Automobile Reisen. Otto Julius Bierbaum

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Automobile Reisen - Otto Julius Bierbaum


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wobei er sich besonders zeichnerisch sehr schwierige Aufgaben stellt, zumal in den Verkürzungen. – Die Fahrt von Brixen nach Bozen ist wohl die schönste, die wir bis jetzt gehabt haben. Hier vereinigt sich der Reiz der nördlichen Landschaft mit dem der südlichen. Die Vorberge waldreich und streng, das Tal üppig fruchtbar und milde, und überall als Abschluß gewaltige Berge, die aber schon die ruhigere Weise des Südens haben: keine Zacken, sondern Wellen. Und es beginnen nun die Zeichen der alten Kultur: prachtvolle Burgen, zum Teil verfallen, zum Teil erhalten. Das mächtigste unter allem ist Säben, die ehemalige Bischofsburg über Klausen mit dem riesigen Christusbilde, das mit seinen gekreuzigten Armen das ganze Land an seine Brust zu rufen scheint. Herrlich thront auch die uralte Trostburg, wo der Wolkensteiner geboren ist, der letzte Minnesänger, gleich reich an Abenteuern wie an Liedern. Die Sprache dieser Lieder ist fast dieselbe wie sie noch heute im Munde der Bauern des deutschen Südtirols lebt. Ich habe sie nun wieder und wieder mit derselben Rührung und Freude vernommen wie in den Jahren, die ich hier im alten »Gschloß am Gschleich«, dem schönen Englar, verbracht habe. Welche Kraft und Fülle in Ton und Ausdruck! Unser Hochdeutsch nimmt sich dagegen aus wie abgegriffene Scheidemünze neben der kernig schönen Prägung eines alten Silberstücks oder wie die Mietskasernenstraße einer Großstadt neben einer giebel- und erkerreichen Gasse in Klausen oder Sterzing. In dieser Sprache lassen sich trefflich die alten Schwankgeschichten erzählen, die der alte Torgler auf Schulthaus bei Englar noch immer so gerne zum Besten gibt wie früher, und die sich, ich fühle es jetzt wieder, hochdeutsch gar nicht nacherzählen lassen. Fast reut es mich, mit dem »Meßner-Michel« den Versuch gemacht zu haben. – In Englar wohnt jetzt M. A. Stremel, der ausgezeichnete impressionistische Maler, der nur ein Franzose zu sein brauchte, um nicht bloß hoch berühmt, sondern auch hoch bezahlt zu sein. Ich sah hier einige ganz wundervolle Blumenstücke und Interieurs von ihm, pompöse Malereien von einer vehementen Farbenfreude und einem so sicheren Gefühl für farbige Balance, daß jedes einzelne Bild die Vollkraft eines Akkords hat. Ein Akkord Rosen: der Sommer, ein Akkord Chrysanthemen: der Herbst. Ich bin noch voll von dem dramatischen Eindruck der Kreuzigung des Brixener Meisters mit dem Skorpione, und dennoch wirken diese modernen Malereien, denen ein entgegengesetztes malerisches Prinzip zu Grunde liegt, unbeeinträchtigt genau in demselben Sinne auf mich: lebensgefühlsteigernd. Und ich sehe wiederum: es ist nichts mit den Schlagworten, nichts mit den »Richtungs«-Prätensionen: man kann auch künstlerisch auf jede Weise selig werden, soferne sie nur Ehrlichkeit und Kraft hat. Auch auf Alt oder Neu kommt es durchaus nicht an, – bloß echt muß die Sache sein. – Ein Spaziergang über die Waldhöhen von Eppan war reinster Genuß. Diese Landschaft, Du kennst sie ja, gehört zu den allerschönsten, die von Deutschen bewohnt werden, und sie verdiente, besser bekannt zu sein. Die alten tiroler Herrengeschlechter, von denen noch einige, die wie Grafen Khuen, hier sitzen, wußten wohl, warum sie gerade Eppan, das alte Appianum, zum Ort ihrer Frühlings- und Herbstlust erwählten, und mit Recht hieß dieses Hochtal im 18. Jahrhundert das Tiroler Adelsparadies. Jetzt ist es, bis auf wenige Schlösser, wie Englar, Gandegg, Freudenstein, in Bauernhänden, und diese lassen die alten Edelsitze arg verfallen. Aber auch im Verfall lebt noch Schönheit.

IV. Von Eppan nach Venedig

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