Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Ehe ja auch ganz gut fertig werden. Wenn sich sein Herz immer wieder schmerzlich zusammenzog, dann geschah es hauptsächlich wegen Ilsetraut. Er hätte seiner zärtlichen Kleinen eine andere Mutter gewünscht als gerade die hoch­mütige, gefühlsarme Gerswint. Swen konnte sich nicht denken, daß sie eine gute Mutter sein würde, geschweige denn eine gute Stiefmutter.

      Schnell und hastig, als dürfe er keine Minute mehr verlieren, ging er nach dem Waldhause hinüber, wo er Frau Elisa antraf, deren Blick unauffällig über seine feierliche Kleidung glitt.

      »Tante Elisa, kann ich Gerswint sprechen?«

      »Bitte, ich werde sie sofort verständigen.«

      Das war aber nicht mehr nötig, denn das Mädchen trat soeben ein – sehr blaß, sehr kühl und hochmütig. Hellersen sprang auf, um die Base zu begrüßen, beugte sich über ihre Hand und erschrak vor deren Eiseskälte. Frau Elisa verließ leise das Zimmer, und die beiden jungen Menschen standen sich allein gegenüber.

      »Gerswint, ich bin gekommen…«, begann der Mann mit belegter Stimme. Doch sie winkte kurz ab, wies ihm einen Sitz an, indem sie ihm gegen­über Platz nahm.

      »Ich weiß ja, warum du gekommen bist, Swen«, versetzte sie in gewohnter Gelassenheit. »Daher wäre es lächerlich, wenn ich dich erst viele Worte machen ließe.«

      »Und wie hast du dich entschlossen, Gerswint?«

      »Ich bin selbstverständlich bereit, mich der Bestimmung des Onkels zu fügen.«

      Also doch! Es war, als drücke eine unsichtbare Hand ihm die Kehle zu, als würde er gefesselt an Händen und Fü­ßen. Er biß die Zähne zusammen, und ein rascher Blick ging über das Mädchen hin, das ihn mit unverhohlenem Spott ansah.

      Wie konnte er sich auch nur so gehen lassen. Gerswint mußte ihm seine Gedanken ja förmlich vom Gesicht ablesen.

      Er riß sich mit aller Kraft zusammen und hätte in die Erde sinken mögen vor Scham, als das schöne Mädchen nun in Worte faßte, was er soeben gedacht und empfunden hatte.

      »Ich weiß, Swen, mein Entschluß enttäuscht dich«, sagte Gerswint in fast geschäftsmäßigem Ton. »Du hast sicherlich immer noch gehofft, daß ich das ausgesetzte Geld einer Ehe mit dir vorziehen würde. Aber das kann ich nicht, Swen. Ich könnte, lehnte ich mich gegen die Bestimmung des Onkels auf, das Gefühl nicht loswerden, ein Unrecht zu begehen. Ich habe ganz einfach nicht den Mut dazu, mich über seinen Willen hinwegzusetzen«, bekannte sie mit einer Offenheit, die ihn überraschte. »Wenn du jedoch den Mut dazu hast…«

      »Um Himmels willen, Gerswint, nur keine Mißverständnisse aufkommen lassen!« unterbrach er sie in dringendem Ton. »Mir ist der Gedanke, das Gebot des Onkels zu übergehen, auch nicht einmal gekommen. Ich kann doch unmöglich auf seinem hinterlassenen Besitz leben und seine Wünsche übergehen.

      Außerdem hat Onkel Leopold es dir allein überlassen, zwischen dem ausgesetzten Geld und einer Ehe mit mir zu wählen. Ich bin gar nicht um meine Meinung gefragt worden. Von mir hat der Onkel es als selbstverständlich angenommen, daß mir sein Wunsch heilig ist. Und da du entschlossen bist, dich mir anzuvertrauen, so ist ja alles geklärt.

      Also schlag ein, Gerswint! Je mehr Geduld wir miteinander haben, um so friedlicher wird sich unsere Ehe gestalten.«

      »Und je weniger wir voneinander erwarten, um so weniger wird sie uns enttäuschen«, setzte sie mit tiefem Spott hinzu. Er hatte Mühe, einen Seufzer zu unterdrücken, und beugte sich über die Hand, die zart und fein in der seinen lag.

      »Ich danke dir, Gerswint, meine kleine Braut«, sagte er herzlich und sah, wie sie zusammenzuckte und tief erblaßte. Er war froh, als Frau Elisa das Zimmer betrat; denn er hatte das Gefühl, in den letzten Minuten eine nicht eben glänzende Rolle gespielt zu haben.

      »Wie ich sehe, seid ihr einig, Kinder«, sagte sie wärmer, als man es an ihr gewohnt war. »Laßt euch alles Glück der Erde wünschen.«

      Sie umarmte die Tochter und reichte Swen die Hand, über die er sich ehrfürchtig neigte.

      »Liebe Tante Elisa – oder vielmehr, liebe Mama, du hättest gewiß einen anderen lieber an Gerswints Seite gesehen und bist nun…«

      »Du täuschst dich, Swen«, unterbrach sie ihn ruhig. »Ich habe dich im letzten Jahr erst richtig kennengelernt und weiß daher, daß Gerswint gut bei dir aufgehoben sein wird. Außerdem ist es für mich eine Genugtuung, daß meine Tochter es ist, die in Waldwinkel als Herrin einziehen wird. Ich glaube, Onkel Leopold wußte genau, was er tat, als er euch füreinander bestimmte.«

      »Das glaube ich auch, Mama. Wir alle sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Und wir können seiner nicht dankbarer gedenken, als daß wir alles, was er für uns bestimmte, von Herzen gutheißen.

      Zu seiner Bestimmung ge­hört nun auch, daß Gerswint mir noch in diesem Jahr angetraut wird. Und so wollte ich dich sowie meine Braut fragen, ob ihr damit einverstanden seid, daß die Hochzeit schon in drei Wochen stattfindet.«

      »So bald schon, Swen?«

      »Wir haben keinen Grund, die Hochzeit aufzuschieben, Mama. Eine Aussteuer, deren Anschaffung ja immer viel Zeit in Anspruch nimmt, braucht Gerswint nicht mit in die Ehe zu bringen, da sie im Schloß alles in überreichlichem Maße vorfindet. Und ihre persönlichen Anschaffungen kann sie gut in dieser Zeit bewältigen. Ich möchte, daß wir Weihnachten schon wieder von der Hochzeitsreise zurück sind. Was meinst du zu dem allem, Gerswint?«

      »Ich bin damit einverstanden, Swen, und wüßte nicht, warum Mama etwas dagegen haben sollte.«

      »Das wüßte ich auch nicht, mein Kind«, fiel Frau Elisa ein. »In drei Wochen läßt sich schon vieles ausrichten. Wenn wir in den nächsten Tagen nach Berlin fahren, können wir in aller Ruhe sehr gut alles Erforderliche für dich aussuchen.«

      »Die Kosten dafür trage ich selbstverständlich, Mama.«

      »Nein, Swen«, wehrte sie ganz entschieden ab. »Du mußt dich schon damit abfinden, daß ich meine Tochter selbst ausstatte.«

      »Es ist mir aber nicht recht, daß du es von deinem Gelde nimmst, Mama«, beharrte er. »Dir bleibt ohnehin nicht viel.«

      Ein Zug trat in ihr Gesicht, den er sich nicht zu deuten wußte, ein Gemisch von Bitterkeit und Ironie.

      »Lieber Swen«, begann sie in ihrer gelassenen Art. »Im vergangenen Jahre haben sämtliche Bewohner des Waldhauses – in den ersten Monaten wenigstens – mit zweihundertfünfzig Mark monatlich auskommen müssen. Jetzt steht mir an Zinsen fast das Doppelte allein zur Verfügung, da Elke ja ihre Erziehungsgelder bekommt und Edna und Bolko glänzend versorgt sind. Also wird es mir weiter nicht schwerfallen, Gerswint wenigstens für ihren persönlichen Bedarf auszustatten.«

      Der Baron mußte ihr recht geben und hielt es daher für angebracht, kein Wort mehr über die Angelegenheit zu verlieren! Er wechselte daher das Gespräch und erkundigte sich, wie die Damen über die Verlobungsfeier dächten.

      »So klein und ruhig wie möglich soll sie begangen werden, da Onkel Leopold ja erst in zwei Tagen ein Jahr unter der Erde liegt«, erklärte Gerswint, und die Mutter nickte bekräftigend dazu. »Hungolds werden wir allerdings bitten müssen, denn sie würden sich mit Recht übergangen fühlen.«

      »Das ist ein vernünftiger Entschluß, Gerswint«, atmete Hellersen tief auf. »Um so glänzender wird unsere Hochzeitsfeier ausfallen; auch das hat Onkel Leopold bestimmt. Waldwinkel soll wieder die gesellige Stätte werden, die es zu Lebzeiten seines Vaters gewesen ist. Ich werde also Familie Hungold bitten, daß sie am Nachmittag im Schloß erscheint.«

      *

      »Da überstürzen sich also die Ereignisse nur so in unserer allernächsten Nähe, und wir haben keine Ahnung davon«, schmunzelte Papa Hungold, als er die Familie Hellersen im Schloß begrüßte. »So werde ich langsam mit meinen Glückwünschen rausrücken; denn hier muß ja jeder einzeln beglückwünscht werden.«

      Ilsetraut betrat das Zimmer. Sie trug ein Festkleidchen und hielt in der einen Hand


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