge­hört habe«, un­ter­brach er sie, »ha­ben Sie auch im­mer ganz hübsch ge­tan, was Ih­nen be­lieb­te. Das ge­hört ja auch zu den Din­gen, die ich so an Ih­nen lie­be. Und was mir gleich beim ers­ten Mal so auf­fiel, war, wie gut wir bei­de uns ver­stan­den.« Er schwieg und be­trach­te­te sie mit hei­ßen Au­gen.

      »Ei­nes habe ich doch dem Bo­xen zu ver­dan­ken«, fuhr er fort. »Es hat mich mit Ih­nen be­kannt ge­macht. Und wenn man die rich­ti­ge Frau fin­det, dann ist nur ei­nes zu ma­chen: sie mit bei­den Hän­den zu grei­fen und nicht wie­der los­zu­las­sen. Kom­men Sie, las­sen Sie uns in die Ber­ge ge­hen!«

      Das kam so plötz­lich wie ein Don­ner­schlag, doch fühl­te sie, dass sie es er­war­tet hat­te. Ihr Herz poch­te, und ihr war, als sol­le sie auf eine selt­sam an­ge­neh­me Wei­se er­sti­cken. An Ein­falt und Of­fen­her­zig­keit konn­te sie je­den­falls nicht mehr er­war­ten.

      Und dazu war es wie ein Traum. Sol­che Din­ge pfleg­ten doch sonst nicht in mo­der­nen Zei­tungs­re­dak­tio­nen zu ge­sche­hen. Auf die­se Wei­se konn­te man ei­ner Frau doch nicht den Hof ma­chen, das war nur auf der Büh­ne und in Ro­ma­nen mög­lich.

      Er hat­te sich er­ho­ben und streck­te ihr bei­de Hän­de ent­ge­gen.

      »Ich wage es nicht«, flüs­ter­te sie, halb bei sich. »Ich wage es nicht.«

      Für einen kur­z­en Au­gen­blick sah sie es ver­ächt­lich in sei­nen Au­gen auf­blit­zen, die aber gleich dar­auf of­fe­ne Ungläu­big­keit aus­drück­ten.

      »Sie wür­den al­les wa­gen, was Sie woll­ten«, sag­te er. »Das weiß ich. Hier ist die Fra­ge nicht, ob Sie es wa­gen, son­dern ob Sie wol­len. Wol­len Sie?«

      Sie war auf­ge­stan­den und sie wank­te. Ihr war, als träu­me sie. Sie ver­such­te, sich im Zim­mer um­zu­se­hen, um mit Hil­fe der ihr ver­trau­ten Ge­gen­stän­de gleich­sam sich selbst wie­der­zu­fin­den und in die Wirk­lich­keit zu­rück­zu­keh­ren, aber sie konn­te den Blick nicht von ihm wen­den.

      Und sie sag­te auch nichts.

      Er war ne­ben sie ge­tre­ten. Sei­ne Hand lag auf ih­rem Arm, und un­will­kür­lich lehn­te sie sich an ihn. Das war al­les ein Teil des Trau­mes, und sie brauch­te nichts mehr zu fra­gen.

      Es war das große Wa­g­nis. Er hat­te recht. Sie konn­te wa­gen, was sie woll­te, und sie


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