Baskische Tragödie. Alexander Oetker

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Baskische Tragödie - Alexander Oetker


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Polizist mit der Glatze. Luc setzte sich.

      »Handschellen?«, fragte der andere Uniformierte und blickte seinen Chef an.

      »Ich denke, es wird besser sein«, antwortete Schneider.

      Luc hob die Hände, es klickte, und er legte seine gefesselten Hände auf den Tisch.

      »Danke, Männer«, sagte Schneider, und die beiden Polizisten verschwanden.

      »Gut, weiter im Text.«

      »Was spielen Sie hier, Commissaire? Was ist das für eine Verschwörung?«

      »Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen.«

      »Sie wissen doch, dass ich niemanden umgebracht habe. Sie wissen es.«

      »Wo waren Sie denn in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai?«

      »Das ist doch über drei Wochen her. Warum sollte ich das noch wissen?«

      »Überlegen Sie.«

      »Ist am 6. Mai jemand ermordet worden?«

      »Durch Ihre Hand, wie es scheint.«

      »Das ist doch …«

      »Genauer gesagt ist er am 6. Mai schwer verletzt und dann verschleppt worden. Gestorben ist er einige Tage später. Und dann hat man ihn noch zwei Wochen liegen lassen, irgendwo versteckt, bis er dort abgelegt wurde, wo wir seine Leiche gefunden haben.«

      »Wo?«

      »Das wissen Sie, Monsieur Verlain. Es ist Ihre Tat. Ihr Wahnsinn – ein Racheakt, der aus dem Ruder gelaufen ist.« Schneiders Stimme war laut und schneidend.

      »Ich habe absolut nichts damit zu tun, das wissen Sie doch, Commissaire, ich stehe auf der richtigen Seite …«

      Schneider hob abwehrend die Hände.

      »Ich habe darüber nicht zu befinden. Das tut der Richter. Ich suche nur das Motiv. Das habe ich ja schon gefunden. Rachsucht. Sagte ich eben schon. Und das mit den Beweisen, nun, Sie kennen ja das Zauberwort: DNS.«

      »Was meinen Sie damit?«

      Schneider sah sich um, als befürchtete er, es wäre noch jemand im Raum, dessen Ohren das Folgende nichts anging.

      »Ich darf es ja eigentlich nicht sagen – ermittlungstaktische Gründe, Sie verstehen –, aber ich will mal nicht so sein: Wir haben Ihre DNS am Tatort gefunden und am Körper von Karim Abdoulahi. In einer Hochhaussiedlung von Nanterre. Dass die DNS eindeutig und zweifelsfrei von Ihnen stammt, muss ich ja nicht erklären, oder? Wir haben in der Datenbank nach einer DNS gesucht und waren reichlich überrascht, als wir nicht in der Verbrecherdatei fündig wurden, sondern in der Datei, in der alle Polizisten des Landes gespeichert sind.«

      Auf einmal wurde Luc ganz ruhig, als hätte sich in seinem Kopf ein Schalter umgelegt. Er konnte kein Wort von dem glauben, was Commissaire Schneider sagte, und doch begann etwas in ihm zu arbeiten, es war, als erklänge eine leise Hintergrundmusik.

      »Wollen Sie etwas zu diesem Sachverhalt sagen, Monsieur Verlain? Sie wissen doch, ein Geständnis erleichtert den Täter immer. Und es wirkt sich auch vor dem Richter gut aus. In Ihrem Fall gibt es doch auch mildernde Umstände. Der Mann, der Ihre schwangere Freundin niederschlägt – auf den können Sie doch wirklich Groll empfinden. Das bringt sicher fünf bis zehn Jahre weniger.«

      In diesem Moment klingelte in der Tasche des Commissaire ein Telefon. Das Klingeln kam Luc bekannt vor. Schneider griff danach und zeigte ein triumphierendes Lächeln.

      »Na, wer sagt’s denn. Wenn man vom Teufel spricht.«

      Er hielt das Handy in die Höhe, zeigte Luc das Display. Es war sein Telefon. Und auf dem Display stand groß: Anouk.

      »Sie hat schon ein paarmal versucht, Sie zu erreichen, Monsieur Verlain. Aber nun wollen wir doch mal hören …«

      Schneider sah zu Luc, hob den Finger an den Mund, um ihm zu bedeuten, dass er schweigen sollte, drückte den grünen Button und ein weiteres Feld, das den Lautsprecher einschaltete, dann hielt er sich das Handy ans Ohr.

      »Oui, Police nationale in Biarritz, Commissaire Schneider.«

      »Bonjour, mein Name ist Commissaire Anouk Filipetti … Oh, großer Gott, sagen Sie, ich suche Luc Verlain, er ist seit zwei Tagen verschwunden, ist ihm etwas passiert, wieso haben Sie sein Telefon?«

      In Lucs Bauch krampfte sich etwas zusammen, groß und schwer wie ein Stein.

      »Oh, Mademoiselle Filipetti, freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen. Man hört Großes von Ihnen.«

      Anouk schien die Worte einzuordnen, sie antwortete nicht, doch Luc hörte sie schwer atmen.

      »Hören Sie, Madame, keine Sorge, Sie sollten sich nicht aufregen, ich habe gehört, Sie sind in anderen Umständen.«

      »Sagen Sie mir, wo Commissaire Luc Verlain ist. Ich suche ihn seit Tagen.«

      »Oh ja, Mademoiselle, wir haben ihn auch gesucht. Aber nun haben wir ihn gefunden, und er ist wohlauf. Gesundheitlich, meine ich. Wir mussten ihn allerdings festnehmen, wegen diverser Vorwürfe. Er sitzt in Biarritz in Untersuchungshaft.«

      »Was? Wieso denn das?«

      Ihre Stimme war schrill, so schrill, wie Luc sie noch nie gehört hatte. Seine Anouk.

      »Ich komme sofort.«

      »Das sollten Sie lieber nicht, Mademoiselle«, sagte Schneider schnell. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Sie können hier nichts tun. Wir durchsuchen in diesem Moment das Büro Ihres Freundes im Commissariat von Bordeaux. Danach werden wir zu Ihnen kommen und Sie befragen. Halten Sie sich daheim zu unserer Verfügung.«

      »Ich werde jetzt losfahren und nach Biarritz kommen«, gab sie zurück, ihre Stimme nun eiskalt.

      »Sie bleiben, wo Sie sind, Mademoiselle. Das ist ein Befehl. Sollten Sie sich auf den Weg machen, müssen wir Sie ebenso festnehmen. Und mir steht nicht der Sinn danach, eine Gefängnisgeburt durchführen zu müssen.«

      Luc wollte ihm gerne an die Gurgel gehen, aber mahnte sich zur Ruhe. Später. Später.

      »Wie geht es Luc?«, fragte Anouk.

      »Es geht ihm gut«, sagte Schneider. »Gedulden Sie sich. Weitere Neuigkeiten später. Einen guten Tag.«

      Bevor er auflegen konnte, hustete Luc auf einmal deutlich vernehmbar, allerdings in einem tiefen Ton, einem Stakkato, das von weit unten aus seiner Kehle kam, so hörte es sich zumindest an. Schneider betrachtete den Commissaire misstrauisch, dann beendete er schnell das Gespräch. Kopfschüttelnd setzte er sich wieder an den Tisch.

      »Also, Monsieur Verlain, Ihre Liebste hat recht. Sie waren zwei Tage verschwunden. Wo waren Sie?«

      Luc schwieg.

      »Reden Sie, Mann.«

      Doch Luc schüttelte langsam den Kopf.

      »Wohin wollten Sie gerade?«

      Wieder sagte Luc kein Wort, er blinzelte nicht mal.

      »Ist das Gespräch für Sie beendet?«

      Luc nickte.

      »Für welchen Anwalt haben Sie sich denn entschieden? Sie werden sich ja hier in Biarritz nicht gut auskennen, soll ich Ihnen einen empfehlen?«

      Luc antwortete wieder nicht.

      »Gut. Hier bleiben wir ohnehin nicht, also reden wir im Commissariat von Bayonne weiter. Hoch mit Ihnen. Wir fahren.«

      Luc stand auf und folgte Schneider zur Tür, was gar nicht so leicht war, weil es sich mit den gefesselten Händen schlecht lief. Sie gingen die Treppe rauf, und Schneider schaute in eine offene Bürotür. Luc erkannte die beiden uniformierten Beamten.

      »Ich nehme ihn mit. In Ordnung? Wir sehen uns dann später.«

      Der Kleine zog eine Augenbraue hoch und sah verächtlich


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