Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Jaroslav Hašek

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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk - Jaroslav Hašek


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gehalten und is, statt ihn zu schmelzen, mit diesem Kelch zum Herrn Pfarrer gegangen, daß er ihn herich der Kirche schenken will. Und der Herr Pfarrer hat geglaubt, daß sich in ihm Gewissensbisse geregt ham, hat um den Bürgermeister geschickt, der Bürgermeister um die Gendarmen, und er is unschuldig wegen Kirchenraub verurteilt worn, weil er immerfort was von einem Wunder gequatscht hat. Er hat sich retten wolln und hat auch was von einem Engel erzählt und hat auch die Jungfrau Maria hinein verwickelt und hat zehn Jahre gekriegt. Am besten machen Sie, wenn Sie mit uns zum hiesigen Pfarrer gehn, damit er uns das ärarische Eigentum zurückgibt. Ein Feldaltar is keine Katze oder Fußsocke, die Sie schenken können, wem Sie wolln.«

      Der alte Herr zitterte am ganzen Leib, und während er sich ankleidete, klapperte er mit den Zähnen: »Ich hab wirklich nichts Böses oder Schlechtes im Sinn gehabt und bezweckt. Ich hab angenommen, daß ich durch so eine Fügung Gottes der Ausschmückung unserer armen Kirche des Herrn in Wrschowitz dienen kann.«

      »Auf Kosten des Militär-Ärars, versteht sich«, sagte Schwejk hart und scharf. »Gott behüte einen vor so einer Fügung Gottes. Ein gewisser Pivo9ka aus Chotĕboř hat es auch mal für Gottes Fügung gehalten, wie ihm ein Halfter mit einer fremden Kuh in die Hand gerutscht is.«

      Der bedauernswerte alte Herr war durch diese Reden ganz verwirrt und ließ ganz davon ab, sich zu verteidigen; er war bestrebt, sich so rasch wie möglich anzukleiden und die ganze Angelegenheit zu erledigen.

      Der Wrschowitzer Pfarrer schlief noch; von dem Lärm geweckt, fing er an zu schimpfen, denn in der Schlaftrunkenheit dachte er, er solle jemanden versehen.

      »Sie könnten auch schon Ruh geben mit der letzten Ölung«, brummte er, indem er sich unfreundlich ankleidete, »müssen die Leute grad sterben, wenn man im besten Schlaf ist. Und dann kann man sich mit ihnen noch ums Geld herumschlagen.«

      Im Vorzimmer trafen sie zusammen. Er, der Vertreter Gottes bei den Wrschowitzer Zivil-Katholiken, und der andere, der Vertreter Gottes auf Erden beim Militär-Ärar.

      Eigentlich war es jedoch der Zwist zwischen einem Zivilisten und einem Soldaten.

      Behauptete der Pfarrer, ein Feldaltar gehöre nicht ins Kanapee, so äußerte der Feldkurat, er gehöre um so weniger aus dem Kanapee in die Sakristei einer Kirche, die von lauter Zivilisten besucht werde.

      Schwejk machte dabei verschiedene Bemerkungen, es sei leicht, eine arme Kirche auf Kosten des Militär-Ärars zu bereichern. »Arm«, sagte er, »in Anführungszeichen.«

      Zum Schluß gingen sie in die Sakristei der Kirche, und der Pfarrer folgte den Feldaltar gegen folgende Bestätigung aus:

      Bestätige den Empfang eines Feldaltars, der durch einen Zufall in die Wrschowitzer Kirche geraten ist.

      Feldkurat Otto Katz.

      Der glorreiche Feldaltar stammte von der jüdischen Firma Moritz Mahler in Wien, die alle erdenklichen Meßgeräte und religiösen Requisiten, wie Rosenkränze und Heiligenbilder, erzeugte.

      Der Altar bestand aus drei Teilen, die reich mit einer falschen Vergoldung versehen waren wie der ganze Ruhm der Heiligen Kirche.

      Es war auch ohne Phantasie nicht möglich, festzustellen, was die auf diese drei Teile gemalten Bilder eigentlich darstellten. Sicher ist, daß es ein Altar war, den ebensogut die Heiden auf Sambesi oder die Schamanen der Burjaten und Mongolen hätten benützen können.

      Mit schreienden Farben versehen, sah er von weitem aus wie eine bunte Tafel, die für die Prüfung der Daltonisten2 auf der Eisenbahn bestimmt ist.

      Nur eine Gestalt trat hervor. Irgendein nackter Mensch mit einem Heiligenschein und grünlich angehauchtem Körper wie der Steiß einer Gans, die schon stinkt und sich in Verwesung befindet.

      Diesem Heiligen tat niemand etwas zuleide. Im Gegenteil, zu seinen beiden Seiten befanden sich zwei beflügelte Wesen, die Engel vorstellen sollten. Aber der Beschauer hatte den Eindruck, daß der heilige nackte Mann aufbrüllte vor Entsetzen über diese Gesellschaft, die ihn umgab. Die Engel sahen nämlich aus wie Ungetüme aus einem Märchen, ein Mittelding zwischen einer beflügelten wilden Katze und einem apokalyptischen Ungeheuer.

      Das Gegenstück zu diesem Heiligen war ein Bild, das die göttliche Dreifaltigkeit veranschaulichen sollte. An der Taube hatte der Maler im großen ganzen nichts verderben können. Er hatte einen Vogel aufgemalt, der ebensogut eine Taube wie ein weißes Perlhuhn sein konnte.

      Dafür jedoch sah Gottvater aus wie ein Räuber aus dem wilden Westen, den ein blutdürstiger Film dem Publikum vorführt.

      Der Sohn Gottes dagegen war ein lustiger junger Mann mit einem hübschen Bäuchlein, das mit etwas verhüllt war, das wie Schwimmhosen aussah. Im ganzen machte er den Eindruck eines Sportsmanns. Das Kreuz, das er in den Händen hatte, hielt er mit einer solchen Eleganz, als wärs ein Tennisracket.

      Von weitem jedoch verschmolz das alles und erweckte den Eindruck, als führe ein Zug in einen Bahnhof ein. Aus dem dritten Bild war überhaupt nicht zu entnehmen, was es vorstellen sollte.

      Die Soldaten stritten immer darüber und versuchten den Rebus zu lösen. Mancher dachte sogar, daß es eine Landschaft der Sázava sei.

      Es befand sich jedoch darunter die Inschrift: »Heilige Maria, Mutter Gottes, erbarme dich unser.«

      Den Feldaltar lud Schwejk glücklich in die Droschke; er selbst setzte sich zum Kutscher auf den Bock, der Feldkurat legte seine Füße in der Droschke bequem auf die Dreifaltigkeit Gottes.

      Schwejk unterhielt sich mit dem Droschkenkutscher über den Krieg.

      Der Droschkenkutscher war ein Rebellant. Er machte verschiedene Bemerkungen über den Sieg der österreichischen Waffen, wie: »Die hams euch in Serbien gegeben«, und ähnliches. Als sie zur Verzehrungssteuerlinie kamen, fragte man sie, was sie mitführten.

      Schwejk antwortete: »Die Dreifaltigkeit Gottes und die Jungfrau Maria mit dem Feldkuraten.«

      Auf dem Exerzierplatz warteten inzwischen ungeduldig die Marschkompanien.

      Und sie warteten lange. Denn man mußte noch um den Sportpokal zu Oberleutnant Witinger fahren und dann um die Monstranz, um das Ziborium und andere Meßgeräte, einschließlich einer Flasche Meßwein, die man im Kloster von Břevnov holte. Woraus ersichtlich ist, daß es nicht so einfach ist, eine Feldmesse zu zelebrieren.

      »Irgendwie wirds halt schon gehn«, sagte Schwejk zu dem Droschkenkutscher.

      Und er hatte recht. Als sie nämlich auf dem Exerzierplatz vor dem Podium mit den hölzernen Seitenwänden und dem Tisch angelangt waren, auf dem der Feldaltar aufgestellt werden sollte, zeigte es sich, daß der Feldkurat den Ministranten vergessen hatte.

      Früher hatte ihm immer ein Infanterist ministriert, der sich jedoch lieber zum Telefon hatte versetzen lassen und an die Front abgegangen war.

      »Das macht nichts, Herr Feldkurat«, sagte Schwejk, »ich brings auch zuweg.«

      »Und können Sie ministrieren?«

      »Ich habs nie gemacht«, antwortete Schwejk, »aber probieren kann man alles. Heut is Krieg, und im Krieg machen die Leute Sachen, die sie sich früher nich mal ham träumen lassen. So ein dummes ›Et cum spiritu tuo‹3 auf Ihr ›Dominus vobiscum‹4 bring ich auch zusamm. Und dann denk ich, daß das nicht so schwer sein kann, um Sie herumzugehn wie die Katze um den Brei. Und Ihnen die Hände zu waschen und aus den Kannen Wein einzugießen.«

      »Gut«, sagte der Feldkurat, »aber gießen Sie mir kein Wasser ein. Gießen Sie lieber in die zweite Kanne auch gleich Wein ein. Übrigens werde ich Ihnen immer ein Zeichen geben, ob Sie nach rechts oder nach links gehn sollen. Wenn ich einmal leise pfeife, bedeutet es rechts, zweimal links. Mit dem Meßbuch müssen Sie sich auch nicht sehr schleppen. Übrigens, das Ganze ist ein Jux. Haben Sie nicht Trema?«

      »Ich fürcht mich vor nichts, Herr Feldkurat, nicht mal vorm Ministrieren.«

      Der Feldkurat hatte recht, wenn er


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