Toni der Hüttenwirt 253 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt 253 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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tion> Toni der Hüttenwirt – 253 –

      Die alten breiten Dielen waren frisch gebohnert. Sie glänzten fast schwarz im Sonnenschein, der durch das offene Fenster am Ende des langen Flurs schien. Charlottes Eltern, Emil Holzer und seine Frau Monika, standen am offenen Fenster. Sie schauten aus der zweiten Etage des Klosters hinunter in den halboffenen Innenhof. Emil trommelte nervös mit den Fingern einer Hand auf die Fensterbank.

      »Emil, ganz ruhig!«, sagte Monika.

      Sie legte ihre Hand auf die seine und hielt sie fest. Liebevoll lächelte sie ihren Mann an.

      »Mei, bin ich nervös!«, flüsterte er.

      »Ausgesprochen ruhig bin ich auch nicht. Aber ich kann nur noch einmal betonen, dass die Mutter Oberin Justina sehr freundlich am Telefon war, als ich sie anrief. Sie schlug vor, dass wir heute am Samstag herkommen sollten. Dann sei Lotte bestimmt nicht hier und wir würden nicht Gefahr laufen, ihr zu begegnen. Sie ist uns bestimmt wohl gesonnen, Emil.«

      Emil seufzte.

      »In meinem Kopf dreht sich alles, Moni. Ich schäme mich der vielen Fehler, die ich gemacht habe. Und dich und unser Kind habe ich da hineingezogen. Ich wollte, ich könnte die Zeit zurückdrehen, wenigstens, was diesen heiklen Punkt betrifft. Es war Unrecht von mir, mich auf Haralds Seite zu schlagen und mit Vater und Mutter zu brechen.«

      Monika streichelte seine Wange.

      »Emil, ich verstehe dich. Du hast zwischen zwei Stühlen gestanden. Du warst jung und unerfahren und hast deinen älteren Bruder bewundert. Ich mache mir auch Vorwürfe, dass ich deine Entscheidung einfach so hingenommen habe. Wir waren beide jung. Heute würden wir diesen Konflikt bestimmt besser bewältigen.«

      »Das stimmt, Moni. Hinterher ist man immer schlauer.«

      »Jetzt reden wir mit Mutter Justina, dann finden wir bestimmt einiges heraus. Hör auf, dir Gedanken zu machen! Du drehst dich im Kreis, Emil. Warten wir es ab, was sie uns sagen kann, und dann überlegen wir gemeinsam.«

      Emil seufzte wieder.

      »Du hast recht, Moni«, sagte er. Er schaute erneut auf seine Armbanduhr. Die Zeit schien langsamer zu vergehen, als sonst.

      »Gedulde dich, Emil! Die Nonne von der Pforte, die uns heraufgebracht hat, hat sich entschuldigt. Sie sagte, dass die Mutter Oberin uns bittet, einen Augenblick zu warten, weil sie noch ein wichtiges Telefonat führen müsse.«

      In diesem Augenblick ging die große Flügeltür auf. Die Mutter Oberin, die Leiterin des Klosters, dem eine Schule mit Internat und ein Waisenhaus angeschlossen waren, trat heraus.

      »Frau und Herr Holzer, bitte komme Sie herein! Ich hatte einen unerwarteten Anruf aus der bischöflichen Verwaltung. Aber jetzt bin ich ganz für Sie da.«

      Die Holzers begrüßten die Oberin herzlich und bedankten sich, dass sie sich Zeit genommen hatte.

      Drinnen bat Justina das Ehepaar in der Sitzecke für Besprechugen Platz zu nehmen. Der Tisch war gedeckt. Es gab Kaffee und Kuchen. Justina schenkte ein und legte jedem ein Stück Obstkuchen mit Sahne auf den Teller.

      »Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen«, sagte sie. »So sagt man und ich füge hinzu, dass Süßes die Nerven beruhigt. Bitte greifen Sie zu!«

      Emil und Monika nippten an dem Kaffee.

      Oberin Justina ergriff das Wort: »Liebe Frau Holzer, am Telefon haben Sie mich gebeten, ihnen zu sagen, wie Ihre Tochter hinter die Sache gekommen ist. Ich will das mal so ausdrücken.«

      »Hinter meine Lebenslüge!«, verbesserte sie Emil. »Es war eine Lüge. Ich habe Lotte ihren Großvater vorenthalten. Ich habe sie in dem Glauben aufwachsen lassen, dass ich keine lebenden Verwandten hätte. Das ist eine Sünde, der ich mich schuldig gemacht habe.«

      Die Oberin lächelte nachsichtig.

      »Herr Holzer, mir obliegt es nicht, über Ihr Verhalten zu urteilen. Das müssen Sie mit jemand anderem ausmachen.«

      Sie trank einen Schluck Kaffee.

      »Kommen wir zur Sache! Die Suche nach ihren Verwandten ging nicht von Charlotte aus. Auch Alois Holzer hat keine Nachforschungen angestellt. Ich sage mit Nachdruck, dass liebe Menschen, die Alois Holzer nahestehen, sich seiner Angelegenheit angenommen haben. Dazu gehören Toni und Anna Baumberger, die die Berghütte von Alois übernommen haben. Er lebt bei ihnen auf der Berghütte. Es ließ sich nicht verbergen, besonders in den letzten Jahren, dass Alois über seine verlorenen Söhne trauerte. Er ist alt und einsam, sagten sich Toni und Anna und beschlossen, zusammen mit Alois’ Hausarzt …«

      »Ist mein Vater krank?«, brach es aus Emil hervor.

      Die Ordensfrau schüttelte den Kopf.

      »Nein, das ist er nicht. Er ist alt, das ist keine Krankheit. Bevor er Lotte kennenlernte, hatte er etwas den Lebensmut verloren. Doch jetzt scheint er um Jahrzehnte jünger zu sein.«

      »Sie kennen meinen Vater?«

      »Nein, Herr Holzer, ich kennen ihn nicht persönlich. Ich stehe in gutem Kontakt mit dem Geistlichen von Waldkogel, Pfarrer Heiner Zandler. Er hat mich informiert. Er war an der Zusammenführung von Alois und Charlotte auch beteiligt. Toni und Anna, sowie Doktor Martin Engler und seine Frau Katja zogen ihn hinzu, genauso die alte Ella Waldner.«

      Ein kurzes, zaghaftes Lächeln huschte über Emils Gesicht.

      Justina erzählte in aller Ausführlichkeit, wie Toni, Anna, Martin und Katja zuerst Nachforschungen angestellt hatten. Dann waren Anna und Ella nach München gefahren und gaben zwei kleine Skulpturen in Auftrag.

      »Sie erzählten Charlotte die Geschichte von den Engeln vom ›Engelsteig‹. Auf diese Weise tasteten sie sich vorsichtig heran. Behutsam erzählten sie von Alois und nahmen Charlotte mit nach Waldkogel, zu Ella Waldners Kate. Dort konnte Charlotte die Briefe lesen, die ihre Großmutter Hedwig nach München geschrieben hatte. Sie waren alle ungeöffnet zurückgekommen.«

      »Ich habe nie einen Brief gesehen!«, brach es aus Emil hervor.

      Mutter Justina nickte.

      »So viel mir bekannt ist, hatte Ihre Mutter keine Adresse von Ihnen, Herr Holzer. Hedwig Holzer schrieb an die Adresse Ihres Bruders Harald.«

      »Ich habe bei ihm und seiner Frau gewohnt, als ich in München die Lehre als Fotograf machte.«

      »Das ist mir inzwischen bekannt. Dann klären Sie die Angelegenheit mit Ihrem Bruder und Ihrer Schwägerin, Herr Holzer. Mir steht es nicht zu, deren Handlungen zu kommentieren und zu beurteilen«, sagte Oberin Justina.

      Monika legte ihrem Mann kurz die Hand auf den Unterarm.

      »Emil, du solltest mit Harald unter vier Augen sprechen. Es ist doch gut möglich, dass er von den Briefen auch nichts weiß.«

      »Du meinst, Karola hat einfach die Annahme verweigert, sie zurückgehen lassen und nichts gesagt, weder Harald, noch mir?«

      Monika zuckte mit den Schultern.

      »Das ist sehr gut möglich, Emil. Oder Harald und Karola stecken beide dahinter.«

      Emil seufzte. Er schaute Oberin Justina an.

      »Wer hat die Briefe jetzt?«

      »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Entweder sind sie bei Frau Waldner oder Ihre Tochter hat sie.« Sie lächelte. »Ich werde versuchen, es für Sie herauszufinden. Doch jetzt weiter.«

      Sie trank wieder einen Schluck Kaffee.

      Dann erzählte sie, dass Charlotte die Sache verarbeiten musste und sich in ein Hotel zurückgezogen hatte.

      »Das ist verständlich«, sagte Monika leise. »Und wie ging es dann weiter?«

      »Alle, die daran beteiligt waren, hielten zusammen und halfen bei der Zusammenführung von Großvater und Enkelin. Es war für beide ein sehr bewegender Moment, hat man mir erzählt. Aber ihre Herzen öffneten sich, und unter Tränen schlossen sie sich in die Arme. Seither verbringt Charlotte jede freie Minute bei ihrem Großvater. Er ist sehr glücklich mit dem Madl und präsentiert sie voller Stolz.«


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