Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland

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Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket - A. F. Morland


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Derringer stecken. Aber wie sollte er an ihn herankommen? Der Kerl würde bestimmt bei der geringsten verdächtigen Bewegung abdrücken.

      Der Chinese wies mit seinem Revolver nach der Reisetasche.

      Montague Ross ließ sie mit einem weinerlichen Gesichtsausdruck fallen.

      „Hören Sie, das können Sie doch nicht machen!“, schrie er mit überkippender Stimme. „Das Geld, das sich in dieser Tasche befindet, gehört mir.“

      Der Chinese hob stumm die Waffe. Er richtete sie auf Mei Chen und drückte ab.

      Ross’ Freundin hatte entsetzt die Augen aufgerissen, als sie die Waffe auf sich gerichtet sah. Doch sie hatte bis zuletzt gehofft, der Unbekannte würde nicht abdrücken. Sie hatte gehofft, er würde Ross und sie nur einschüchtern wollen.

      Sie war schrecklich überrascht, als die Kugel in ihre Stirn schlug. Der Ausdruck in ihrem toten Gesicht zeigte grenzenloses Erstaunen, als sie dann im Bruchteil einer Sekunde vor Montague Ross’ Füßen lag.

      Ross dachte, er würde den Verstand verlieren. Er sank neben seiner toten Freundin auf die Knie.

      Er dachte überhaupt nicht mehr an den Chinesen und die tödliche Gefahr. Er blickte auf das wächserne Gesicht seiner Freundin. Tränen traten plötzlich in seine Augen. Er hatte schon viele Tote gesehen, hatte selbst Menschen getötet, aber Mei Chens Ende traf ihn so hart wie nie.

      Schluchzend hielt der Gangster die Tote in den Armen.

      Und dann kam ihm wieder zu Bewusstsein, dass der Chinese immer noch vor ihm stand. Der Mörder seiner Freundin.

      Wie in Trance legte Ross Mei Chens starren Körper sanft zu Boden. Dann blickte er auf.

      Der Chinese stand wie eine Statue vor ihm. Er sagte immer noch kein Wort.

      „Sie ist tot", murmelte Ross. „Sie ... haben sie umgebracht. Warum...?“ Seine Stimme zitterte. Aus tränennassen Augen starrte er auf den Chinesen.

      Der hob die Hand mit dem Revolver.

      Er hatte immer noch kein Wort gesagt.

      Nun trieb die Todesangst Schweißperlen auf Ross’ Stirn.

      „Hören Sie“, stammelte er. „Sie — Sie dürfen mich nicht abknallen. Ich — ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich gebe Ihnen die Hälfte von dem Geld, das sich hier in der Tasche befindet.“

      Der Chinese schwieg.

      „Oder... drei Viertel“, keuchte Montague Ross. „Lassen... Sie mich am Leben.“

      Der Chinese wollte das ganze Geld.

      Die Kugel verließ den Lauf der Waffe beinahe lautlos. Sie riss Ross heftig zurück, schleuderte ihn gegen die offenstehende Tür des Wandsafes und warf ihn schließlich zu Boden.

      Er stieß einen leisen Seufzer aus und verlor gleich darauf das Bewusstsein.

      Der Chinese ließ den Revolver im Jackett verschwinden. Er machte vier schnelle Schritte auf die Reisetasche zu, nahm sie hoch und schleppte sie aus dem Raum.

      In diesem Moment zuckte er irritiert herum.

      Er hatte einen Wagen vorfahren gehört.

      31

      „Also, dann mal los“, sagte ich und schwang mich als erster aus dem Mustang. „Beeilt euch, denn Müßiggang ist allen Hastens Anfang.“

      Wir hielten kurz Kriegsrat ab.

      „Ich geh’ vorn an die Tür“, sagte ich.

      „Und Charles und ich versuchen den beiden den Fluchtweg abzuschneiden, indem wir das Strandhaus von beiden Seiten in die Zange nehmen“, versetzte Susan Tucker.

      Sie fasste in die Tasche und holte ihren kleinen Knaller hervor. Charles nahm ebenfalls die Waffe in die Faust. Schließlich wollten wir Montague Ross und dessen Freundin zu keiner Wohltätigkeitsveranstaltung abholen, und somit war damit zu rechnen, dass Ross sich nicht so ohne weiteres unseren Wünschen fügen würde.

      „Lass uns eine Minute Zeit, Biff“, sagte Susan.

      Ich nickte.

      Charles drückte sich an mir vorbei. Ich sah in sein gespanntes Gesicht Es wirkte hart und entschlossen. Er war mit vollem Einsatz bei der Sache.

      „Kommen Sie, Charles“, zischte Susan.

      Sie schwärmten aus. Susan rechts, Charles links.

      Das Strandhaus war in ein kleines Wäldchen eingeklemmt. Kleine Büsche machten die Gegend idyllisch. Ganz nah hörte man die Wellen des Lake Michigan gegen die Ufersteine schlagen, ohne sie jedoch sehen zu können, weil die Aussicht von dichten Baumkronen und Büschen verdeckt war.

      Das Sonnenlicht rieselte nur noch spärlich durch die Zweige. Der Tag starb allmählich an Altersschwäche. Ich hoffte nur, dass er noch so lange durchhalten würde, bis wir hier mit Ross fertig waren.

      Die Susan und Charles zugestandene Minute war um.

      Ich machte mich auf die Socken.

      Läuten oder einfach eintreten — das war hier die Frage. Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit, denn ich wollte Ross nicht die geringste Chance geben, an seinen Ballermann zu gelangen. Die Sache sollte sauber über die Bühne gehen. Ohne blutige Wäsche, ohne Todesschreie.

      Es sollte ein glattes Geschäft werden. Ross sollte mir die neunhundertfünfzigtausend Dollar geben. Dafür würde er von mir ein Leben hinter schwedischen Gardinen bekommen.

      Die Tür ließ sich vollkommen lautlos öffnen. Ich war Ross ehrlich dankbar dafür, dass er sie ab und zu ölte.

      Noch war meine Hand, die die Waffe fest umklammert hielt, staubtrocken. Ich war aber sicher, dass sie feucht werden würde, wenn ich erst einmal Ross gegenüberstand.

      Es war ziemlich dunkel hier drin. Meine Augen mussten sich erst an das diesige Licht gewöhnen. Ich wartete so lange und schlich dann mit angehaltenem Atem auf Zehenspitzen vorwärts.

      Ich durchschritt die Halle und steuerte eine offenstehende Schiebetür an. Es war totenstill im ganzen Haus. Wenn ich nicht Ross und seine Freundin mit eigenen Augen dieses Haus betreten gesehen hätte, hätte ich angenommen, mich in der Adresse geirrt zu haben.

      Bevor ich die Schiebetür erreichte, wandte ich mich sicherheitshalber um. Schließlich möchte man ja sehen, wenn man eins auf die Birne bekommt

      Niemand war da. Ich war nach wie vor allein. Die Totenstille ging mir allmählich an die Nieren.

      Plötzlich strich mir etwas eiskalt über den Rücken. Ich hatte einen Laut gehört. Jemand hatte ganz leise und ganz kurz gestöhnt.

      Ich rannte los.

      Als ich Ross’ Arbeitszimmer betreten hatte, stieg mir juckender Pulverschmauch in die Nase und reizte meine Schleimhäute.

      Ich sah sie beide auf einen Blick. Sie lagen fast nebeneinander. Mei Chen war tot. Ich brauchte kein Mediziner zu sein, um das festzustellen.

      Montague Ross lebte noch. Allerdings nicht mehr viel. Er hatte eine Kugel im Kopf stecken und bot einen schrecklichen Anblick.

      Ich versuchte mir vorzustellen, was hier gelaufen war. Hatten sich die beiden gegenseitig umgebracht? Ich entdeckte die Waffen nicht, mit denen sie es getan haben könnten. Außerdem schien es mir absurd, dass Ross seine Freundin bis hierher mitnahm, um sie dann umzulegen.

      Der Safe stand offen. Er war vollkommen leer.

      Hatten die beiden am Ende Besuch von einem Dritten gehabt?

      Ich kniete neben Montague Ross nieder. Ich scherte mich nicht darum, dass ich blutig wurde, als ich unter seinen Kopf griff, um ihn ein wenig hochzuheben. Ich raffte den Teppich etwas zusammen und legte Ross’ Kopf auf dieses künstliche Polster.


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