Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz


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gehen Sie doch nicht,« warf Zych aus Zgorzelic ein.

       »Als ob ich gesagt hätte, sie überträfen diese! Ein liebevolleres Wesen als Jagienka ist ja kaum zu finden!«

       »Ich sage auch nichts gegen Zbyszko. Der spannt doch die Armbrust ohne Kurbel.«

       »Und den Bären hat er allein erlegt. Wißt Ihr aber auch auf welche Weise? Er spaltete ihm mit einem einzigen Hieb den Kopf.«

       »Den Kopf spaltete er ihm wohl, doch getötet hat er ihn nicht allein. Jagienka kam ihm dabei zu Hilfe.«

       »Sie half ihm? ... davon sagte er mir ja nichts.«

       »Weil er es ihr versprach ... denn das Mädchen schämte sich, weil sie des Nachts in den Wald gegangen ist. Andere hätten Ausflüchte ersonnen, sie aber kann die Wahrheit nicht verschweigen. Ernst gesprochen, es wäre mir nicht lieb, wenn das jemand wüßte ... Ich wollte sie auch schelten, allein sie sprach also: Ich kann allein mein Kränzlein hüten, das ja auch Ihr, Väterchen, zu behüten sucht. Fürchtet nichts, Zbyszko weiß, was er seiner Ehre als Ritter schuldig ist.«

       »Das ist gewiß. Doch heute sind sie wieder zusammen gegangen.«

       »Aber sie kehren gegen Abend zurück. Des Nachts jedoch, da ist der Teufel los und in der Dunkelheit ist ein Mädchen leichter zu bethören.«

       Macko schwieg eine Weile nachdenklich, dann sagte er wie zu sich selbst: »Und bei alledem sehen sie sich gern.«

       »Freilich! Wenn er sich nur nicht einer andern angelobt hätte!«

       »Ach, Ihr wißt doch, das ist ritterliche Sitte ... Wer in der Jugend nicht seine Herrin hat, den betrachten die andern als einen einfältigen Tropf. Er gelobte ihr drei Pfauenbüsche, und die muß er sich erobern, denn das erfordert seine ritterliche Ehre. Auch dem Lichtenstein muß er sich stellen, von den andern Gelöbnissen kann ihn der Abt entbinden.«

       »An einem der nächsten Tage trifft der Abt hier ein,« bemerkte Zych.

       »Glaubt Ihr?« fragte Macko, dann hub er von neuem an: »Uebrigens, was nützt ihm ein Gelöbnis, da Jurand ihm geradeheraus sagte, er gebe ihm das Mädchen nicht! Ob er sie einem andern versprochen hat, ob er sie dem Dienste Gottes weihen will, das weiß ich nicht – daß er sie ihm aber nicht gebe, das sagte er geradeheraus ...«

       »Von mir hörtet Ihr aber doch schon,« warf jetzt Zych ein, »daß der Abt Jagienka wie sein eigenes Kind liebt. Jüngsthin hat er so zu ihr gesprochen: ›Blutsverwandte habe ich nur von mütterlicher Seite, aber von dem Erbe wird mehr für Dich herauskommen, als für sie‹.«

       Daraufhin schaute Macko unruhig, ja mißtrauisch auf Zych und bemerkte gleich darauf: »Unsere Beeinträchtigung werdet Ihr doch nicht wollen ...«

       »Auf Jagienka geht Moczydoly über!« erklärte Zych beschwichtigend.

       »Sofort?«

       »Wenn es sein muß, sofort. Einer andern würde ich es nicht überlassen, aber ihr übergebe ich es gern.«

       »Bogdaniec gehört zur Hälfte Zbyszko, und so mir der Herr die Gesundheit wiederschenkt, werde ich das Gut bewirtschaften, daß es sich sehen lassen kann. Gefällt Euch Zbyszko?«

       Auf diese Frage hin blinzelte Zych lustig mit den Augen und bemerkte: »Schlimm genug ist's, daß Jagienka sich sofort abwendet, sobald irgend jemand von ihm spricht.«

       »Und wenn Ihr von einem andern redet?«

       »Ich darf nur einen andern erwähnen, dann kehrt sie sich sofort um und fragt: ›Was habt Ihr gesagt‹?«

       »Ei, da seht Ihr nun! Gebe Gott, daß er um dieses Mädchens willen die andere vergesse. Ich bin doch alt, aber mir fiele das nicht schwer ... Nehmt Ihr noch einen Trunk Met?«

       »Ja, schenkt nur ein.«

       »Nun, was den Abt anbetrifft ... das ist ein einsichtsvoller Mensch! Auch unter den Aebten giebt es, wie Ihr wißt, ganz weltliche Leute, aber wenn er auch nicht immer bei den Mönchen sitzt, ist er doch ein Geistlicher, und ein Priester weiß stets besseren Rat als ein gewöhnlicher Mensch zu erteilen, denn er kennt die Schrift und ist mit dem heiligen Geist vertraut. Daß Ihr dem Mädchen Moczydoly sofort überlassen würdet, da habt Ihr recht. Wenn mir aber der Herr Jesus die Gesundheit wiederverleiht, werde ich dem Wilk aus Brzozowa so viele Freibauern abspenstig machen, als ich kann. Auf Weihnachten mögen sie sich bei Wilk empfehlen und zu mir kommen. Oder steht ihnen das nicht frei? Mit der Zeit baue ich dann die Burg in Bogdaniec wieder neu auf; ein stattliches Kastell aus Eichenholz soll erstehen, ringsum von Gräben umzogen ... Zbyszko und Jagienka mögen vorläufig mit einander auf die Jagd gehen ... Meiner Ansicht nach läßt der Schnee nicht mehr lange auf sich warten ... So gewöhnen sie sich aneinander – und sicherlich wird der Bursche die andere vergessen. Ja, ja, sie sollen miteinander jagen. Doch weshalb noch lange hin- und herreden! Würdet Ihr ihm Jagienka geben oder nicht?«

       »Ich würde sie ihm geben. Längst haben wir uns doch schon darüber geeinigt, daß die beiden zusammengehören, daß Moczydoly und Bogdaniec einmal auf die Enkelchen übergehen.«

       »Hagel!« rief Macko fröhlich. »Gott gebe, daß sie sich wie Hagel vermehren. Der Abt wird sie uns taufen.«

       »Wenn er nur damit fertig wird!« scherzte Zych in lustigem Tone. »So fröhlich habe ich Euch aber schon lange nicht mehr gesehen.«

       »Weil mir das Herz vor Freude hüpft ... Von der Eisenspitze bin ich befreit, und was Zbyszko anbelangt, an dem wird nichts scheitern. Gestern, als Jagienka zu Pferde stieg, seht Ihr, da hub ein Sturm an ... Und ich sagte zu Zbyszko: ›Was thust Du nun‹? Sofort aber zäumte er sein Roß. Außerdem habe ich auch wohl bemerkt, daß sie anfänglich nur wenig miteinander sprachen, jetzt aber verdrehen sie sich fast die Hälse, so viel schwatzen sie. Es wird schon werden ... es wird schon werden! ... Doch Ihr trinkt ja nicht!«

       »Ich nehme noch einen Schluck!«

       »Auf das Wohl von Zbyszko und Jagienka!«

      Achtes Kapitel.

      Der alte Edelmann täuschte sich nicht, als er behauptete, Zbyszko und Jagienka seien gern zusammen. Doch nicht nur das, eines sehnte sich sogar nach dem andern. Unter dem Vorwande, den kranken Macko zu besuchen, stellte sich Jagienka, entweder mit dem Vater oder allein, immer häufiger in Bogdaniec ein, während Zbyszko zu jeder Zeit, selbstverständlich aus Dankbarkeit, Zgorzelic heimsuchte. Mit jedem kommenden Tag entwickelte sich daher zwischen ihnen ein traulicherer Verkehr, eine innigere Freundschaft. Der junge, wunderbar schöne Zbyszko flößte aber auch dem Mägdlein große Bewunderung ein, und wenn sie ihn mit einem Cztan aus Rogow oder mit einem Wilk aus Brzozowa verglich, ihn, der sich nicht nur schon im Kriege hervorgethan, an ritterlichen Spielen teilgenommen hatte, sondern auch in den königlichen Gemächern sich zu bewegen wußte, da dünkte ihr, er sei der wahre höfische Ritter, er stehe keinem Königssohne nach. Zbyszko seinerseits wurde stets aufs neue durch die herrliche, kraftstrotzende Erscheinung Jagienkas in Staunen versetzt. Wohl dachte er in Treuen an Danusia, jedesmal aber, wenn er unverhofft, sei es im Walde, sei es im Hause, mit jener zusammentraf, sagte er sich unwillkürlich: »Hei, sie ist wie eine junge Hindin.« Hielt er sie aber gar in den Armen, um sie auf das Pferd zu heben, so ergriff ihn eine plötzliche Unruhe, ein Rieseln lief ihm durch alle Glieder, um dann einer Mattigkeit Platz zu machen, die ihn wie der Schlaf lähmte.

       Die von Natur sehr stolze Jagienka, die stets nur dazu bereit war, zu spotten und zu lachen und mit jedem anzubinden, ward dem schönen Jüngling gegenüber immer demütiger, ja, sie las ihm alle seine Wünsche an den Augen ab. Wie dankbar erkannte er aber auch dies an! Das Zusammensein mit ihr ward ihm immer mehr zum Bedürfnis.

       Wohlgemut schickten sie sich zur Biberjagd


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