Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.ihr die Tradition nahe bringen, mit ihr schöne Wanderungen machen. Ich dachte, ich gehe mit ihr auf die Berghütte und mache sie mit Anna bekannt. Ich hoffte, die Anna könnte sie anstecken mit ihrer Liebe zur Tradition und den Bergen.«
Alban trank einen Schluck Bier.
»Sie hat sich seit dem Zwischenfall nicht mehr bei mir gemeldet!«
»Vielleicht tut sie es noch, Alban.«
»Danke für den Versuch des Trostes, Tante Lore. Aber es kommt mir immer mehr so vor … wie heißt es? Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass sie nachgeben tut. Bei der Alina kann ich sagen, dass sie immer ihren Kopf durchsetzen will. Sie ist das typische verwöhnte Einzelkind!«
»Du bist auch ein Einzelkind und noch net einmal unser eigen Fleisch und Blut und bist doch wohl geraten. Bub, wir sind richtig stolz auf dich! Drauf wollen wir jetzt mal anstoßen. Auf dich, Alban, und auf ein langes und glückliches Leben, mit wem auch immer!«
»Ja, mit wem auch immer! Zum Wohl!«
Sie tranken.
»Wie wirst jetzt weiter vorgehen, Alban? Rufst sie an?«
»Naa! Des habe ich mir geschworen. Dieses Mal mache ich nicht den ersten Schritt. Ich habe alle Wogen geglättet, bin als liebender Bräutigam auf sie zugegangen. Aber jetzt – naa! Ich mache mich net zum Affen. Wenn die denkt, sie könnte mich durch ein paar Tränen umstimmen, dann ist sie bei mir falsch gewickelt, versteht ihr?«
Lore und Adam sahen, wie unglücklich ihr Neffe war. Er hatte richtige Schatten unter den Augen.
»Liebst du sie noch, Bub?«, fragte sein Onkel.
Alban trank einen Schluck Bier.
»Wenn ich ganz ehrlich bin …« Er zuckte mit den Achseln. »Mei, ich weiß es nicht mehr. Ich bin nur durcheinander und verletzt. Es bedeutet mir so viel, die Alina hier zum Altar zu führen. Die Eltern liegen neben der Kirche auf dem Friedhof. So wären sie irgendwie dabei … versteht ihr?«
Seine Stimme bebte, er war sehr bewegt. Sein Onkel stand auf und holte einen hochprozentigen Obstler.
»Hier, jetzt trinkst davon einen Schluck! Dann kannst gut schlafen. Du bist jetzt erst mal daheim. Lass dir Zeit und höre auf dein Herz.«
Adam stellte Alban die Flasche und das Glas hin. Dieser schenkte sich ein und trank.
»Mei! Himmelherrgott, des ist ja ein richtiger Rachenputzer. Ist des ein Schwarzgebrannter?«
»Des ist der Spezialschnaps vom alten Alois von der Berghütte. Er hatte mir einige Tage nach meinem runden Geburtstag durch den Toni eine Flasche runtergeschickt.«
»Der ist wirklich gut! Der kann Tote aufwecken!«
Sie lachten.
»Siehst, jetzt hast zumindest etwas Farbe in den Wangen. Grüble net so viel, Alban. Du bist net weggelaufen, sondern des Madl. So soll es auch wieder zu dir kommen. Und wenn es net kommt, ja mei, dann musst eben noch mal nachdenken. Du verstehst?«
»Ja! Es ist nicht leicht für mich! Sie lehnt alles ab, was mit Waldkogel zu tun hat. Wie soll des werden, wenn ich später einmal genug vom Schiffbau habe und mich dann um den Hof kümmern will? Ihr werdet auch net jünger.«
Lore und Adam warfen sich Blicke zu. Ihnen wurde bei so viel Sorge ganz warm ums Herz.
»Warte erst mal ab. Wut und Zorn sind noch nie gute Ratgeber gewesen. Jetzt bist hier und genießt deine Heimat. Des gibt dir Kraft und Ruhe und die Einsicht, die du brauchst.«
Adam warf einen Blick auf die Wanduhr, deren Pendel gleichmäßig hin und her schwangen. Die Uhr war sehr alt. An den Ketten, die zum Aufziehen dienten, hingen schwere Gewichte in Form von Tannenzapfen aus Messing.
»Wenn du magst, kannst noch hier sitzen bleiben, Bub. Wir sind rechtschaffen müd’ nach dem Tag auf der Alm und gehen zu Bett.«
»Ich lege mich auch hin. Ich habe die letzte Nacht schlecht geschlafen.«
»Des verstehen wir!«
Sie standen auf. Lore machte als Letzte das Licht über dem Tisch aus, dann gingen sie die Stiege hinauf. Vor seinem Zimmer nahm Alban seine Tante und seinen Onkel in den Arm.
»Danke für alles! Ihr seid immer wie liebende Eltern gewesen!«
»Du bist auch ein sehr braver Sohn gewesen, Alban. Ich denke, ich kann des auch im Namen von der Lore sagen. Es bricht uns das Herz, dich so unglücklich zu sehen.«
Alban brachte kein Wort heraus. Er ging in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Seine Tante hielt sein Zimmer immer sauber und ordentlich, so als würde Alban noch daheim wohnen. Es standen sogar Blumen aus dem Garten auf dem Tisch.
Dann fiel ihm auf, dass ein Buch auf dem Nachtisch lag.
Gesammelte Geschichten vom ›Engelssteig‹ und ›Höllentor‹.
Es war ein mitteldickes Buch, ein Verlag für Heimatliteratur hatte es herausgegeben. Albans Augen wurden feucht, als er darin blätterte.
Wie lieb von der Tante, mir das Buch hierherzulegen, dachte er.
Alban ging ins Bad. Er nahm eine kalte Dusche und zog eines der langen Herrennachthemden an, die er immer trug, wenn er daheim war. Er setzte sich ins Bett und verbrachte die nächsten Stunden mit Lesen. Erst als er auf der letzten Seite angekommen war, löschte er das Licht und schlief gleich ein. Draußen kündigte sich bereits der Morgen an.
*
Die Woche verging, ohne dass Alban etwas von Alina hörte. Ihre Eltern riefen ihn einige Male auf seinem Handy an. Jedes Mal klopfte sein Herz, in der Hoffnung es sei seine Braut. Aber es waren nur ihre Eltern, die sehr unglücklich waren. Alina nahm zwar wieder an den häuslichen Mahlzeiten teil, aber sie ließ nicht mit sich reden. Sie schaltete auf stur. Es sah nicht gut aus. Obwohl Albans Hoffnung langsam schwand, tat er nichts anderes, als auf Alinas Anruf zu warten. Er saß im Garten in der Gartenlaube und starrte sein Handy an. Wenn er seinem Onkel und seiner Tante bei der Arbeit half, dann war das Handy immer in der Nähe. Die Klingel des Festnetzanschlusses hatte Alban bis zum Anschlag gedreht, dass man sie unmöglich überhören konnte, wo auch immer man sich auf dem großen Grummer Hof aufhielt. Er hielt es zwar für unwahrscheinlich, dass ihn Alina auf dem Festnetz anrufen würde, aber er wollte auch auf diese Möglichkeit vorbereitet sein.
Seine Tante und sein Onkel sahen, wie er von Tag zu Tag stiller wurde, dabei war Alban an sich schon ein ruhiger Bursche.
Die Woche verging. Alina hatte nicht angerufen. Albans Tante Lore und sein Onkel Adam schmerzte es sehr, Alban so zu sehen.
»Der Bub braucht eine Aufgabe, Lore! Hast keine Idee, wie wir ihn wenigsten für einige Stunden vom Hof bekommen. Hast net in Kirchwalden etwas zu besorgen? Vielleicht kommt er dort auf andere Gedanken. Es ist wirklich grausig, den Bub so zu sehen. Er starrt sein Handy an wie das Kaninchen die Schlange – mei, noch schlimmer.«
Lore Grummer überlegte kurz.
»Morgen ist Samstag! Da ist Markt in Kirchwalden. Ich mache eine Liste und schicke den Burschen zum Einkaufen.«
»Wir brauchen doch nix vom Markt, Lore!«
»Mei, Adam, sei net so fantasielos! Mir wird schon etwas einfallen!«
Am Samstagmorgen beim Frühstück bat Lore ihren Neffen zum Markt nach Kirchwalden zu fahren und dort am Marktstand spezielle Pflanzen abzuholen, die sie in der Gärtnerei bestellt hatte.
»Weißt, ich habe mir gedacht, dass ich das Grab deiner Eltern neu bepflanzen tue.«
Da es sich um Pflanzen für das Grab seiner Eltern handelte, konnte Alban nicht ablehnen. Er nahm den Zettel, prüfte, ob sein Handy für die nächsten Stunden geladen war und machte sich gleich auf den Weg. Er beeilte sich.
Es war noch früh am Morgen, Alban fand einen guten Parkplatz unweit des Marktes. Er musste mehrmals zwischen dem Marktstand und seinem Auto hin und her laufen, um die Kisten