Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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wieder geschieden.«

      Jetzt legte er seine Zigarette fort; sie schmeckte ihm nicht mehr. Voll tiefen Mitgefühls sah er in das verhärmte Antlitz dieses blutjungen Menschenkindes.

      »Ich weiß nicht, ob Sie mir darüber erzählen wollen, gnädige Frau…«, begann er zögernd.

      »Warum nicht? Sie würden es ja doch einmal erfahren, und dann gewiß in verzerrter Form. Die Menschen sind schlecht, Herr Baron.«

      »Das sagt ein Menschenkind von neunzehn Jahren?«

      »Achtzehn sind es«, schaltete sie bitter ein.

      »Sogar erst achtzehn, und dann schon so verbittert? Wer hat so böse an Ihnen gehandelt, daß Sie so werden konnten?«

      »Alf von Unitz. Er wurde im November vorigen Jahres mein Mann. Im Februar hatte er bereits mit seinen Angehörigen meine ansehnliche Mitgift verbraucht, und seit einer Woche bin ich von ihm geschieden.«

      So kurz war das gesagt, und doch lag eine Welt von Tragik in den wenigen Worten. Wie hatte es nur geschehen können, daß gerade die kecke Ellen Hungold an diesen Glücksritter geraten konnte?

      »Ich lernte ihn im Oktober auf einem Fest kennen«, erzählte sie, als habe sie seine Gedanken erraten. »Vier Wochen später war ich seine Frau, obgleich meine Eltern mich anflehten, mich nicht so rasch zu binden. Schon auf der Hochzeitsreise lernte ich den wahren Charakter dieses Blenders kennen. Vertrauend hatte ich ihm meine Mitgift in die Hände gegeben. Was verstand ich schließlich von Geld? Ich war selig verliebt, und alles, was mein Mann tat, war in meinen Augen gut und richtig. Als ich jedoch merkte, daß er mein Geld sinnlos verschleuderte, schrieb ich kurz entschlossen an meine Eltern und schilderte ihnen die ganzen Zustände. Sie verlangten unsere sofortige Heimkehr – wir befanden uns ja noch auf der Hochzeitsreise – und der Krach war da. Sie kennen doch meinen Vater, der nimmt kein Blatt vor den Mund. So sagte er denn auch seinem Schwiegersohn ganz ge­hörig die Wahrheit und nahm fortan all sein Tun unter strenge Kontrolle. Das paßte nun meinem Herrn Gemahl ganz und gar nicht. Und seine Angehörigen, die die reiche Geldquelle plötzlich versiegt sahen, hetzten ihn auf, wo sie nur konnten. Ich habe Höllentage erlebt und auch zuerst schweigend ertragen, weil ich anfangs aus Trotz, dann aus Scham meinen Eltern mit meinen Nöten nicht kommen wollte. Sie hatten mich vor Unitz ja gerade genug gewarnt. Alf muß die Drohungen meines Vaters wohl nicht ernst genommen haben, denn er führte sein verschwenderisches Herrenleben fort und machte Schulden an allen Ecken und Kanten. Er hat wohl angenommen, daß mein Vater es zu keinem Skandal kommen lassen und seine Schulden bezahlen würde. Aber Papa dachte nicht daran. Und als Unitz sich gar mit seinen Angehörigen auf Lorren einnistete und einmal zu einem Bekannten die Äußerung tat, er und seine Geschwister würden meine Eltern langsam aber sicher daraus vertreiben, da verkaufte Papa kurz entschlossen das Gut über die Köpfe der Eindringlinge hinweg, und wir zogen in die Stadt. Das war die beste Lösung, da Papa sich sowieso nicht mehr gesund genug fühlte, um den großen Gutsbetrieb leiten zu können. Und einem Verwalter alles allein zu überlassen, war er zu miß­trau­isch. Der Gutsverkauf nahm nun den letzten Rest der Tünche von Unitz und zeigte ihn in seiner ganzen Roheit. Als er es sogar zu Tätlichkeiten kommen ließ, flüchtete ich zu meinen Eltern. Meine Mutter hatte große Mühe, meinen Vater zurückzuhalten, damit er nicht zu dem Rohling ging und ihn zur Rechenschaft zog. Er hätte sich in seiner Aufregung zu Dingen hinreißen lassen, die er später hätte bereuen müssen. Am nächsten Tage reichte ich die Scheidungsklage ein. Es ging alles sehr schnell, da ja die Beweise seiner Schuld reichlich vorhanden waren. Nun wohnen meine Eltern seit Monaten schon in der Stadt und fühlen sich sehr unglücklich, weil sie sich nach dem Lande kranksehnen. Wohl hat mein Vater noch so viel Geld, um wieder ein Gut kaufen zu können. Doch die ständigen Aufregungen der letzten Monate haben ihn so zermürbt, daß er es nicht mehr bewirtschaften könnte. Und nun trage ich nicht nur das eigene Leid, sondern muß auch noch das der Eltern mit ansehen und mir sagen: Du allein bist an allem schuld! Hättest du auf die Eltern gehört und nicht nach deinem eigenwilligen Kopf gehandelt, dann säßen wir heute alle noch auf Lorren. Diese unbarmherzige Reue, sie quält und peinigt mich Tag und Nacht.«

      Ein trockenes Schluchzen schüttelte den elenden Körper, und der Baron war aufs tiefste erschüttert.

      Wenn er hier doch nur helfen könnte!

      »Wissen Sie was, Frau Ellen, ich begleite Sie zu Ihren Eltern«, sagte er nach einer Weile bedrückenden Schweigens. Da zog ein Freudenschimmer über ihr verweintes Gesicht.

      So gingen sie denn nach der Hungoldschen Wohnung, wo der Baron mit herzlicher Freude empfangen wurde. Herr und Frau Hungold sahen nicht weniger elend und vergrämt aus als ihre Tochter.

      »Das ist aber eine Überraschung, Herr Baron!« sagte der alte Herr so froh wie schon lange nicht mehr. »Sicherlich hat meine Tochter Sie in der Stadt getroffen und dann hierhergeschleift.«

      »Die letzte Vermutung stimmt nicht, Herr Hungold«, lachte Hellersen. »Ich bin freiwillig hergekommen.«

      »Freut mich um so mehr. Aber famos sehen Sie aus.«

      »Es geht mir ja auch gut, Herr Hungold.«

      »Will ich glauben. Wenn man so im Paradies sitzt – Felder, Wasser, Wald…«

      Er brach ab und begann im Zimmer umherzulaufen. Dann blieb er vor dem Baron stehen, der auf Frau Hungolds Bitte Platz genommen hatte.

      »Hat Ellen Ihnen alles erzählt?« fragte er mit einer Kopfbewegung zu der Tochter hin, die niedergeschlagen in der Nähe saß.

      »Ja.«

      »Schöne Geschichte, was? Das Leben unseres einzigen Kindes verpfuscht und damit auch das unsere. Den Kerl soll der Kuckuck holen!« schalt er grimmig.

      »Aber, Herr Hungold«, versuchte Hellersen zu beschwichtigen, doch der alte Herr schüttelte unwirsch den Kopf.

      »Sehen Sie sich das Mädel doch an! Das Herz kann sich einem umdrehen vor Jammer. Was war das für ein Prachtkerl. Immer unbändig und fidel, wenn auch manchmal etwas zu wild. Und heute? Jammer und Tränen – Tränen und Jammer ohne Ende. Und dann neben diesem trostlosen Anblick immer noch die quälenden Sorgen, die man sich um ihre Zukunft macht. Meine Frau und ich, wir haben uns durch die ständigen Aufregungen der letzten Monate aufgerieben; es kann daher schnell mit uns zu Ende gehen. Und dann steht das Mädel allein auf der Welt. Mit der Verwandtschaft halten wir nicht zusammen, man weiß ja, wie es in den meisten Fällen unter Verwandten zugeht. Weiter ist aber niemand da, der sich Ellens annehmen könnte. Von einer Ehe will sie begreiflicherweise nichts mehr wissen; sie hat wohl für immer davon genug. Das sind so die Sorgen, die meine Frau und mich nicht zur Ruhe kommen lassen. Und dabei sitzt man noch in diesem Steinkasten und hat das Gefühl, daß die Mauern einen jeden Augenblick erdrücken können. Stein, Stein und noch mal Stein, wohin man auch schaut! Keine Felder, kein Wasser, kein Land! Ich habe nicht geglaubt, daß man danach so hungern kann!«

      »Warum kaufen Sie sich nicht wieder ein Gut, Herr Hungold? Sie haben doch das Geld dazu, wie mir Frau Ellen erzählte.«

      »Dann wird sie Ihnen auch erzählt haben, daß ich nicht mehr fähig bin, ein Gut zu bewirtschaften. Und die Leitung einem Verwalter überlassen, dazu könnte ich mich nicht entschließen. Ich würde dem armen Mann mit meinem Mißtrauen das Leben recht sauer machen. Es brauchte ja auch nicht gerade ein Gut zu sein. Was ich mir wünsche, ist ein kleines Haus, das in der Nähe von Wasser und Feld liegt. Einen Garten und einige Morgen Land dazu, Gelegenheit zum Fischen und Jagen in – solcher Umgebung könnte ich noch einmal meines Lebens froh werden. Aber so einen Wohnsitz gibt es nicht, oder besser gesagt: wenn es ihn gibt, ist er nicht verkäuflich. Ich habe mir Mühe genug gegeben, so ein kleines Paradies aufzutreiben. Schließlich bin ich des Suchens müde geworden und habe mich in diesen Steinkasten verkrochen. Das ersehnte kleine Besitztum kann ich mir zum Trost auf Löschpapier malen.«

      »Und wenn ich nun wüßte, wo Sie es finden können?« sagte der Baron lächelnd.

      Hungold sah ihn mißtrauisch an.

      »Passen Sie mal auf, ich werde Ihnen Ihr ersehntes Paradies schildern: Mitten im Walde, dicht an einem See, liegt ein verschwiegenes kleines Haus, das sechs Zimmer,


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