So Gut Wie Vorüber. Блейк Пирс
Читать онлайн книгу.das würde nicht funktionieren – viel zu direkt. Sie wollte nicht feindselig rüberkommen und brauchte deshalb einen sanfteren Ansatz. Einen, der Margot nicht noch feindlicher stimmen würde.
„Ist der Morgen heute nicht wunderschön?“
Ja, das war ein guter Anfang, mit dem sie der Unterhaltung eine positive Richtung geben konnte. Von dort würde sie langsam auf das eigentliche Thema übergehen.
„Ich weiß, dass ich mich letzte Nacht zu spät um Ella gekümmert habe. Ich habe ihr Weinen nicht gehört. Nächstes Mal werde ich meine Schlafzimmertür offenstehen lassen. Allerdings würde ich gerne einige Hausregeln besprechen, die beinhalten, wie wir uns untereinander verhalten und wann Verwarnungen ausgeteilt werden. Ich möchte sichergehen, gute Arbeit zu leisten.“
Cassie räusperte sich nervös und legte die Gabel nieder.
Doch gerade als sie den Mund aufmachen wollte, faltete Pierre seine Tageszeitung zusammen und stand gemeinsam mit Margot auf.
„Habt einen angenehmen Tag, Kinder“, sagte Pierre, als sie den Raum verließen.
Cassie starrte ihnen verwirrt hinterher. Sie hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte. Man hatte ihr gesagt, dass die Kinder um acht Uhr bereit sein mussten – aber bereit für was?
Es war vermutlich am besten, Pierre nachzugehen und ihn zu fragen. Sie begab sich zur Tür, doch als sie sie erreichte, stieß sie beinahe mit einer lächelnden Frau zusammen, die Personaluniform trug und ein Essenstablett in der Hand hielt.
„Ah – ups. Hier. Gerettet.“ Sie stabilisierte das Tablett und schob die Schinkenscheiben zurück an ihren Ort. „Du bist das neue Au-Pair, oder? Ich bin Marnie, die Hauswirtschafterin.“
„Schön, dich kennenzulernen“, sagte Cassie und realisierte, dass sie die erste lächelnde Person war, der sie heute bereits begegnet war. Nachdem sie sich vorgestellt hatte, fragte sie: „Ich wollte gerade Pierre fragen, was die Kinder heute vorhaben.“
„Zu spät. Er ist bestimmt bereits weg, sie waren direkt auf dem Weg zum Wagen. Hat er keine Anweisungen hinterlassen?“
„Nein. Nichts.“
Nachdem Marnie das Tablett abgestellt hatte, gab Cassie Marc mehr Käse und nahm sich selbst Toast, Schinken und ein hartgekochtes Ei, um ihren Hunger zu stillen. Ella weigerte sich, den Essensberg auf ihrem Teller aufzuessen und schob ihn lediglich verdrießlich mit der Gabel hin und her.
„Vielleicht kannst du die Kinder selbst fragen“, schlug Marnie vor. „Antoinette wird wissen, ob etwas arrangiert wurde. Ich würde allerdings dazu raten, sie erst nach ihrer Klavierübung zu fragen. Sie mag es nicht, wenn ihre Konzentration gestört wird.“
War es ihre Imagination oder hatte Marnie bei diesen Worten die Augen verdreht? Ermutigt fragte Cassie sich, ob sie wohl Freunde werden könnten. In diesem Haus brauchte sie eine Alliierte.
Aber fürs erste war keine Zeit, um Freundschaften zu schließen. Marnie war offensichtlich in Eile. Sie sammelte leere Teller und dreckige Tabletts ein, während sie Cassie fragte, ob mit ihrem Zimmer alles in Ordnung gewesen sei. Cassie erklärte schnell ihre Probleme und nachdem sie versprochen hatte, die Laken zu wechseln und die Glühbirne noch vor dem Mittagessen auszutauschen, verließ die Hauswirtschafterin das Zimmer.
Die Klaviermusik war verstummt, also begab sich Cassie zum Musikraum in der Nähe des Flures.
Antoinette packte gerade die Notenblätter zusammen. Sie drehte sich um und sah Cassie misstrauisch an, als sie das Zimmer betrat. Sie trug ein makelloses, königsblaues Kleid. Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und ihre Schuhe glänzten.
„Du siehst wunderhübsch aus, Antoinette. Die Farbe des Kleides steht dir ausgezeichnet“, sagte Cassie und hoffte, sich mit den Komplimenten bei dem ablehnenden Mädchen beliebt zu machen. „Hast du für heute irgendetwas geplant? Aktivitäten oder etwas anderes?“
Antoinette dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf.
„Heute nicht“, sagte sie entschieden.
„Und Marc oder Ella? Haben die beiden etwas vor?“
„Nein. Morgen hat Marc Fußballtraining.“ Antoinette schloss den Klavierdeckel.
„Gibt es etwas, was du heute gerne machen würdest?“ Vielleicht würde es ihrer Beziehung helfen, Antoinette die Wahl zu überlassen.
„Wir könnten im Wald spazieren gehen. Das machen wir alle gerne.“
„Wo ist der Wald?“
„Etwa zwei oder drei Kilometer an der Straße entlang.“ Das dunkelhaarige Mädchen machte einige vagen Handbewegungen. „Wir können sofort losgehen. Ich kann dir den Weg zeigen, ich muss mich nur kurz umziehen.“
Cassie hatte angenommen, dass sich der Wald auf dem Anwesen befand und war von Antoinettes Antwort überrascht. Aber ein Spaziergang im Wald – das klang nach einer netten und gesunden Outdooraktivität. Cassie war sich sicher, dass Pierre damit einverstanden wäre.
*
Zwanzig Minuten später waren sie bereit, loszugehen. Cassie sah auf dem Weg nach unten in jedes Zimmer hinein und hoffte, Marnie oder ein anderes Mitglied des Personals zu treffen, um ihnen zu sagen, wohin sie gingen.
Sie entdeckte niemanden und hatte auch keine Ahnung, wo sie suchen sollte. Antoinette war ungeduldig und sprang vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen. Cassie entschied sich, dass es wichtiger war, ihrer guten Laune zu folgen, vor allem, weil sie ja nicht vorhatten, lange wegzubleiben. Sie verließen die Kieseinfahrt und Antoinette ging voraus.
Hinter einem großen Eichenbaum sah Cassie fünf Ställe, die sie bereits am Vortag entdeckt hatte. Sie ging näher, um sie sich genauer anzusehen und sah, dass sie leer und dunkel waren; die Stalltüren standen offen. Die Koppel war ebenfalls nicht belegt und die Holzlatten teilweise zerbrochen. Das Tor hing aus den Angeln und das Gras wuchs lang und wild.
„Habt ihr hier Pferde?“, fragte sie Antoinette.
„Vor vielen Jahren hatten wir mal welche, aber die gibt es schon lange nicht mehr“, antwortete sie. „Keiner von uns reitet mehr.“
Cassie starrte die verlassenen Ställe an, während sie diese Nachricht verdaute.
Maureen hatte ihr falsche und extremst veraltete Informationen gegeben.
Die Pferde hatten in ihrer Entscheidung, herzukommen, eine große Rolle gespielt. Sie waren ein Anreiz gewesen – der Ort war ihr aufgrund der Tiere besser, ansprechender und lebendiger erschienen. Aber es gab sie schon lange nicht mehr.
Während dem Bewerbungsgespräch hatte Maureen behauptet, sie könne hier reiten lernen. Warum hatte sie die Sachlage falsch dargestellt? Welche Lügen hatte sie ihr sonst noch erzählt?
„Komm schon!“, Antoinette zupfte ungeduldig an ihrem Ärmel. „Wir müssen los!“
Als Cassie sich wegdrehte, fiel ihr ein, dass Maureen keinen Grund gehabt hatte, ihr falsche Informationen zu geben. Ihre übrigen Beschreibungen bezüglich des Hauses und der Familie waren relativ zutreffend gewesen und als Agentin konnte sie lediglich die Fakten weitergeben, die ihr präsentiert worden waren.
Dann muss es Pierre gewesen sein, der gelogen hatte. Und ihr wurde klar, dass das noch problematischer war.
Sobald sie die Biegung hinter sich gelassen hatten und das Schloss außer Sichtweite war, verlangsamte Antoinette ihren Schritt. Keine Sekunde zu früh für Ella, die sich beschwerte, dass ihre Füße wehtaten.
„Hör auf zu jammern“, sagte Antoinette. „Papa sagt immer, du darfst nicht jammern.“
Cassie hob Ella hoch und trug sie, doch sie schien bei jedem Schritt schwerer zu werden. Sie trug bereits einen Rucksack mit den Jacken der Kinder und ihre