Sex Revolts. Simon Reynolds

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Sex Revolts - Simon  Reynolds


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eine trügerische Femme fatale geschrieben, besonders bemerkenswert sind »Black Magic Woman« (mit der berühmten Coverversion von Santana) und »Gold Dust Woman« (von Rumours, 1977). Die Misogynie von letzterem Song wird kaum dadurch gemildert, dass er von einer Frau, Stevie Nicks, gesungen wird. Nicks ist eine passive Erzählerin, die die Qual des Mannes zugleich mit Häme und Sorge beobachtet. Die tödliche »Gold Dust Woman« ist elegant, aber trügerisch, und flutscht dem Mann durch die Finger. Sie ist eine flüchtige Illusion, die das Leben des armen Kerls genauso zertrümmert wie seinen Traum von der Liebe. Die Musik des Songs besteht aus einem schleichenden, unheilkündenden Blues mit einem langsamen Fade-out, wo ausgezehrte Heultöne und Schreie einer hohen männlichen Stimme in einem undurchdringlichen Soundmorast zu verschwinden scheinen. So sehr wurde der Mann von diesem weiblichen Geisterwesen heimgesucht, dass er zu einem Schatten seiner selbst geworden ist.

       MODEL OF PERFECTION

      Noch faszinierter von der Abweichung der Realität vom Ideal waren Roxy Music. Als Kunsthochschulband, die von Andy Warhol und der Pop-Art beeinflusst war, bediente sich die Gruppe um Bryan Ferry der Sprache der Werbung, um den Komplex Heilige/Hure unter dem Gesichtspunkt postmoderner Begrifflichkeiten zu beleuchten. Handlungsort ihrer ersten drei Alben ist ein imaginäres Highlife, in dem authentische Liebe unmöglich ist. »Feminität« hat hier nichts mit einer essenziellen psychologischen oder biologischen Realität zu tun, sondern mit Beiwerk und Kosmetik. Frauen sind die Summe der Produkte, die sie benutzen, und werden behandelt wie Verbrauchsgüter. In »Ladytron« (vom selbstbetitelten Debütalbum, 1972) befindet sich Ferrys »Lounge lizard«-Persona auf der vergeblichen Suche nach einer unmöglichen Idealfrau, deren Perfektion ihn so sehr einschüchtert, dass er sich seine Rache schon im Voraus ausmalt: »I’ll use you and I’ll confuse you / And then I’ll lose you / Still you won’t suspect me«. Es ist das klassische Muster des männlichen Sextäters, dem die Jagd mehr Freude bereitet als die Beute, übersetzt in die Logik des Konsums. »Beauty Queen« (For Your Pleasure, 1973) handelt von einer zum Scheitern verurteilten Affäre zwischen Ferry und einem Starlet. Was die beiden verbindet, ist ihre Obsession für das Oberflächliche, einzig »ein Schönheitsideal« teilen sie miteinander. Für Ferrys Protagonisten vollendet sich im Blick die Liebe: Sie bringt seine »sternenklaren Augen zum Erzittern«. In dieser Welt des Voyeurismus und Exhibitionismus ist eine Verbindung unmöglich und so trennen sich die beiden solipsistischen Möchtegern-Lover, bleiben ein Mysterium füreinander.

      In »Editions of You« sucht Ferry nach einem »Remake/Remodel« (um den Titel eines weiteren Roxy-Songs zu zitieren) des Mädchens, das ihm das Herz gebrochen hat: Die Metaphorik eines klassischen Liebeskummer-Songs – »they only remind me of you« – wird in die Sprache der Massenproduktion übertragen. »In Every Dream Home a Heartache« erzählt die Geschichte eines Mannes, dem seine Besessenheit von einer Sexpuppe zum Verhängnis wird. Das Frauenbild des Songs wandelt sich: Sind Frauen zu Beginn noch ersetzbare Ware, wird schließlich die Ware als Frau dargestellt. Die aufblasbare Puppe kann die Liebe des Protagonisten natürlich nicht erwidern. Ihre makellose Oberfläche ist undurchdringlich. Letzten Endes wird er von seinem eigenen Verlangen nach Makellosigkeit und totaler Kontrolle entmenschlicht, der Playboy ist zum Sklaven jenes Objekts geworden, das sein ideales, ihm stets untergeordnetes Spielzeug sein sollte. Nun muss er ihr dienen. Als die »Affäre« intensiver wird, entfernt er sich »weiter vom Himmel« und nähert sich stattdessen der lebendigen Hölle der Schizophrenie. Er wird für seine eigene Oberflächlichkeit bestraft, als Leibeigener der stillen, strahlenden Oberfläche seines »Einwegschatzes«.

      Auf dem dritten Album Stranded (1974) spielt »Mother of Pearl« mit der Idee von einem Mädchen als wertvollem Edelstein, kommt jedoch schnell zur Erkenntnis, dass glatte Oberflächen raue Inhalte verdecken können. Ferrys Suche nach Liebe in einer »Spiegelwelt« gerinnt zum Zynismus. Am Ende ist das Mädchen »so unglaublich halbedel«: Als Ferrys Charakter verkündet, dass er sie nie gegen ein anderes Mädchen eintauschen würde, versteckt sich beißender Sarkasmus hinter dem Wort »eintauschen«. Die Illusion der Einzigartigkeit wird von einer bitteren Erkenntnis ersetzt: Auf dem sexuellen Markt sind alle austauschbar.

       LADYKILLERS

      Manchmal gibt es eine viel brutalere Lösung für die Kluft zwischen Schein und Wirklichkeit, von der Roxy Music heimgesucht wurden: Mord, die Vernichtung der Ungewissheit, die in der Realität steckt und deren Wandelbarkeit die Illusion zu zerschmettern droht, auf die Liebende angewiesen sind.

      Ironischerweise scheint Cave sich durch einen intensiven Sinn für die Verletzbarkeit des weiblichen Geschlechts an das Thema des Mädchenmords herangetastet zu haben. »She’s Hit«, der Opener des Birthday-Party-Albums Junkyard (1982), ist ein Blues-Klagelied für all die ermordeten Mädchen der Welt. Da Cave die Bilder von verstümmelten Mordopfern und »blutenden« Röcken beklagt, scheint ihn die Möglichkeit, dass Frauen wieder zu bloßem Fleisch, zu einer »Frauen-Pastete« werden, stark zu verstören. Für Cave stehen Frauen in einer intimen Beziehung zum Tod, vielleicht aufgrund ihrer Zeugungsfähigkeit. Unter seiner Trauer versteckt sich eine seltsame Abneigung, ein Gefühl, verraten worden zu sein. Am besten lässt


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