Der Bergpfarrer Extra 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Extra 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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zu. »Und ich versprech’ dir, dass ich nach einer Lösung such’. Ich will nur net, dass du auf mich wütend bist, weil du meinst, ich mach’ die Biogasanlage aus Spaß an der Freud’ madig. Es gibt schwerwiegende Gründe für mein Veto. Und das wirst du ja wohl net abstreiten.«

      »So weit hab’ ich nie gedacht«, gestand Xaver. »Ich hab’ immer geglaubt, eine Biogasanlage wär’ was Gutes. Bio ist doch immer gut, heißt es doch immer. Aber ich weiß jetzt, worum’s Ihnen geht.«

      »Ich weiß net, wie’s weitergeht«, gab Sebastian zu verstehen. »Ich vermut’ aber, dass die Biogasgesellschaft abspringt. Wir werden eine Lösung für dein Problem finden, Xaver. Das versprech’ ich dir. Und wenn ihr ins Altersheim oder ins Betreute Wohnen geht, dann will ich, dass du deinen Frieden mit mir wieder gefunden hast.« Sebastian erhob sich.

      »Es wär’ ungerecht, dem Herrn Pfarrer die Schuld an unserer Lage zu geben«, sagte Maria. »Und ich denk’ auch, dass sich für uns was anderes ergibt, wenn der Pöllinger uns absagt.«

      »Tapfere Worte, Maria«, lobte Sebastian. »Steck ihn ruhig an, mit deiner positiven Einstellung.«

      Jetzt stemmte sich auch Xaver ächzend aus seinem Sessel hoch und hielt ihm die Hand hin. »Ich hab’ halt nach einem Sündenbock gesucht, Herr Pfarrer, und hab’ Sie ausgewählt. Das tut mir leid, jetzt, wo S’ mir erklärt haben, was Ihnen wichtig ist.«

      »Dann hab’ ich erreicht, was ich erreichen wollt’, als ich mich auf den Weg zu euch gemacht hab’. Ihr werdet eure alten Tage net hier draußen verbringen müssen, Xaver. Das versichere ich dir. Wir finden eine Lösung.«

      »Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Pfarrer.«

      Sebastian verabschiedete sich und trat den Heimweg an.

      *

      Celine war seit vier Tagen in St. Johann. Sie hatte sich gut eingewöhnt, die Arbeit machte ihr Spaß, und die Menschen waren ausgesprochen angenehm und freundlich. Sie fand praktisch keine Zeit lange über ihre Probleme zu grübeln.

      Es war der Abend des vierten Tages, als Irma Reisinger fragte: »Na, Celine, wie fühlst du dich bei uns? Kommst du einigermaßen zurecht?«

      »Ich fühl’ mich hervorragend«, antwortete Celine. »Es gibt hier nix, was ich als negativ empfinden würd’. Ihr seid alle so nett, der Ort ist bezaubernd, und die Berge rings um das Tal sind noch so ursprünglich, geradezu unberührt, meint man. Es ist anders, als bei uns in Innsbruck. Dort ist fast jeder Hügel für den Wintersport erschlossen, und die Stadt ist fremdenverkehrsmäßig total überlaufen.«

      »Es freut mich, wenn’s dir bei uns gefällt«, sagte Irma lächelnd. »Morgen hast du deinen ersten freien Tag. Fährst du heim?«

      »Nein. Ich werd’ auf meinen Skiern ein bissel die Gegend erkunden. Das Skilanglaufen ist meine große Leidenschaft. In der Natur kann ich mich total entspannen. Ich freu’ mich schon drauf.«

      »Dir ist aber schon klar, dass es hier keine Loipen gibt, Madel«, sagte Irma. »Im Tiefschnee sich selbst einen Weg bahnen zu müssen, ist ziemlich anstrengend.«

      »Ich bleib im Tal«, lachte Celine, »ich will ja Langlaufen und net Skitouren gehen.«

      »Dann bin ich schon beruhigt«, erklärte Irma. »In den Bergen rund ums Tal ist’s auch net ungefährlich. Der alte Schnee ist gefroren, und der Neuschnee liegt nur lose drauf. Die Gefahr von Lawinen besteht immer. Aber ich glaub’, ich brauch’ dir darüber nix erzählen, Madel. Du bist ja selber ein Kind der Berge.«

      »Das bin ich, mit Herz und Seele, Irma.«

      »Na, dann wünsch’ ich dir viel Vergnügen, morgen, beim Langlaufen. Nimm’ dir nur eine Brotzeit und was zu trinken mit, denn der Sport ist anstrengend und du wirst froh sein, wenn du was dabei hast, wenn dein Magen rebelliert.«

      »Ich werd’ dran denken«, versprach Celine.

      »Wie soll’s jetzt mit deinem Fastverlobten weitergehen?«, fragte Irma. Als sie bemerkte, dass sich Celines Miene überschattete, fügte sie sofort hinzu: »Du musst mir darauf net antworten, Madel, wenn du net drüber reden möchtest. Es war dumm von mir …«

      »Mach’ dir keine Gedanken, Irma. Ich hab’ drüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ihn net länger hinhalt’. Sobald ich heimkomm’, red’ ich mit ihm und auch mit meinen Eltern. Ich hoff’ nur, dass ich keinen allzu großen Ärger provozier’.«

      Irma Reisinger nickte beipflichtend.

      An diesem Abend lag Celine lange wach in ihrem Bett. Irmas Frage hatte ihr Innerstes wieder aufgewühlt. Ihre Entscheidung stand fest, doch da waren auch Zweifel. Am Ende ihrer Überlegungen aber stand immer die Erkenntnis, dass sie Florian nicht liebte. Sie könnte ihm eine gute Freundin sein, aber keine Lebensgefährtin. Was sie für ihn empfand, reichte dafür nicht.

      Am folgenden Morgen fühlte sie sich unausgeschlafen. Sie duschte ausgiebig, putzte sich die Zähne, zog sich an und richtete ihre Haare. Beim Frühstück ließ sie sich Zeit. Dann kochte sie Tee, den sie in eine Thermoskanne füllte, und richtete sich einige Wurst- und Käsebrote und verstaute alles in ihrem roten Rucksack.

      In der Zwischenzeit war es hell geworden. Celine schaute sich auf ihrem Mobiltelefon den Wetterbericht an und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass ein sonniger, wenn auch kalter Wintertag zu erwarten war. Sie zog ihre Langlaufmontur an, dann verließ sie ihr Zimmer und stieg die Treppe hinunter.

      Im Flur begegnete ihr Gitti. »Ah, guten Morgen, Celine«, grüßte die jüngste der Haustöchter freundlich. »Ausgeschlafen?«

      »Nein.«

      »Was! Hast etwa net schlafen können?«

      »Ich bin immer wieder wach geworden.« Celine lachte leise. »Aber die Kälte draußen wird den letzten Rest von Müdigkeit vertreiben.«

      »Gib auf dich acht«, riet Gitti. »Und viel Spaß.«

      »Danke.«

      Celine holte ihre Ski aus dem Keller, verließ das Hotel, legte sich die ›Bretter‹ auf die Schulter und marschierte zum westlichen Ortsrand, hinter den bewaldeten Hügeln erhoben sich einige Zweitausender weit in den blauen Himmel. Die Kälte prickelte auf der Gesichtshaut der jungen Frau. Aber sie fühlte sich frei wie ein Vogel.

      Auch der Ort begeisterte sie. Ihr gefielen die im alpenländischen Stil erbauten Häuser zu beiden Seiten der Straße. Sie betrachtete die riesigen Balkone mit den kunstvoll gearbeiteten Brüstungen, die weit vorspringenden Dächer und die bemalten Fensterläden. Die Fassade des einen oder anderen Gebäudes war mit einer Lüftlmalerei versehen.

      Celine stellte sich vor, wie es hier aussah, wenn im Sommer an den Balkonen und auf den Fensterbänken in farbiger Vielfalt Geranien, Petunien und Weihrauch blühten. ›Die leben hier im Paradies‹, dachte sie. ›Net nur die Schönheit des Orts und seiner Umgebung macht das aus, sondern die Ruhe, die über allem liegt. Worte wie Stress und Hektik kennt man hier wahrscheinlich gar net.‹

      Sie dachte nicht an zu Hause; weder an ihre Eltern, noch an Florian Weißgerber. Innsbruck war in weite Ferne gerückt.

      Am Ortsrand schnallte sie sich die Ski an die Füße, dann fuhr sie los. So weit das Auge reichte, lagen Äcker, Felder und Wiesen unter einer unberührten, weißen Schneedecke. Nachdem vor kurzer Zeit einige Tage Tauwetter eingesetzt hatte und dann die Temperaturen wieder unter den Gefrierpunkt gesunken waren, war die untere Schneedecke gefroren. Auf dem Harsch, der verhinderte, dass Celine mit den Skiern einsank, lag nun eine zehn Zentimeter hohe Schicht Neuschnee.

      So fand Celine fand die allerbesten Voraussetzungen für ihren Sport vor. Sie kam schnell vorwärts. Die Berge im Westen rückten näher. Celine stutzte, als sie vor sich im Schnee etwas ausmachte, das wie eine Spur aussah, die ein anderer Langläufer gezogen hatte. Sie verlief quer zu der Richtung, in die sie sich bewegte.

      Tatsächlich war es eine Spur, die von Skiern stammte. Zu beiden Seiten waren die Abdrücke von Skistöcken im Schnee zu erkennen. Sie verrieten Celine, dass


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