Butler Parker Staffel 9 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Das war glatter Mord«, sagte Mike Rander betroffen und sah Sue Weston an.
»Mitten durch die Brust«, stellte die Sekretärin des Anwalts fest.
»Das Blitzlicht und der Fotoapparat scheinen echte Nervosität ausgelöst zu haben«, meinte Josuah Parker und zog den Wurfspeer aus der Brust jener Puppe, die er mit behelfsmäßigen Mitteln angefertigt hatte.
Parker hatte mit einem zweiten nächtlichen Besuch gerechnet und daher darauf verzichtet, sich ins Bett zu legen. Er hatte es sich im Kleiderschrank bequem gemacht und den Eindringling beobachtet.
»Haben Sie ihn erkannt?« fragte Rander.
»Mit letzter Sicherheit, Sir. Es handelte sich um Mister Joe Ugalla.«
»Woher wußte er von dem Fotoapparat?«
»Er könnte zum Beispiel von den beiden Weißen informiert worden sein«, antwortete der Butler nachdenklich.
»Denken Sie etwa noch an andere Möglichkeiten?« wollte Mike Rander wissen.
»Nur sehr vage, Sir«, gab der Butler ausweichend zurück, »Hauptsache dürfte sein, daß Mister Ugalla jetzt im Besitz des Fotoapparates ist.«
»Hauptsache?« wunderte sich Sue Weston.
»Ich war so frei, diesen Apparat ein wenig zu präparieren«, erklärte der Butler leise. »Wenn meine bescheidene Rechnung aufgeht, wird dieser Apparat uns einiges über den Aufenthaltsort der Mörder sagen.«
»Und deshalb dürfen wir nicht lange warten«, erwiderte Mike Rander ungeduldig, »die beiden Weißen werden schnell hinter den Schwindel kommen, wenn sie sich den Apparat genauer ansehen.«
»Haben Sie etwa einen Sender eingebaut?« fragte Sue Weston und lächelte verstehend.
»In der Tat«, sagte der Butler, »und diesen Peilzeichen sollte man jetzt umgehend folgen.«
*
Rander und Parker saßen in Maudlings Landrover und fuhren vorsichtig durch die Nacht.
Rander hielt ein kleines Kofferradio in Händen, das nichts anderes war als ein Empfänger für den Peilsender im Fotoapparat. Die Peilzeichen – Pieptöne in einem bestimmten Rhythmus – waren klar und deutlich zu hören. Sie wurden von Minute zu Minute immer lauter.
»Wir scheinen auf dem richtigen Kurs zu sein«, sagte Rander zufrieden.
»Die Mörder werden sich dort drüben in den Felsklippen versteckt halten«, erklärte Parker.
»Wo, bitte?« Rander sah nichts. Dunkelheit umgab sie. Parker hatte aus wohlerwogenen Gründen selbstverständlich die Scheinwerfer des Wagens nicht eingeschaltet.
»In südöstlicher Richtung, Sir«, erläuterte der Butler, der die Landkarte gut im Kopf hatte, »es scheint sich um die Ausläufer eines mittleren Gebirges zu handeln. Meiner bescheidenen Schätzung nach dürfte man diese Klippen in etwa einer halben Stunde erreicht haben.«
»Dann müssen wir aber rechtzeitig aussteigen und zu Fuß weitergehen«, warnte Rander.
»Und man sollte sicherheitshalber zusätzlich davon ausgehen, Sir, daß Sie und meine bescheidene Wenigkeit eine Falle erwartet«, fügte der Butler hinzu.
»Sie meinen …?«
»Der Peilsender könnte inzwischen schon entdeckt worden sein, Sir!«
»Okay.« Rander nickte und zündete sich unterhalb der Windschutzscheibe eine Zigarette an. Er wollte jeden verräterischen Lichtschein vermeiden. Er freute sich, daß sein Butler neben ihm saß. Ohne Parker wäre er sich in der Dunkelheit der Savanne verloren vorgekommen.
Es war schon frappierend, mit welcher Umsicht und Sicherheit zugleich Parker den Wagen durch die Nacht steuerte. Sie befanden sich schließlich nicht auf einer Straße, sondern in der Wildnis. Sie mußten jeden Moment mit aufgescheuchtem Wild rechnen, mit den Höhlen der Erdferkel und Schuppentiere.
Parker stieg sanft in die Bremsen des Wagens, als dicht vor dem Bug ein Rudel Schakale aufstob und sich erschreckt in die Dunkelheit verlief.
»Besser als ein Nashorn«, sagte Rander erleichtert.
»Von einem Elefanten mal ganz zu schweigen, Sir«, ließ Parker sich höflich vernehmen. Er behielt den Wagen völlig unter Kontrolle und steuerte plötzlich scharf nach rechts, wo eine Baumgruppe in Umrissen zu erkennen war.
»Was ist los?« erkundigte sich Rander.
»Der Mond, Sir«, erklärte der Butler, »wird in spätestens zehn Minuten ohne jeden Wolkenvorhang sein. Bis dahin sollte man den Wagen deckungssicher untergebracht haben.«
Parker hatte richtig geschätzt.
Sie standen gerade neben dem Wagen unterhalb der Schirmakazien, als der Mond sein Licht über die Savanne warf.
»Dort sind ja auch die Klippen«, sagte Rander und deutete nach vorn.
Es schien sich um den Ringwall eines längst erloschenen kleineren Kraters zu handeln. Der Mond warf lange Schatten und ließ die steilen Felsklippen noch schärfer werden.
»Der Peilsender hat sein Maximum erreicht«, stellte Rander fest, »drüben müssen sie sein. Wie lange brauchen wir, bis wir die Klippen erreicht haben?«
»Ich erlaube mir, mit einer guten, halben Stunde zu rechnen«, erwiderte Parker und stieß ein leichtes überraschtes Oh aus, als dicht in ihrer Nähe das dumpfe Brüllen eines Löwen zu hören war, der sich wohl in seiner Nachtruhe gestört fühlte.
»Drüben!« flüsterte Rander und deutete mit der freien Hand auf eine Bewegung unterhalb der Baumgruppe. Er hatte sich nicht getäuscht. Gegen den hellen Hintergrund war ein männlicher Löwe zu sehen, der interessiert und dennoch vorsichtig auf sie zumarschierte. Er hatte die feste Absicht, sich einen gewissen Josuah Parker näher anzusehen.
Parker ließ sich keineswegs verblüffen.
Er hielt bereits seine Gabelschleuder in der Hand und legte eine Tonmurmel in die Lederschlaufe.
Der Löwe kam mutig näher.
Hinter ihm erschienen weitere Rudelmitglieder, die sich an dem Mahl zu beteiligen gedachten. Es wurde höchste Zeit für Parker und Rander, zurück in den Wagen zu steigen. Oder sonst irgend etwas zu tun.
*
Der Löwe, ein altgedienter Kämpe im Rudel und so etwas wie der Boß der Großfamilie, zuckte plötzlich wie unter einem Peitschenhieb zusammen und setzte sich verblüfft auf seine Hinterläufe.
Was mit dem stechenden Schmerz zusammenhing, den er auf seiner Nasenspitze verspürte. Er hatte das Gefühl, sich einen zähen Dorn in das Riechorgan gerammt zu haben.
Mit der typischen Geste einer Katze nahm er den rechten Vorderlauf hoch und wischte sich vorsichtig über die Nase. Zu seiner Überraschung konnte er nichts Dorniges feststellen. Also mußten die beiden menschlichen Figuren ihm diesen Schmerz beigebracht haben.
Worüber er sich ärgerte.
Bisher hatte er es noch immer verstanden, sich Respekt zu verschaffen. Er fürchtete um sein Image im Rudel. Es gab da einige Junglöwen, die nur darauf warteten, seine Rolle zu übernehmen.
Der Altlöwe stellte sich also wieder auf seine vier Läufe und pirschte sich näher an die beiden Zweibeiner heran. Er wollte es ihnen jetzt mal nachdrücklich zeigen.
Nun, er kam nicht weit …
Wieder dieser stechende Schmerz – und jetzt auch in der Nase! Dazu fehlte jedes Schußgeräusch.
Der Löwe fegte sich mit der Pranke das Wasser aus den Augen und stieß ein gereiztes Brüllen aus. Dann hatte er nichts dagegen, daß zwei besonders kesse Junglöwen ihn überspurteten und die Jagd fortsetzten. Er gönnte ihnen die Nasentstüber, die mit Sicherheit zu erwarten waren.
Plötzlich