G.F. Barner Staffel 1 – Western. G.F. Barner

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G.F. Barner Staffel 1 – Western - G.F. Barner


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mehr gehabt und jede Nacht von dem Tag geträumt, an dem ihr aus dem Jail kommen würdet. Nein, ich hätte es nicht geholt!«

      »Du hättest es auch riskiert«, sagte Dillon finster. »Jeder würde es getan haben. Man kann sich ja etwas einfallen lassen, um die Besitzer der Beute zu empfangen, wenn sie aus dem Jail kommen und ihr Geld zurückhaben wollen. Ich will die Briefe sehen, Tonito – du hast sie doch?«

      »Ja, Mort, ja. Ich zeige sie dir. Glaube mir, das habe ich nicht gewußt, bestimmt nicht!«

      »Ich weiß – du wärest nicht mehr hier, du wärest auch da unten in Socorro oder Albuquerque – oder in El Paso.«

      »Mort!« keuchte Charly schrill. »Mort, sie kann sich doch ausrechnen, daß wir sie suchen werden. Darum hat sie ihm schon geschrieben, sie würde nach El Paso gehen. Von dort kann sie verschwinden, sie braucht ja nur über die Grenze zu gehen – oder nach Westen. Mort, sie wird mit unserem Geld durchgehen. Wir müssen hin, wir müssen schnell hin, sonst ist sie verschwunden. Stell dir vor, daß sie ans Jail geschrieben hat…«

      Charly Dillon konnte nicht mehr reden, er schnappte nach Luft und dachte an Lester McDermitts Frau. Die Frau hatte auch ans Jail geschrieben. Sie wollte alles schön für seinen Empfang machen, wenn er entlassen wurde. Die ganze Verwandtschaft würde ihm einen Empfang geben, aber Lester sollte davon nichts erfahren, es sollte eine Überraschung werden. Es wurde auch eine. Als er nach Hause kam, öffnete ihm ein Fremder die Tür und sagte ihm, seine Frau hätte ihm das Haus und das Vieh verkauft. Wohin sie sei? Keine Ahnung! Hier wäre ein Mann gewesen, er habe gedacht, das sei ihr Mann…

      »Sie weiß es!« keuchte Charly. »Mort, sie weiß es längst, sie ist weg!«

      »Ja«, sagte Mort einsilbig und ging zur Stalltür. »Sie ist nicht mehr in Socorro – na und?«

      »Wir finden sie nie, Mort!«

      Er lachte nur und ging zum Haus.

      Es gab nichts, was ein Dillon nicht wiederfand!

      *

      Mort schob den Teller beiseite und sah Palucco seltsam an. Dem wurde wieder schlecht, denn er ahnte, daß die Sache noch lange nicht ausgestanden war. Sie hatten Hunger wie die Wölfe gehabt, Durst wie Männer, die durch eine Wüste geritten waren. Zudem waren sie nur auf einem Pferd gekommen, einem Klepper, der gerade fünfzig Dollar einbringen mochte.

      »Ja«, sagte Mort und hob die Briefe nachlässig an. »Stimmt alles, was du erzählt hast, Tonito. Du kannst ihr ruhig schreiben, daß wir sie suchen, sie wird den Brief nicht erhalten, wette ich. Du kannst ihr auch schreiben, daß wir dich an euer Familiengesetz erinnert haben. Ihr Mexikaner habt eure eigenen Familiengesetze, wie? Wenn der Bruder in Not gerät, helfen ihm alle Geschwister, so ist das doch bei euch, oder? Macht einer Schulden, zahlen die anderen sie zurück, wenn er selbst nicht zahlen kann – ist doch so, ja?«

      Tonito hatte das Gefühl, daß sich sein Magen zusammenzog und sein Herzschlag aussetzte.

      »Ich… ich…«

      »Was?« fragte Mort und spielte mit dem langen Messer, das er zum Schneiden des Rauchfleisches benutzt hatte. »Was ist, Tonito? Wir brauchen deine beiden besten Pferde. Unser Gaul taugt gerade als Packpferd, mehr ist der nicht wert. Geld hast du auch im Haus, ich weiß es! Lüge nicht, bleibe bei der Wahrheit, dann nehmen wir dir nicht alles. Lügst du, stellen wir das Haus auf den Kopf und finden es doch, klar? Wir können dich auch ›behandeln‹, wenn du nicht vernünftig bist, aber ich will das wirklich nicht, Tonito. Zwinge uns also nicht, etwas zu tun, was wir gar nicht wollen. Wieviel Geld hast du denn im Haus?«

      Gott, dachte Palucco, Gott der Gerechte, ich hab’s doch gewußt! Liza, ich verfluche dich! Du Hure, du verfluchte Hure, was hast du uns alles angetan? Mutter starb vor Gram, als sie hörte, wie du dein Geld verdientest. Vater wagte sich monatelang nicht unter die Leute – ich schämte mich zu Tode, Maria wollte mich gar nicht nehmen, weil ich so eine Schwester hatte. Aber du warst immer die Tochter unserer Eltern und meine Schwester. Blut ist dicker als Wasser bei uns, wenn das auch ein Gringo nicht richtig versteht. Ich muß zahlen – mein sauer verdientes Geld!

      Paluccos Hände zitterten. Er wußte, log er, versuchte er, den Dillons einen zu geringen Betrag zu nennen, schlugen sie ihn gnadenlos zusammen. Vielleicht schlugen sie ihn sogar tot. Vielleicht glaubten sie ihm nicht einmal, wenn er die volle Summe angab. Was sollte er tun, sollte er mit ansehen, wie sie mit all seinem Ersparten davonritten? Oder sollte er sich totschlagen lassen?

      »Die ganze Summe«, sagte Mort Dillon leise und spielte mit dem langen Messer. Es war, als hätte er die Gedanken Paluccos erraten. »Nicht lügen, Tonito!«

      »Kommt mit«, murmelte der Händler. »Ich zeige es euch. Laßt mir bitte etwas, Mort.«

      »Wir werden sehen.«

      Als er vor ihnen in den Wohnraum trat und den Blendladen des Fensters schloß, schlotterten ihm die Knie. Die Angst, daß sie ihm nicht glauben könnten, ließ ihn zittern. Vor ihren Augen, er spürte ihre Blicke wie Dolche in seinem Rücken, nahm der die schwere Steinplatte vom Kamin. Darunter war die Lage hartgebrannter Ziegel. Selbst wenn man genau hinsah, konnte man nicht erkennen, welcher Ziegel lose saß. Sie hatten alle die gleichen offenen, bröckeligen Fugen. Dann nahm er den Ziegelstein heraus, legte ihn beiseite, hob die Abdeckplatte aus grauem Schiefer an und stellte sie hochkant. Danach erst kam die alte Kassette zum Vorschein: schwer, dick, an den Ecken vernietet und mit einem eingearbeiteten Schloß. Der Schlüssel lag unter der Kassette und der nächsten Platte.

      Mein Gott, dachte Antonio, den seine Freunde Tonito nannten, weil diese Abkürzung besser klang, mein Gott, mein Geld. Liza, was kostest du mich noch?

      Damals, als es mit ihr angefangen hatte, als sie zuerst mit einem verheirateten Mann geschlafen und dessen Frau sie erwischt hatte, hatte sein Vater Liza an den Haaren durch das Haus geschleift und auf sie eingeschlagen. Aber es hatte nicht geholfen, sie war wieder zu Männern gegangen – immer wieder. Und er hatte aufpassen sollen, er, Tonito. Er konnte nicht immer aufpassen und bekam Prügel für Liza.

      Seine Hände zitterten, als die Kassette offen war und das Geld ihn ansah, das schöne Geld…

      Antonio Palucco konnte nicht reden, als Mort das Geld herausnahm, die sechs Rollen mit den schönen Doppeladlern, die drei Paketchen Scheine, sorgfältig in Papier gewickelt.

      Papier zerriß, Münzen klimperten auf der Tischplatte. Dann zählte Morton und sah Antonio durchbohrend an.

      »Du hast doch noch etwas?«

      »Ja«, sagte er gequält. »Noch eine Kassette im Tisch – in der Schublade, wenn ich Geschäfte machen muß – vielleicht achtzig Dollar – ich gebe sie euch!«

      Charly grinste breit, der sah nur das Geld – vierhundertfünfzig Dollar in Münzen und Scheinen.

      Mort blickte düster in die andere Kassette und dachte an Liza, für die Tonito nun zahlen mußte. Nun gut, Palucco war ein Roßtäuscher. Aber was konnte er im Grunde für seine Schwester und deren Gemeinheit?

      »Die Scheine«, sagte Mort und nahm vierzig Dollar aus der zweiten Kassette. »Die beiden…«

      Charly starrte ihn ungläubig an, aber er sagte noch nichts. Charly blieb stumm, weil er seinen Bruder zu gut kannte. Wenn der die dunklen Brauen so finster zusammenzog, reizte man ihn besser nicht.

      Mort ging um den Tisch herum, seine Hand griff nach den Doppeladlern, sein Blick fiel auf die Jahreszahl der Prägung.

      »Alt, was?« fragte er mürrisch. »Wie alt sind die, seit wann hast du sie, Tonito?«

      »Einige stammen von mir, es gibt sie ja kaum noch, mein Vater hat sie gesammelt. Goldmünzen, sagte er, behielten immer ihren Wert.«

      Mort schwieg, kein Mensch wußte, was er dachte. Nur er kannte seine Gedanken, als er die Münzen jäh zur Seite schob.

      »Behalte sie!«

      »Bist du verrückt?« schrie Charly los. »Bist du wahnsinnig? Das sind über zweihundert Dollar, das sind ja über zweihundert…«


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