Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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geblieben, so sahen sie es als ihre gottgewollte Aufgabe an, für den Neffen zu sorgen. Adam Grummer war Bauer in Waldkogel. Er liebte die Landwirtschaft und die Arbeit in freier Natur. Gern hätte Adam gesehen, dass Alban in seine und seines Vaters Fußstapfen getreten wäre. Aber der Junge entwickelte sich völlig anders. Er half zwar Onkel und Tante nach der Schule und in den Ferien tatkräftig auf dem Hof und der Alm, aber er ließ nie einen Zweifel daran, dass er später etwas ganz anderes machen wollte. Er wollte zur See. Dieser Berufswunsch war für seine Zieheltern sehr exotisch. So erkundigten sie sich und beschlossen, dass Alban in Kirchwalden auf das Gymnasium gehen und danach Ingenieurwissenschaft studieren sollte. Dabei könnte er den Schwerpunkt auf den Schiffsbau legen. Alban vergaß seiner Tante und seinem Onkel nie, dass sie alles getan hatten, seinen Berufswunsch zu fördern. Er wusste, wie schwer es für sie gewesen war. Dabei ging es nicht um Materielles, sondern um die Anfeindungen und das Unverständnis, dem sich die beiden lange Zeit in Waldkogel aussetzten. Noch niemals hatte dort jemand zur See gewollt. Hinzu kam, dass die beiden selbst keine Kinder hatten und er später einmal den Hof erben würde. Also war es nach Ansicht vieler ziemlich unklug von den beiden, den Berufswunsch des Buben zu fördern.

      Während Alban seine Krawatte band, musste er an das bevorstehende Mittagessen denken. Sie wollten Einzelheiten der Hochzeit bereden, die im Herbst stattfinden sollte.

      Alban ging ins Wohnzimmer seiner Junggesellenwohnung unweit der Werft, auf der er arbeitete und goss sich einen Cognac ein. Er setzte sich und ging in Gedanken noch einmal die Argumente durch, die er mit Nachdruck vorbringen wollte. Er wusste, dass er in dem einen strittigen Punkt nicht nur Alina gegen sich hatte, sondern auch deren Eltern, die ihrer Tochter keinen Wunsch abschlagen konnten. In vielen Dingen war Alban Kompromisse eingegangen. In dem Punkt der Örtlichkeit für die kirchliche Trauung wollte er hart bleiben, koste es, was es wolle. Alban wollte seine Braut in der schönen Barockkirche in Waldkogel zum Altar führen. Dort hatten seine Eltern geheiratet, auf dem Friedhof in Waldkogel lagen sie im Familiengrab der Grummers. Alban war in der Kirche getauft worden und danach zur Erstkommunion und zur Firmung gegangen, er war dort Messdiener geworden. Das Gotteshaus war ein Stück Heimat für ihn und immer wieder Zuflucht in schwierigen Lebenslagen gewesen.

      Mit seinem Wunsch, dort vor den Altar zu treten, hatte Alban bei seiner Braut bisher nur Widerstand ausgelöst. Dabei könnte alles so einfach sein. Heirat in Alinas Heimat auf dem Standesamt und eine Feier mit Alinas Verwandten, ihren Freunden und Kollegen. Eine Woche später dann die kirchliche Segnung der Ehe in Waldkogel mit seinem Onkel und seiner Tante während einer Sonntagsmesse. Alban stellte sich alles genau vor. Nach der Trauung wollte er mit seiner Braut das Grab seiner Eltern besuchen und einen Blumenstrauß niederlegen.

      Alban trank seinen Cognac. Er schaute auf die Uhr. Es war Zeit zu fahren. Er zog das Jackett an und nahm den Aufzug in die Tiefgarage. Im Kofferraum des Geländewagens lag eine gute Flasche Wein. Auf dem Weg zu den Fischers wollte er noch am Blumengeschäft halten und zwei Blumensträuße kaufen, einen für seine Braut und einen für deren Mutter. So geschah es dann auch. Alban wählte Rosen für Alina und einen bunten Sommerstrauß für seine künftige Schwiegermutter.

      Er parkte vor der kleinen Villa. Die Haustür ging auf, und Alina kam auf ihn zu. Sie warf sich ihm an den Hals und küsste ihn.

      »Liebster, endlich bist du da! Ich dachte, du wolltest früher kommen?«

      Alban blickte auf seine wasserdichte sportliche Armbanduhr.

      »Ich bin doch pünktlich, sogar eine Viertelstunde früher.«

      »Sicher, das bist du! Ich meinte das auch nicht so. Schlimm, dass du als Ingenieur alles so wörtlich und genau nimmst. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich vermisst habe und hoffte, dass du mir sagst, dass jede Minute ohne mich eine sinnlose Minute ist, verschenkte, vergeudete Zeit.«

      »Ja, sicher ist es so, Alina!«

      Alban überreichte ihr den Blumenstrauß. Dann gingen sie zusammen ins Haus. Alinas Mutter freute sich über die Blumen, und ihr Vater war von dem guten Tropfen Wein beeindruckt.

      Man setzte sich zum Essen ins Ess­zimmer.

      »Das duftet ja! Was gibt es denn Gutes?«

      Alinas Vater beugte sich leicht zu Alban hin und flüsterte, damit es Alina und ihre Mutter in der Küche nicht hören sollten:

      »Alina hat heute gekocht. Sie sagte, es handelt sich dabei um eines deiner Lieblingsessen, Rotkraut, Bratwurst mit Kartoffelbrei und als Nachtisch Apfelkompott.«

      »Ah schön, aber das macht mich auch ein wenig misstrauisch. Wenn Alina mich mit einem guten Essen zu umgarnen versucht, dann will sie ihren Willen durchsetzen.«

      »Junge, du kennst sie gut!«

      »Sollte nicht jeder Bräutigam seine Braut gut kennen?«

      »Doch, Junge, das sollte man annehmen. Alina ist ein kleiner Dickkopf, aber das muss ich dir nicht sagen.«

      »Nein, das musst du mir nicht sagen! Ich vermute, sie will mich umstimmen, was die kirchliche Trauung betrifft. Richtig?«

      Alinas Vater nickte. Alban fuhr fort:

      »Da wird sie auf Granit beißen! Darin bleibe ich hart.«

      »Das habe ich mir schon gedacht! Ich habe mit ihrer Mutter gesprochen, ich denke, ihr beiden solltet das unter euch ausmachen. Wundere dich bitte nicht, dass wir uns da nicht einmischen. Alina würde uns nie verzeihen, wenn wir uns auf deine Seite schlagen. Wir finden die Hochzeit gut, so wie sie geplant ist. Außerdem bedeutet Ehe auch, dass man auf die Wünsche des anderen eingeht. Ich befürchte fast, dass dies Alina noch lernen muss. Junge, ich bewundere dich, ich möchte nicht in deiner Haut stecken.«

      Die beiden Männer sahen sich an. Das Gespräch brach ab. Alina und ihre Mutter brachten die Schüsseln und die Platte mit dem Essen. Sie aßen.

      Nach einer Weile fragte Alina:

      »Wie schmeckte es dir, Alban?«

      »Sehr gut! Es ist mein Lieblingsessen! Ich genieße jeden Bissen.«

      »Alina hat heute gekocht«, bemerkte ihre Mutter.

      »Das Essen ist dir gelungen, Alina! Und ich gestehe, ich bin überrascht. Ich wusste nicht, dass du so gut kochen kannst!«

      »Danke für das Kompliment! Du wirst nach unserer Hochzeit noch viel Gutes an mir entdecken. In mir schlummern ungeahnte Talente.«

      »Dann lasse ich mich überraschen!«

      Alban aß weiter. Alina führt behutsam das Gespräch auf das heikle Thema, kirchliche Trauung in Waldkogel. Alban legte sein Besteck ab und tupfte sich mit der Serviette die Lippen. Er schaute seine Braut an.

      »Alina, bitte! Lass uns später darüber reden!«

      »Nein, ich will jetzt darüber reden und es klären. Ich habe mit Mama und Papa schon alles besprochen. Sie sind ganz meiner Meinung. Wir heiraten hier standesamtlich und kirchlich. Nicht wahr Mama, Papa, darüber waren wir uns einig! Du bist also überstimmt, Alban!«

      Alban warf seinen zukünftigen Schwiegereltern Blicke zu. Ganz ruhig sagte er: »Alina, gut, ganz wie du willst, dann klären wir das jetzt und hier! Ich heirate dich und nicht deine Eltern. Ich lasse bezüglich der kirchlichen Trauung nicht mit mir handeln. Es ist mein inniger Wunsch, es so zu machen. Ich hatte gehofft, du verstehst meine Beweggründe.«

      »Liebster Alban, sicher kann ich sie verstehen. Aber wenn wir schon kirchlich heiraten müssen, dann will ich hier heiraten mit meinen Freundinnen als Brautjungfern. Ich will ganz groß heiraten wie im Film, ich im weißen Brautkleid mit langer Schleppe und du im Cut oder Frack! So stelle ich mir das vor. In Waldkogel wäre das unangebracht. Am Ende willst du einen dieser unkleidsamen Lodenanzüge tragen und erwartest, dass ich in ein Dirndl schlüpfe? Das kommt nicht in Frage!«

      Alban aß weiter.

      »Nun sage doch etwas!«, forderte ihn Alina auf.

      »Es gibt nichts dazu zu sagen, Alina. Es ist mein Wunsch und ich bin etwas traurig, dass du mich so gar nicht verstehen kannst.«


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