Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      Die Sennerin saß vor der Hütte unter dem Vordach und hatte gerade Bohnen für den Mittagstisch geschnitten. Jetzt legte sie das Messer aus der Hand und ging auf die Frau zu.

      »Ist etwas passiert?« fragte sie. »Kann ich Ihnen helfen?«

      Die junge Frau schluchzte auf. Maria legte tröstend den Arm um sie und führte sie zu der Holzbank, auf der sie selber gesessen hatte.

      »Kommen Sie, setzen Sie sich«, sagte sie fürsorglich. »Warten Sie einen Moment und beruhigen Sie sich, dann erzählen Sie mir, was geschehen ist.«

      Die Frau schluchzte auf und holte ein Taschentuch hervor. Sie wischte sich die Tränen ab.

      »Danke«, flüsterte sie. »Es… es geht schon wieder.«

      »Wollen Sie mir nicht sagen, was Sie bedrückt? Hat es einen Unfall gegeben? Ist jemand verletzt?«

      Das Madel schüttelte den Kopf.

      »Nein, kein Unfall.«

      »Also privater Kummer?«

      Ein Kopfnicken war die Antwort.

      »Ja, darum bin ich hergekommen. Damit der Christel net das gleiche geschieht wie mir.«

      Maria Hornhauser faßte sich erschrocken ans Herz, als sie den Namen ihrer Tochter hörte.

      »Christel? Was meinen Sie? Was soll meiner Tochter net geschehen?«

      Die junge Frau sah die Sennerin aus traurigen Augen an.

      »Ich heiße Lore Inzinger und war… bis vor ein paar Tagen die… die Verlobte von Tobias Hofer«, sagte sie mit leiser, stockender Stimme. »Bis zu jenem Tag, an dem mein Verlobter Ihre Tochter kennenlernte.«

      »Ja, aber…«

      Die Sennerin wußte nicht, was sie sagen sollte.

      »Hat Herr Hofer denn die Verlobung gelöst?« wollte sie wissen.

      Lore nickte und griff sich an den Leib.

      »Ja, von heute auf morgen. Ohne mir einen Grund zu nennen. Obwohl…«

      Sie schluchzte erneut auf.

      »Obwohl ich… sein Kind…«

      Sie brach ab und senkte den Kopf. Maria Hornhauser war entsetzt.

      »Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, damit es der Christel net so ergeht, wie mir«, sagte Lore.

      Die Sennerin schlug die Hände zusammen. Das hätte sie nicht für möglich gehalten. Dabei hatte der junge Mann doch solch einen netten Eindruck gemacht!

      Christel mußte unbedingt vor diesem Taugenichts gewarnt werden. Wenn es nur nicht – o Gott behüte –, wenn es nur noch net zu spät war…!

      »Wären Sie so nett, mich mit hinunter ins Tal zu nehmen?« fragte sie. »Ich muß sofort zu meiner Tochter.«

      »Aber natürlich«, flötete Lore und freute sich diebisch. Die böse Saat, die sie gelegt hatte, schien aufzugehen.

      *

      Christel schaute ungläubig, als ihre Mutter in der Tür stand.

      »Mama, wo kommst du denn her? Ist etwas passiert?« fragte sie.

      »Ich hoffe nicht«, antwortete ihre Mutter. »Wo ist Tante Kathie?«

      »Ich glaub’, noch in der Messe. Aber nun sag’ doch endlich, warum bist du von der Alm heruntergekommen?«

      Sie setzten sich in das kleine, gemütlich eingerichtete Wohnzimmer. Maria erzählte von Lores Besuch auf der Jenner-Alm, und je mehr sie sagte, um so entsetzter wurde Christels Gesicht.

      »Mama, sag’, daß das net wahr ist«, flüsterte sie. »Das kann doch net sein.«

      Sie schaute ihre Mutter aus tränenverschleierten Augen an.

      »Sein Kind, sagst du…?«

      Maria Hornhauser strich ihrer Tochter tröstend über den Haarschopf.

      »Komm, Madel, laß uns heimgehen«, sagte sie.

      Christel nickte stumm. Dann stand sie auf.

      »Ich hol’ nur meine Tasche und schreib’ der Tante einen Zettel, damit sie Bescheid weiß.«

      »Ist gut, Madel.«

      Früher hatte ihr der Fußweg vom Dorf hinauf zur Alm nichts ausgemacht, doch heute fiel ihr jeder Schritt so unendlich schwer. Eigentlich hätte Tobias sie am Abend nach Hause fahren sollen, wenn sie den Nachmittag zusammen verbracht hatten. So war es jedenfalls geplant gewesen. Doch daraus würde nun nichts mehr werden.

      Tobias, warum hast du mir das angetan? dachte Christel in stummer Verzweiflung. Warum hast du mich nur so belogen? Lügen sind es doch gewesen, wenn du mir sagtest, daß du mich liebst. Und eine andere trägt dein Kind unter ihrem Herzen!

      Nie, niemals würde sie ihn wiedersehen wollen, auch wenn ihr das Herz dabei zerbrach.

      Oben auf der Alm verschwand sie in ihrem Zimmer, warf sich auf das Bett und weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.

      *

      Tobias Hofer verstand die Welt nicht mehr. Völlig ratlos stand er vor dem Haus, das Christels Tante bewohnte, und überlegte, was er jetzt tun sollte.

      Wie es verabredet war, wollte er das Madel am Nachmittag abholen. Am Abend vorher hatten sie sich überlegt, eine kleine Ausfahrt zu unternehmen. Christel, die beinahe das ganze Jahr droben auf der Alm zubrachte, hatte sich darauf gefreut, mal etwas anderes zu sehen.

      »Tut mir leid, Herr Hofer, mehr kann ich Ihnen auch net sagen.«

      Tante Kathie hob ratlos die Arme.

      »Auf dem Zettel stand nur, daß das Madel zurück auf die Alm ist.«

      »Und sonst nichts? Keine Nachricht für mich?«

      Die Frau schüttelte bedauernd den Kopf.

      »Ja, also…, dann vielen Dank auch.«

      Tobias drehte sich um und ging mit gesenktem Kopf zu seinem Wagen zurück.

      Was war nur in das Madel gefahren? Voller Glück und Freude auf den nächsten Tag, hatten sie sich gestern abend getrennt. Tobias erinnerte sich an den zärtlichen Kuß, den Christel ihm noch zum Abschied gab.

      Schon ganz früh hatte er heute morgen seine Arbeit auf dem Leitnerhof begonnen, nur um rechtzeitig fertig zu sein, und noch nie war sie ihm so leicht von der Hand gegangen.

      Da stimmte etwas nicht! Soviel stand für Tobias fest, und er war gewillt, es herauszufinden. Ohne weiter zu zögern, fuhr er los. Sein Ziel war die Jenner-Alm.

      Maria Hornhauser eilte hinaus, als sie Tobias’ Wagen erkannte. Der junge Mann hielt, öffnete die Tür und stürzte heraus.

      »Frau Hornhauer, was ist denn los?« fragte er aufgeregt. »Ich verstehe das net. Warum ist die Christel denn net unten im Tal geblieben? Wir waren doch verabredet.«

      Die Sennerin maß ihn mit einem Blick, daß es Tobias ganz unbehaglich wurde – obwohl er sich keiner Schuld bewußt war.

      »Was los ist?« sagte Maria. »Das, Herr Hofer, sollten Sie sich besser selbst fragen. Bitte gehen S’. Sie haben schon genug Unglück angerichtet.«

      »Aber, wovon reden Sie denn, Frau Hornhauser? Ich weiß gar net, was Sie meinen. Bitte, lassen Sie mich mit Christel sprechen. Das muß alles ein schreckliches Mißverständnis sein.«

      »Die Christel wird net mit Ihnen reden. Sie will Sie nie wiedersehen.«

      Tobias’ Augen weiteten sich vor Entsetzen.

      »Hat sie…, hat sie das wirklich gesagt?«

      »Ja. Und jetzt fahren Sie endlich!«

      Ohne ein weiteres Wort stieg der junge Mann in seinen Wagen und fuhr los. Ununterbrochen


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