Ferien Lesefutter Juni 2019 - 5 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Ferien Lesefutter Juni 2019 - 5 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland


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und Lotte Kilke.“

      „Das darf ja wohl nicht wahr sein! Er sieht so brav und anständig aus.“

      „Deshalb bin ich ja auf ihn hereingefallen.“

      „Ist es dir schwergefallen, dich von ihm zu trennen?“

      Claudia Meeles schüttelte den Kopf. „Überhaupt nicht.“

      „Vermisst du ihn?“

      „Kein bisschen. Und ich weine ihm auch keine Träne nach.“

      „Wäre er auch nicht wert“, erklärte Dana Härtling hart.

      „Nie wieder erlaube ich mir, so sehr den Kopf zu verlieren.“ Claudia drehte die Brause ab.

      Dana lächelte weise.

      „Mit siebzehn sollte man nicht ‘nie wieder’ sagen. Es kann noch so vieles passieren. Vielleicht beschert dir das Schicksal schon morgen einen anderen jungen Mann, der viel netter ist als Hermann Tengg, der es ehrlich mit dir meint - und dem es niemals einfallen würde, dich zu betrügen.“

      „Solche Exemplare haben Seltenheitswert. Warum sollte ausgerechnet ich das Glück haben, so einen zu finden?“

      „Warum nicht?“

      „Die Wahrscheinlichkeit ist so gering ...“

      Dana drehte ihre Brause nun ebenfalls ab und begann sich mit einem großen Frotteetuch abzutrocknen.

      „Aber sie lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen. Du bist noch so jung, Claudia...“

      „Hört! Hört!“ Claudia Meeles lachte. „Hier spricht eine ganz Alte!“

      „Ich will ja bloß sagen ...“

      „Du brauchst mich nicht zu trösten. Ich bin froh, dass ich Hermann los bin.“ Claudia sah Dana zu, wie sie das große Tuch um ihren schlanken Körper wickelte. „Bist du fertig? Dann komm. Ich lade dich auf eine Cola ein.“

      „Du brauchst mich nicht einzuladen.“

      „Ich möchte aber.“ Claudia hob warnend den Finger. „He, gib mir ja keinen Korb, sonst bist du mich als Freundin los.“

      2

      „In Deutschland gelten schätzungsweise eine Million Paare als unfruchtbar“, erklärte Chefarzt Dr. Sören Härtling der attraktiven Patientin, die vor ihm saß. „Organische Ursachen wie Eileiterverschluss oder Gebärmutterentzündung sind bei Frauen eher selten. Es liegen zumeist - wie auch bei Ihnen - hormonelle Störungen vor.“

      „Bedeutet das für mich nun eine langwierige Behandlung mit Medikamenten, Herr Doktor?“, fragte Verena Cord bedrückt. Sie war zweiunddreißig, hatte die vergangenen acht Jahre dafür verwendet, eine Boutiquenkette aufzubauen, und nun hätte sie gerne ein Baby gehabt. Doch ihr Wunsch war ihr bis jetzt versagt geblieben. „Ich hasse es, mit allen möglichen Präparaten der Pharmaindustrie vollgestopft zu werden“, sagte die Patientin. „Gibt es keine Alternativen?“

      „Doch“, antwortete Sören Härtling. „Die gibt es. Neue Untersuchungsreihen haben gezeigt, dass in vielen Fällen eine Therapie mit klassischer Homöopathie oder Akupunktur ebenso erfolgreich sein kann wie eine herkömmliche medizinische Behandlung. Wir wenden hier, in der Paracelsus-Klinik, bei Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch seit Jahren auch naturheilkundliche Methoden an. Jede vierte Frau, die wir drei Monate lang mit Akupunktur behandelt haben, wurde danach schwanger. Wenn Sie möchten, können wir das auch bei Ihnen versuchen.“

      „Ja, das möchte ich“, sagte Verena Cord, ohne lange nachzudenken.

      „Schön, dann lassen Sie sich von Schwester Annegret einen Termin geben.“ Der Chefarzt der Paracelsus-Klinik erhob sich und verabschiedete die Patientin mit einem festen Händedruck.

      Nachdem sie gegangen war, rief er kurz zu Hause an. Jana, seine Frau, hatte sich heute Morgen nicht wohl gefühlt. Sie war im Bett geblieben, hatte - was nur ganz selten vorkam - nicht mit der Familie gefrühstückt.

      Ottilie, die alte Haushälterin, meldete sich: „Bei Härtling.“

      „Hallo, Ottilie.“

      „Ah, Herr Doktor.“

      „Wie geht es meiner Frau? Liegt sie noch?“

      „I wo. Die kleine Unpässlichkeit hat sich verflüchtigt. Ihrer Frau geht es wieder gut. Sie ist draußen im Garten. Soll ich sie holen?“

      „Nein, nicht nötig. Was tut sie denn draußen?“

      „Ein bisschen Unkraut jäten.“

      „Achten Sie darauf, dass sie sich schont!“

      „Mach’ ich, Herr Doktor. Sie können sich auf mich verlassen.“

      „Danke, Ottilie.“ Der Klinikchef legte auf.

      Schwester Annegret, der gute Geist der Frauenstation, kam zur Tür herein. Mehr als vierzig Jahre war sie nun schon in der Paracelsus-Klinik - und glücklicherweise noch lange nicht gewillt, in den Ruhestand zu gehen.

      „Wie viele Patientinnen sitzen noch im Wartezimmer, Annchen?“, fragte Dr. Härtling.

      „Drei, Chef.“

      Sören Härtling nickte. „Gut, dann bitten Sie die nächste herein.“

      3

      „Ich wünschte, ich könnte so gut Tennis spielen wie du, Dana“, sagte Claudia Meeles.

      Sie saßen auf der Klubterrasse und genossen die warmen Strahlen der spätsommerlichen Sonne. Sehr viele solche angenehme Tage würde es in diesem Jahr wohl nicht mehr geben.

      Dana trank einen Schluck Cola. Sie trug schwarze Jeans und eine karierte Hemdbluse, die ihr bis zu den Schenkeln reichte.

      „Du spielst nicht schlecht.“

      „Aber du spielst viel besser. Ich hatte heute kaum mal eine echte Chance gegen dich.“

      „Du bist ein Jahr jünger als ich. Nächstes Jahr wirst du bestimmt da sein, wo ich heute bin.“

      „Und du wirst mir wieder ein Jahr voraus sein.“

      „Irgendwann werde ich mich nicht mehr steigern können“, meinte Dana. „Dann wirst du mich einholen. Vielleicht sogar überholen.“

      Claudia schien das zu bezweifeln, aber sie widersprach der Freundin nicht. Nachdem sie ihr Glas geleert hatte, schaute sie auf ihre Armbanduhr.

      „Wird langsam Zeit für mich“, erklärte sie.

      „Musst du nochmal ins Büro?“

      „Ja.“ Claudia arbeitete in der Firma ihres Großvaters - einem mittelgroßen Zeitschriftenvertrieb - und war ihm eine unentbehrliche Hilfe. Sie lebte auch bei den Großeltern mütterlicherseits - Barbara und Ludwig Brauneder -,seit ihre Eltern vor sieben Jahren bei einem Fährunglück in der Ostsee ums Leben gekommen waren. Es hatte damals in allen Zeitungen gestanden, und das Fernsehen hatte ausführlich über die Katastrophe berichtet. Sensationsreporter hatten tagelang das Haus der Brauneders belagert, doch sie hatten keine Interviews bekommen.

      „Ich nehme dich mit“, sagte Dana zu ihrer Sportsfreundin.

      „Ach, bist du mit dem Wagen da?“

      „Ja.“

      „Aber es ist ein Umweg ...“

      „Na, wenn schon.“ Dana zuckte gleichgültig mit den Schultern. Der rote Kleinwagen, der auf dem Parkplatz des Tennisklubs stand, gehörte ihr zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Ben. Sie hatten das nette Wägelchen zu ihrem achtzehnten Geburtstag geschenkt bekommen und hegten und pflegten es sehr, damit es ihnen noch recht lange gute Dienste leistete. „Du hast mir


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