Leni Behrendt Classic 49 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Classic 49 – Liebesroman - Leni Behrendt


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doch ein Mordmarjellchen. Das wäre so was für uns hier, was, mein Sohn? Schade, daß es so ein Kirchenmäuslein ist.«

      »Was du bloß immer mit dem Geld hast, Vater?« entgegnete der junge Arzt schroffer als es angebracht gewesen wäre. »Geld macht nicht glücklich!«

      »Aber es beruhigt«, kam es pomadig zurück. »Nichts und Nichts macht nämlich Nichts. Mach also keine Dummheiten, mein Junge!«

      »Danach werde ich dich gerade fragen. Dort naht übrigens Reinhilds ›Dummheit‹.«

      »So kann man das gerade nicht bezeichnen.« Der Vater sah schmunzelnd zu einem schmucken Oberförster hin, der sich der Veranda näherte. Ein junger, schneidiger Jägersmann, dessen Anblick die Mädchenherzen hochauf schlagen ließ. Und bei der heißerrötenden Reinhild sprang es sogar vor Freude und Glückseligkeit.

      Mit so einem Schwiegersohn kann man wohl zufrieden sein, dachte der Vater. Und wenn dann die Reinhild gut versorgt ist, kann sich der Hartwig vielleicht den Luxus gestatten, arm zu heiraten. Na, mal sehen.

      Während man im Doktorhaus den willkommenen Gast herzlich begrüßte und sich nebenbei noch in Gedanken mit Holda Rothe beschäftigte, schritt diese über die Heide, die nun vom Abendsonnenglanz überstrahlt war. Da Holda hurtig die Beine geregt hatte, blieb ihr noch so viel Zeit, um ein wenig zu verschnaufen. Sie tat s auf dem Stein, auf dem sie bereits vor sechs Wochen gesessen, ließ sich aufs neue vom Zauber der Heidelandschaft einspinnen.

      Und ausgerechnet mußte s Graf Elchenbrock sein, der Holda aus ihrer Träumerei riß. Wie aus der Erde gewachsen stand er plötzlich vor ihr.

      »Verzeihung«, stammelte sie verwirrt.

      Er winkte ab. »Ich wüßte nicht, was ich zu verzeihen hätte, Fräulein Rothe. Höchstens, wenn Sie um sieben Uhr nicht in Elchheiden sein sollten. So lange haben Sie ja wohl Urlaub.«

      »Den ich rechtmäßig zu beanspruchen habe«, blitzte sie ihn empört an. Merkwürdig, wie sich ihr Trotz beim Anblick des Mannes immer sofort regte.

      »Man hat manches im Leben zu beanspruchen«, kam es hart über die Männerlippen. »Aber danach fragt es leider nicht, mein eigenwilliges Kind.«

      »Nun, jeder macht aus seinem Leben, was er kann«, entgegnete sie aufsässig. »Ich jedenfalls habe vor, mich hindurchzulachen.«

      Damit warf sie den Kopf in den Nacken, schulterte die Laute und ging rasch davon. Kümmerte sich nicht um ihn, der an ihrer Seite blieb. Sollte er merken, daß ihr an seiner Begleitung durchaus nichts lag! Sie lachte, als die beiden größeren Hunde heranstürmten. Es gab ein wirklich freudiges Wiedersehen.

      »Allons!« forderte sie die Vierbeiner dann mutwillig auf, und fort ging’s im fröhlichen Jagen. Der Dackel rannte, daß die Ohren nur so flogen, in langen Sätzen sprang der Jagdhund dahin.

      Und gerade, als das lustige Dreigespann den Gutshof erreichte, holte die Turmuhr aus zu sieben Schlägen. Einige Minuten war es noch Zeit, die Holda damit ausfüllte, in ihr Zimmer zu eilen, die Laute abzulegen, die wirren Haare zu glätten und das heiße Gesicht mit wohlriechendem Wasser zu kühlen. Als der Gong ertönte, betrat sie das Speisezimmer, wo die Hausherrin wie gewöhnlich vor jeder Mahlzeit bereits in ihrem Rollstuhl am gedeckten Tisch saß und ihr freudig entgegensah.

      »Lieb von Ihnen, daß Sie so pünktlich sind, Fräulein Rothe.«

      *

      An den Hügel, unter dem sich so viel Liebes barg, gelangte Holda am andern Tage. Allerdings durch Zufall. Es war ihr zur Gewohnheit geworden, in der Mittagsstunde, während die Herrin ruhte und ihrer nicht bedurfte, einen Spaziergang zu machen und dabei manches Neue kennenzulernen.

      Heute interessierte es sie, woher die langen, mit vier Pferden bespannten Leiterwagen kamen, auf denen sich duftendes Heu türmte. Und als einer der Gutsleute sie neckend aufforderte, einen leeren Wagen zu besteigen, tat sie es fröhlich.

      Fort ging’s durch den Wald, der sich nach einer kurzen Strecke lichtete und den Blick auf weite Felder freigab, zwischen denen sich die Chaussee hinzog. In der Ferne dunkelte Wald, so daß das fruchtbare Land wie in einer geschützten Mulde lag. So weit das Auge reichte, wogende Kornfelder, grüne Weiden, auf denen das Vieh friedlich graste oder Schutz vor der Sonne suchte unter den Bäumen, die den Bach umsäumten. Kartoffel-, Rüben-, Lupinenfelder, alles stand in prächtigem Wuchs.

      An einer Stelle herrschte emsiges Treiben; denn dort war die Heuernte im Gange. Kurz davor bat Holda den Kutscher absteigen zu dürfen, suchte sich ein schattiges Plätzchen unter einer alten Linde und sah von da aus dem Treiben zu. Die Menschen taten ihr leid, die in der brennenden Sonne so schwere Arbeit leisten mußten, die sie als Stadtkind bisher nur vom Hörensagen kannte.

      Jetzt bemerkte sie auch zwei Reiter, die sich zwischen dem Menschenschwarm tummelten. In einem erkannte sie den Grafen. Welch eine prachtvolle Figur er zu Pferd machte, auf dem er mit so lässiger Sicherheit saß, als ruhe er im Klubsessel!

      Reiten können, das war schon immer Holdas Wunschtraum gewesen. Aber eine Gesellschafterin und hoch zu Roß – da würde der Graf sie wohl gehörig in ihre Schranken zurückweisen! Also nicht größenwahnsinnig werden, liebe Holda Rothe, immer hübsch mit beiden Beinen auf dem Erdboden bleiben, wo du hingehörst!

      Sie erhob sich und ging gemächlichen Schrittes den Fahrweg zurück, den sie auf dem Leiterwagen gekommen war. An einer Stelle zweigte ein Fußweg nach rechts ab und führte tiefer in den Wald hinein. Da sie noch Zeit hatte, schlug sie ihn ein, in der Hoffnung, Neues zu entdecken.

      Herrlich, so unter den mächtigen Waldriesen dahinzuschlendern! Mit Behagen atmete sie die würzige Luft, summte ein Liedlein vor sich hin und genoß mit allen Sinnen das Wundersame der Natur.

      Jäh hemmte sie den Schritt und schaute überrascht auf das liebliche Bild. Wieder eine Lichtung, in der sich schmucke kleine Häuser aneinander reihten. Die roten Dächer leuchteten im Sonnenlicht, aus den Schornsteinen stieg heller Rauch kräuselnd zum klarblauen Himmel empor. Hinter den geöffneten Fenstern blähten sich Gardinen, in den geschlossenen spiegelte sich die Sonne wie blitzendes Gold. In den Vorgärten blühten Sommerblumen in herrlicher Buntheit.

      Holda schritt den gut gepflasterten Weg entlang. An dem Gartenzaun eines besonders schmucken Hauses blieb sie stehen und grüßte zu der Frau hin, die einen Weg harkte.

      »Ah, das Fräulein vom Schloß«, sagte die Frau freundlich. »Wollen Sie nicht nähertreten?«

      Holda öffnete die Gartentür und stand gleich darauf vor der stattlichen Dame.

      »Ich bin Holda Rothe.«

      »Und ich die Frau des Oberinspektors Multer«, kam es zurück. »Da wir nun wissen, wer wir sind, steht einem gemütlichen Schwatz nichts im Wege. Wollen wir uns hier auf die Bank setzen?«

      Sie ließen sich auf die weißlackierte Bank vor dem Haus nieder, und Holda schaute mit frohen Augen um sich.

      »Sie haben es wunderschön hier, Frau Multer.«

      »Oh ja, Elchheiden ist ein kleines Paradies. Und da ich Eva heiße, so habe ich das Recht, darin zu weilen.«

      Holda lachte hellauf und sah dabei der Dame in die Augen, in denen es schalkhaft blitzte. Rasch nahm sie das Signalement in sich auf: Frisches, vollwangiges Gesicht, Augen blaugrau, Gestalt groß und etwas über vollschlank, Alter zwischen vierzig und fünfzig. Gesamteindruck: äußerst sympathisch.

      »Wie geht es der Frau Gräfin?« hörte sie nun eine angenehme Stimme neben sich sagen. »Hat sich der Zustand der Bedauernswerten immer noch nicht gebessert?«

      »Ich glaube nicht«, gab Holda zögernd Antwort. »Sie tut mir so schrecklich leid, meine liebe Gräfin.«

      »Mir auch. Überhaupt uns allen hier. Wir wundern uns, daß Frau Gräfin ausgerechnet Sie, Fräulein Holda, zu ihrer Gesellschaft ins Haus genommen hat.«

      »Warum?« fragte das Mädchen erschrocken. »Mache ich denn einen so widerwärtigen Eindruck?«

      »Im Gegenteil«,


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