H. G. Wells – Gesammelte Werke. Herbert George Wells

Читать онлайн книгу.

H. G. Wells – Gesammelte Werke - Herbert George Wells


Скачать книгу
Lich­tes, das wir aus der po­chen­den Ma­schi­ne hat­ten flie­ßen se­hen. Nahe an mei­nem Ge­sich­te fie­len hin und wie­der in­ter­mit­tie­ren­de Was­ser­trop­fen durch die Stä­be hin­durch.

      Mei­ne ers­te Be­mü­hung war na­tür­lich, zu se­hen, was auf dem Bo­den der Höh­le sein moch­te, aber un­ser Git­ter lag in ei­ner Sen­kung, de­ren Rand un­se­ren Au­gen all das ver­barg. Dann kehr­te un­se­re ver­ei­tel­te Auf­merk­sam­keit zu den An­deu­tun­gen der man­nig­fa­chen Töne zu­rück, die wir hör­ten, und als­bald fiel mein Blick auf eine An­zahl schwa­cher Schat­ten, die über das dunkle Dach weit zu Häup­ten spiel­ten.

      Un­be­streit­bar wa­ren meh­re­re Se­le­ni­ten, viel­leicht eine be­trächt­li­che An­zahl, in die­sem Rau­me, denn wir konn­ten die Töne ih­rer Un­ter­hal­tung hö­ren, und noch schwa­che Schal­le, die ich als ihre Schrit­te er­kann­te. Wir ver­nah­men auch eine Fol­ge sich re­gel­mä­ßig wie­der­ho­len­der Schal­le – schwipp, schwipp, schwipp – die an ein Mes­ser oder einen Spa­ten er­in­ner­ten, mit dem man in et­was Wei­ches hackt. Dann kam ein Ras­seln wie von Ket­ten, ein Pfei­fen und Rum­peln, wie wenn ein Kar­ren über et­was Hoh­les läuft, und dann wie­der je­nes schwipp – schwipp – schwipp. Die Schat­ten spra­chen von Ge­stal­ten, die sich schnell und rhyth­misch im Ein­klang mit je­nem re­gel­mä­ßi­gen Schall be­weg­ten und ruh­ten, wenn er auf­hör­te.

      Wir ta­ten die Köp­fe nah zu­sam­men und be­gan­nen die­se Din­ge mit ge­räusch­lo­sem Flüs­tern zu er­ör­tern.

      »Sie sind be­schäf­tigt«, sag­te ich, »sie sind ir­gend­wie be­schäf­tigt.«

      »Ja.«

      »Sie su­chen uns nicht und den­ken nicht an uns.«

      »Vi­el­leicht ha­ben sie noch nicht von uns ge­hört.«

      »Die an­de­ren ja­gen da un­ten her­um. Wenn wir hier plötz­lich er­schie­nen – –«

      Wir blick­ten ein­an­der an.

      »Es könn­te mög­lich sein zu ver­han­deln«, sag­te Ca­vor.

      »Nein«, sag­te ich. »Nicht, wie wir sind.«

      Eine Zeit lang blie­ben wir still, je­der mit sei­nen ei­ge­nen Ge­dan­ken be­schäf­tigt.

      Schwipp, schwipp, schwipp mach­te das Ha­cken, und die Schat­ten be­weg­ten sich hin und her.

      Ich sah mir das Git­ter an. »Es ist nicht stark«, sag­te ich. »Wir kön­nen zwei von den Stan­gen bie­gen und durch­krie­chen.«

      Wir ver­schwen­de­ten ei­ni­ge Zeit mit un­be­stimm­ter Dis­kus­si­on. Dann fass­te ich eine der Stan­gen mit bei­den Hän­den und stemm­te die Füße ge­gen den Fel­sen, bis sie mit mei­nem Kop­fe fast auf ei­ner Höhe wa­ren, und zog dann an der Stan­ge. Sie bog sich so plötz­lich, dass ich fast fiel. Ich klet­ter­te her­um und bog die be­nach­bar­te Stan­ge in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung, nahm dann den leuch­ten­den Pilz aus der Ta­sche und warf ihn den Spalt hin­un­ter.

      »Tun Sie nichts Übe­reil­tes«, flüs­ter­te Ca­vor, als ich mich durch die er­wei­ter­te Öff­nung hin­auf­wand. Ich be­kam, als ich durch das Git­ter hoch­stieg, flüch­tig ge­schäf­ti­ge Ge­stal­ten zu se­hen und bück­te mich so­fort wie­der, so­dass mich der Rand der Sen­kung, in der das Git­ter lag, vor ih­ren Au­gen ver­barg; ich leg­te mich flach hin und gab Ca­vor durch Zei­chen Ratschlä­ge, als auch er An­stalt mach­te, her­auf­zu­kom­men. Bald la­gen wir Sei­te an Sei­te in der Sen­kung und späh­ten über den Rand in die Höh­le hin­ein und nach ih­ren In­ha­bern.

      Die Höh­le war viel wei­ter, als wir nach un­serm ers­ten Blick ver­mu­tet hat­ten, und wir blick­ten von der nied­rigs­ten Stel­le ih­res ab­schüs­si­gen Bo­dens hin­auf. Sie er­wei­ter­te sich, je mehr sie von uns fort­lief, und ihr Dach senk­te sich und ver­barg uns den ent­fern­te­ren Teil völ­lig. Und ihre gan­ze Län­ge ent­lang, schließ­lich in der rie­si­gen Per­spek­ti­ve weit­hin ver­schwin­dend, la­gen in ei­ner Rei­he eine An­zahl rie­si­ger Ge­stal­ten, rie­si­ger blei­cher Rümp­fe, an de­nen die Se­le­ni­ten ar­bei­te­ten. Erst schie­nen es große wei­ße Zy­lin­der un­be­stimm­ten In­halts zu sein. Dann fie­len mir die Köp­fe an ih­nen auf, die uns zu­ge­wandt la­gen, au­gen- und haut­los wie die Köp­fe von Scha­fen bei ei­nem Schläch­ter, und ich be­merk­te, dass es die Lei­chen von Mond­käl­bern wa­ren, auf­ge­schnit­ten, wie etwa die Mann­schaft ei­nes Wal­fisch­fän­gers einen ver­an­ker­ten Wal­fisch auf­schnei­den moch­te. Sie schnit­ten das Fleisch in Strei­fen ab, und an ei­ni­gen der ent­fern­te­ren Rümp­fe sah man die wei­ßen Rip­pen. Ihre Bei­le hat­ten je­nes Geräusch – das Schwipp-schwapp-schwipp – ge­macht. In ei­ni­ger Ent­fer­nung lief et­was wie ein Roll­wa­gen­ka­bel, das Klum­pen lo­sen Flei­sches auf Kar­ren zog, den Hang des Höh­len­bo­dens hin­auf. Die­se un­ge­heu­re lan­ge Rei­he von Rümp­fen, die als Nah­rung die­nen soll­ten, gab uns ein Ge­fühl von der rie­si­gen Be­völ­ke­rung der Mond­welt, das nur der Wir­kung un­se­res ers­ten Blickes in den Schacht hin­un­ter nach­stand.

      Eine lan­ge Zeit la­gen wir da und be­ob­ach­te­ten die­se Din­ge schwei­gend. »Nun?«, sag­te Ca­vor schließ­lich. »Wenn sie die­se Kör­per nicht mit ei­nem Krahn her­ab­ge­las­sen ha­ben«, sag­te ich, »müs­sen wir der Ober­flä­che nä­her sein als ich dach­te.«

      »Wa­rum?«

      »Das Mond­kalb springt nicht, und es hat kei­ne Flü­gel.«

      Er späh­te wie­der über den Rand der Sen­kung. »Ich wun­de­re mich jetzt …« be­gann er. »So sind wir schließ­lich über­haupt nicht weit von der Ober­flä­che fort­ge­kom­men – –«

      Ich un­ter­brach ihn, in­dem ich ihn am Arm pack­te. Ich hat­te ein Geräusch aus der Spal­te un­ter uns ge­hört!

      Wir wand­ten uns her­um und la­gen to­ten­still, mit je­dem Sinn auf der Hut. Nach ei­ni­ger Zeit zwei­fel­te ich nicht mehr, dass ir­gend et­was in dem Spalt her­auf­stieg. Sehr lang­sam und sehr ge­räusch­los si­cher­te ich mir einen fes­ten Griff an mei­ner Ket­te und dann war­te­te ich, dass das Et­was er­schei­nen soll­te.

      »Se­hen Sie noch mal eben nach den Ker­len mit den Bei­len«, sag­te ich.

      »Da ist al­les ru­hig«, sag­te Ca­vor.

      Ich ziel­te pro­vi­so­risch ein­mal nach dem Loch im Git­ter. Jetzt konn­te ich das lei­se Ge­zwit­scher der auf­stei­gen­den Se­le­ni­ten, das Klap­sen ih­rer Hän­de an den Fel­sen und den Fall des Stau­bes un­ter ih­ren Grif­fen beim Klim­men ganz deut­lich hö­ren.

      Dann konn­te ich er­ken­nen, dass sich in der Schwär­ze un­ter dem Git­ter­dun­kel et­was be­weg­te, aber was es sein moch­te, konn­te ich nicht un­ter­schei­den.


Скачать книгу