Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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im Elternhaus, auch wenn sie noch klein war. Wer nicht in einem glücklichen Elternhaus aufwächst, mit sich liebenden, selbstlosen, ehrlichen Eltern, dem fehlt das Urvertrauen. Wo jeder Mensch im Herzen ein warmes Polster hat, hat Rosemarie eine gähnende Leere. Es ist zu wünschen, dass Sie diese Leere füllen. Nach dem, was sie mir erzählt haben, scheinen Sie auf dem besten Weg zu sein, diese Leere auszufüllen. Doch Rosemarie muss selbst erkennen, dass sie es will, ein Leben mit Ihnen. Verstehen Sie? Alles, was ich Ihnen sagen kann ist, dass ich Sie verstehe und Rosemarie nicht zu einem Beitritt in den Orden drängen werde. Ich werde ihr genügend Zeit geben, ihren Lebensweg zu bedenken.«

      »Ich verstehe, wie Sie das meinen. Ich hoffe Rosemarie entscheidet sich für mich.«

      »Ich hoffe, dass sich Rosemarie so entscheidet, dass Sie es in ihrem weiteren Leben nicht bereut.«

      Die Oberin lächelte Gaudenz an.

      »Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben. Ich liebe Rosemarie wirklich.«

      »Das glaube ich Ihnen! Falls Sie ihr von meinem Besuch erzählen, dann sagen Sie ihr Grüße von mir. Ich denke, es wäre allerdings sehr ratsam, ihr erst einmal nichts davon zu sagen.«

      Die Oberin stand auf. Sie begleitete Gaudenz zum Auto.

      »Fahren Sie vorsichtig, Herr Moosbauer. Sie sind müde und haben heute Nacht nicht geschlafen.«

      »Das werde ich! Und nochmals danke!«

      Gaudenz stieg ins Auto und fuhr davon. Die Oberin schaute ihm nach. Er würde ein guter fürsorglicher Ehemann für Rosemarie abgeben. Er liebt sie wirklich. Er liebt sie so sehr, dass er sich sogar mit der Kirche anlegen würde und dazu gehört eine gehörige Portion Mut, dachte sie.

      Sie ging wieder in ihr Arbeitszimmer. Dort zündete sie auf ihrem kleinen Altar eine große Kerze an. Sie betete darum, dass Rosemarie ihren Weg finden wird, wie immer sie sich auch entscheidet.

      *

      Rosemarie wachte auf. Sie streckte sich und rieb sich die Augen. Ein Blick auf ihre Armbanduhr ließ sie im Bett aufspringen. Es war schon Nachmittag.

      »Oh Gott, ich habe total verschlafen!«, stöhnte sie vor sich hin.

      Schnell wusch sie sich, putzte die Zähne und zog sich an. Dabei lauschte sie auf Geräusche. Aber es war sehr still. Kein Laut drang aus der Wirtsstube durch die Tür. Rosemarie machte ihr Bett und ging hinaus. Anna saß am Kamin und trank eine Tasse Tee.

      »Guten Morgen oder besser Guten Tag, Anna! Ich habe verschlafen. Es tut mir leid und ist mir peinlich!«

      Rosemarie sah zerknirscht aus. Anna lachte. Sie stand auf und ging zu ihr.

      »Du bist schon ein herziges Madl, wie man in den Bergen sagt, Rosel! Du musst doch kein schlechtes Gewissen haben. Toni hat mir erzählt, dass du spät ins Bett gegangen bist. Also, was soll es?«

      Rosemarie errötete tief. Nervös spielte sie mit ihren Schürzenbänder.

      »Anna, ich bin schon früher gelegentlich spät ins Bett gegangen, wenn ich zum Beispiel für Prüfungen gelernt habe. Ich musste mir nie einen Wecker stellen. Ich bin immer von ganz alleine pünktlich und rechtzeitig aufgewacht. Nur heute scheint mein innerer Wecker nicht zu funktionieren.«

      Anna legte den Arm um Rosemaries Schultern.

      »Stopp jetzt! Kein Wort mehr! Es ist, wie es ist, und zu verschlafen ist kein Drama. Wir gehen jetzt in die Küche. Dann gibt es erst einmal ein ausgiebiges Frühstück.«

      »Wo sind die Hüttengäste? Es ist niemand hier.«

      »Es regnet seit dem frühen Morgen. Die meisten sind abgereist. An Regentagen ist es immer sehr ruhig. Schau mal raus. Über dem Tal hängen dichte Wolken und es regnet und regnet. Ich mag solche Tage und genieße dann die Einsamkeit hier auf der Berghütte. Außerdem bringt Regen Wasser, und Wasser wird gebraucht, ganz dringend. Die Almwiesen waren sehr trocken. Das Vieh wird sich freuen.«

      Sie gingen in die Küche. Anna drückte Rosemarie auf einen Stuhl. Sie deckte den Tisch und setzte sich zu ihr.

      »Toni hat sich auch noch einmal schlafen gelegt. Er war früh aufgestanden und hat mich länger schlafen lassen. Die Kinder schliefen auch länger. Jetzt sind sie in ihren Zimmern. Sebastian liest, und Franziska schreibt ihrer Brieffreundin einen Brief. Alois ist in seiner Kammer und sortiert alte Fotos. Du siehst, fast könnte man glauben, die Berghütte sei in einen Dornröschenschlaf gefallen. Du musst dir also keine Gedanken machen. So haben wir viel Zeit zum Reden, wenn du magst. Du bist ja jemand, der sein Herz nicht gerade auf der Zunge trägt.«

      Rosemarie errötete. Sie machte sich ein Brot mit Butter von der Oberländer Alm und gab Himbeermarmelade darauf, die Tonis Mutter aus Gartenfrüchten eingekocht hatte. Anna schenkte sich noch einen Kaffee ein und setzte sich.

      »Ja, ich bin nicht sehr gesprächig. Aber so war ich schon immer. Das soll nicht bedeuten, dass ich euch alle ablehne und nicht mit euch reden will. Ich war mein ganzes Leben irgendwie immer alleine, hatte keine richtigen Freunde, keine Busenfreundin, mit der man alles beredet. Es hat sich einfach nicht ergeben, dass ich zu jemandem wirklich Vertrauen aufbauen konnte. Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht und mich wohl deshalb schon als Kind entschlossen, meine Gedanken für mich zu behalten und wenig zu reden. Wenn man schweigt, gibt man nichts von sich preis und kann auch nicht enttäuscht werden.«

      »Mm, zwar ist da etwas Wahres dran, aber dir entgehen vielleicht auf diese Weise auch Erfahrungen, die positiv sind. Ich sage Franzi und Sebastian immer, mit allem im Leben ist es so wie mit dem Laufen lernen oder wenn man lernt, das Gleichgewicht auf dem Fahrrad zu halten. Im Anfang kann man sich blutige Knie holen. Das Wichtigste ist einfach, dass man weitermacht. Man muss es wieder probieren und immer wieder probieren. Es ist für mich als Mutter sehr wichtig, die Kinder dafür zu loben, dass sie etwas Neues versuchen. Nicht das Ergebnis ist wichtig, sondern der Versuch, es zu probieren. Ich ermutige die beiden, so gut ich kann, immer wieder etwas anzupacken, was sie vorher noch nie gemacht haben. Der Erfolg stellt sich dann von selbst ein, auch wenn er nur in kleinen Schritten kommt. Außerdem können sie nur so herausfinden, was ihnen Freude macht und mit was sie glücklich sind. Sie können auf diese Weise erfahren, welche Fähigkeiten sie haben, worin sie sich leicht tun und was ihnen schwer fällt.«

      Anna schmunzelte.

      »Sicher haben die Kinder manchmal Ideen, da kräuseln sich mir die Haare. Himmel, was für ein Unsinn, denke ich dann.«

      Anna lachte laut.

      »Vor einiger Zeit wollte Sebastian einen Swimming-pool haben. Er meinte, Wasser vom Gebirgsbach gäbe es genug, man könnte es einfach umleiten.«

      »Klingt logisch«, warf Rosemarie ein. »Wie ging die Geschichte weiter?«

      »Toni, ich und der alte Alois beredeten es ausführlich und gaben Sebastian grünes Licht für seine Idee. Er sollte nach einem Weg suchen. Wochenlang war er damit beschäftigt. Er machte Pläne, redete mit dem Bürgermeister, den wir heimlich ins Vertrauen gezogen hatten. Wir waren nicht dagegen, wir wussten nur, dass die Idee nicht zu verwirklichen war. Doch diese Erfahrung sollte Sebastian selbst machen.«

      »Und?«

      »Er stellte fest, dass es besser war, alles so zu lassen. Er hat dabei viel gelernt, über die Berge, Gestein, Geologie, die Umwelt, die Natur im Allgemeinen und über Wirtschaft und die Folgen.«

      »War er nicht enttäuscht?«

      »Es war nicht einfach für ihn. Wir trösteten ihn und beglückwünschten ihn, dass er sich so eingesetzt hatte. Jetzt hat er neue Pläne.«

      »So, welche?«

      »Solarenergie und Windkraft! Er liest sehr viel darüber. Er will Strom für die Berghütte durch Solarenergie oder Windkraft gewinnen.«

      »Und wie wäre es mit Wasserkraft? Ihr habt doch den schönen Gebirgsbach hier.«

      »Richtig! Aber im Augenblick verschlingt er alles, was mit Solarenergie und Windkrafträder zusammenhängt. Wir lassen ihn. Mein Schwiegervater, Xaver Baumberger,


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