Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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vernichtenden Krank­heit gewesen war. Sie hatte sich auch von Swen nicht warnen lassen.

      »Wer ist eigentlich der Vormund des Kindes?« fragte der Arzt plötzlich in ihre trostlosen Gedanken hinein. Und als er hörte, daß das Vormundschaftsgericht den Baron von Hellersen mit diesem Amt betraut hatte, war er sehr erstaunt, daß dieser nicht von der schweren Krankheit seines Mündels in Kenntnis gesetzt worden war.

      »Das muß sofort nachgeholt werden!« entschied er, und in seiner Stimme lag etwas, das keinen Widerspruch duldete. »Der Herr Baron ist doch wirklich reich genug, um den hier in Frage kommenden Professor herkommen zu lassen. Und wenn auch der nicht helfen kann, so hat man das beruhigende Gefühl, alles getan zu haben, was in Menschenkräften steht. Ich werde mich sofort mit dem Baron in Verbindung setzen.«

      Ohne die Einwilligung Frau Elisas abzuwarten, entfernte er sich aus dem Krankenzimmer, um auf schnellstem Wege den Schloßherrn aufzusuchen.

      Und Frau Elisa hielt ihn nicht zurück. Sie war viel zu zermürbt, um sich jetzt noch gegen etwas, was ihrem Kinde Hilfe bringen könnte, aufzulehnen, und selbst wenn diese Hilfe von Swen kommen sollte.

      Schon nach kurzer Zeit kam der Arzt wieder – und vier Augenpaare sahen ihm in banger Frage entgegen.

      »Alles ist in die Wege geleitet«, berichtete er, ordentlich aufgeräumt. »Der Baron will den berühmten Professor mit einem Flugzeug herkommen lassen. Wenn alles klappt, kann er bereits heute hier sein.«

      Dann wartete man, wartete. Und dieses entsetzliche Warten zermürbte fast noch mehr als all die bange Angst vorher. Wenn der Professor nur käme und Elke nicht inzwischen stürbe.

      Endlich war der so sehnsüchtig erwartete Mann da, in dessen Begleitung sich eine Schwester befand. Der Baron hatte die Fremden zum Waldhaus geführt und begrüßte nun dessen Bewohner mit einer frostigen Verbeugung.

      Er hielt sich schweigend im Hintergrund. Nur als auch der Professor behauptete, daß die Krankheit schon lange in des Kindes Körper gesteckt haben müßte, da sah der Baron Frau Elisa an. Es war ein einziger Blick, der jedoch die allzeit beherrschte Frau so sehr aus der Fassung brachte, daß sie in hilfloses Weinen ausbrach.

      Nach der Untersuchung der Todkranken war das Gesicht des Professors undurchdringlich. Er machte den Angehörigen keine Hoffnung, nahm sie ihnen aber auch nicht. Er bemühte sich mit Hilfe des Arztes und der Schwester ganz außerordentlich um die Kranke; es geschah nun alles, was in Menschenkräften stand.

      Zwei Tage folgten – zwei lange, bange Tage, die Mutter und Geschwister des kranken Kindes zwischen bitterster Verzweiflung und zagender Hoffnung hin und her schwanken ließen.

      Dann erklärte der Professor das Kind für gerettet.

      Diese Nachricht nahm man wohl als Befreiung aus tiefster Angst auf, allein so recht von Herzen sich darüber freuen, das vermochte man zunächst noch nicht. Die letzten Tage hatten sie alle zu sehr zermürbt, sie zu jäh und wechselnd durch Höhen und Tiefen gerissen. Erst als man sah, wie Elke sich langsam erholte, da wagte sich die Freude hervor.

      Der Professor reiste, sobald die Gefahr vorüber war, sofort wieder ab, ließ jedoch die tüchtige Schwester zurück, die fürs erste bei der Kranken bleiben sollte. Der Baron kam jeden Tag nach dem Waldhause, um sich nach dem Befinden seines Mündels zu erkundigen. Er blieb nie länger als einige Minuten und war von einer so eisigen Unnahbarkeit, daß er allen Scheu einflößte. Und als sich Frau Elisa mit einer ihr sonst fremden Zaghaftigkeit für seine tatkräftige Hilfe bedankte, da erwiderte er nicht gerade unfreundlich, aber sehr kühl, daß er nur die Pflicht seinem Mündel gegenüber erfüllt hätte.

      *

      »Mama, du mußt es doch begreifen können, daß ich mit zwanzig Jahren nicht länger zur Schule gehen mag!« bat Edna verzweifelt.

      Sie war soeben mit der Nachricht nach Hause gekommen, daß sie die Abgangsprüfung nicht bestanden hätte, was die Mutter noch immer nicht fassen konnte.

      »Nein, das kann ich durchaus nicht begreifen«, zürnte Frau Elisa. »Das Alter spielt hierbei gar keine Rolle. Es kommt nur darauf an, daß du die Prüfung machst.«

      »Wenn ich nur die Notwendigkeit dazu einsehen würde, Mama. Studieren kann und mag ich auch nicht, und um hier müßig herumzusitzen, dazu brauche ich doch wirklich keine Prüfung.

      Außerdem macht mir das Lernen keine Freude mehr. Ich bin wohl überhaupt zu dumm, um das alles zu begreifen.«

      Sie schwieg verlegen, denn soeben betrat der Baron das Zimmer und hatte die letzten Worte gehört. Frau Elisa begrüßte ihn mit höflicher Zurückhaltung und bot ihm einen Sitz an, den er heute ausnahmsweise annahm.

      Seit dem unvergeßlichen Tage, da der Baron den Professor ins Haus gebracht hatte, ­herrsch­te eine Art Waffenstillstand zwischen den Verwandten. Man war wohl keineswegs liebenswürdig, eher frostig zueinander, aber man befehdete sich auch nicht mehr, wie man es vor Elkes Krankheit getan.

      »Ich komme von Elke«, begann der Baron mit seiner dunk­len, befehlsgewohnten Stimme. »Es geht der Kleinen erfreulich gut; jetzt haben wir sie endlich so richtig übern Berg. Ich habe heute übrigens mit dem Professor fernmündlich gesprochen, weil ich mir weitere Vorschriften zu Elkes Behandlung holen wollte. Ich gedachte sie in ein milderes Klima zu schicken; allein der Professor hält gerade unsere Waldluft für Medizin. Die Schwester müßte allerdings wieder in seine Klinik zurückkehren, da er sie dort nötig hat. Und da Elke schon so erfreulich gut vorangekommen ist, wird sie ja die Pflegerin entbehren können.«

      »Mir ist es sehr lieb, wenn die Schwester geht«, bekannte Frau Elisa mit einer Unsicherheit, die bei ihrer sonst so überlegenen Art sonderbar anmutete. »Ich weiß nämlich nicht mehr, wie ich die Mehrunkosten bestreiten soll und dir die verauslagte Summe zurückerstatten soll.«

      »Tante Elisa, du quälst dich mit Dingen herum, die ganz unnötig sind«, sagte der Baron sehr ernst. »Es wäre ja noch schöner, wenn ich für mein Mündel nicht einmal so viel übrig haben sollte, daß so kleine Auslagen beglichen werden könnten.«

      »Es ist aber ein bedrückendes Gefühl, einem Menschen etwas schuldig zu sein«, beharrte sie. »Daher möchte ich dir doch die Auslagen, wenn auch nur allmählich und in kleinen Summen, zurückzahlen. Ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, Almosen entgegenzunehmen.«

      »Wenn du es so bezeichnen willst, Tante Elisa, dann ist es freilich besser, wenn du mir das Geld zurückzahlst«, entgegnete er frostig. »Ich werde dir die Belege zukommen lassen.«

      »Ich bitte darum«, versetzte sie aufatmend.

      »Übrigens wollte ich mit dir über Edna sprechen«, wechselte sie dann rasch das Gespräch. »Sonst könntest du mir wieder Vorwürfe machen, daß ich über deinen Kopf hinweg Bestimmungen getroffen habe.

      Edna hat ihre Abgangsprüfung nicht bestanden und weigert sich nun, die Anstalt weiter zu besuchen. Ich bin jedoch dafür, daß sie es tut. Wie denkst du darüber?« fragte sie, und man merkte es ihr an, wie große Überwindung sie diese Frage kostete.

      »Da müßte ich erst Näheres wissen, ehe ich mich dazu äußern kann, Tante Elisa. Wie alt ist Edna?«

      »Zwanzig Jahre ist sie vor einigen Tagen geworden.«

      »Will sie studieren?«

      »Wovon denn? Etwa von den zweihundertfünfzig Mark, die mir monatlich zur Verfügung stehen?«

      »Also dann soll sie die Prüfung sozusagen zu ihrem Ver­gnügen machen?«

      »Wenn du es so nennen willst, ja.«

      »Um dann hier herumzusitzen wie Gerswint und Bolko?«

      »Es steht dir wohl nicht gut an, Kritik über meine beiden ältesten Kinder zu üben, die gottlob deiner Vormundschaft nicht unterstehen«, sagte sie abweisend. »Hier geht es allein um Edna. Ich möchte kurz und bündig deine Meinung hören, damit du mir später keinen Strich durch meine Bestimmungen machen kannst.«

      »Also gut, Tante Elisa, höre meine Meinung kurz und bündig: Ich


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