Ardistan und Dschinnistan. Karl May

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Ardistan und Dschinnistan - Karl May


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Pah! Wenn ich Dich peitschen will, so peitsche ich Dich; gewagt ist nichts dabei. Und nun paß auf, was Du hörst! Ihr werdet jetzt unbedingt tun, was ich befehle, augenblicklich, ohne Weigerung. Zögert Ihr, zu gehorchen, so bekommt Ihr allerdings die Peitsche, und zwar alle drei. Und wer von Euch es jetzt noch wagt, zu sprechen, ohne daß ich ihn dazu auffordere, der bekommt für jedes Wort einen Hieb. Merkt Euch das! Ich scherze nicht!«

      »Allah verfluche Euch!« rief einer der beiden andern, indem er Miene machte, sich zu erheben. Da aber sauste schon die Peitsche Halefs auf ihn nieder. Ich zog meine beiden Revolver, hielt sie ihnen hin, ließ, um ihnen die Ladung zu zeigen, die Walzen spielen und sagte:

      »Seht diese Pistolen! Wie Ihr Euch überzeugen könnt, ist jede sechsmal geladen. Ich kann Euch also zwölf Kugeln geben, ohne daß ich zu laden brauche. Nehmt Euch in acht! Erst die Peitsche und, wenn diese nicht hilft, dann die Kugel!«

      Das wirkte. Sie verstanden die Mechanik der Revolver nicht, aber sie sahen die Kugellöcher und fühlten sich von dem Geheimnisse, welches dabei waltete, gebannt. Keiner sagte mehr ein Wort, doch in ihren Gesichtern stand mit größter Deutlichkeit zu lesen, was wir zu erwarten hätten, falls sie einmal das Glück haben würden, uns in ihre Hände zu bekommen. Ich blieb mit gespannten Pistolen bei ihnen stehen, während Halef ihre Pferde zusammenbinden mußte, und zwar eines hinter das andere. Dann mußten die beiden Älteren ihren jüngeren Gefährten, der nicht von uns berührt werden durfte, nach dem vorderen Gaul schaffen, in dessen Sattel sie ihm emporhalfen. Hierauf wurden ihnen selbst die Hände nach hinten gebunden und wir halfen ihnen auf ihre Pferde. Und nun setzten wir uns in Bewegung, Halef voran und ich hinterdrein. Ihre Waffen wurden selbstverständlich mitgenommen.

      Es war ein ganz eigentümliches Erlebnis. Ich hatte das Gefühl, als ob durch die Gefangennahme dieser drei Männer dem Stamme der Ussul ein großer Dienst erwiesen sei, wir aber für uns beide damit auch den Grund zu späteren Verdrießlichkeiten oder gar Gefahren gelegt hätten. Mochte dies nun sein, wie es wollte - wir trugen an der Entwicklung der Dinge keine Schuld. Hätten sich die drei Fremden anders verhalten, wären sie nicht so ohne allen sichtbaren Grund geflohen, ja, wären sie wenigstens später nicht so schroff und feindselig gewesen, so hätte sich diese Begegnung gewiß ganz anders gestaltet. Und selbst im schlimmsten Falle, daß sie nämlich zu den Todfeinden der Ussul, zu den Tschoban, gehörten, hätte sich gewiß ein Weg finden lassen, um wenigsten Feindseligkeiten zu vermeiden. Ich war gespannt darauf, ob man bei den Ussul einen von ihnen oder vielleicht gar alle drei kennen werde.

      Auf demselben Wege, auf dem wir gekommen waren, kehrten wir zurück. Wir kamen da ein sehr gutes Stück über die Stelle hinaus, wo Halef mit Ben Rih gestürzt war. Noch aber hatten wir das Gefängnis Amihns nicht erreicht, so sahen wir ein halbes Dutzend Reiter uns entgegenkommen, lauter hohe, breitschulterige Gestalten auf massigen, urpferdartigen Rossen. Als sie sich genügend genähert hatten, erkannten wir sie. Es war Amihn, Taldscha und der Sahahr mit noch drei anderen Ussul. Sie wunderten sich, daß sie nicht zwei, sondern fünf Reiter sahen, und zwar im Gänsemarsche hintereinander. Sie erkannten Halef, den Vordersten von uns, sogleich und hielten an, um uns herankommen zu lassen. Natürlich war Halef es, der das erste Wort haben mußte. Er rief ihnen, noch lange bevor wir sie erreichten, zu:

      »Heil, Heil und Heil! Den Mutigen ist es gelungen! Die Tapferen haben gesiegt! Der Kampf ist zu Ende! Triumph, Triumph, Heil, Heil!«

      »Gekämpft habt Ihr?« fragte Amihn von weitem.

      »Ja, gekämpft.« antwortete Halef.

      »Mit wem?«

      »Mit drei Fremden. Wir kennen sie nicht. Sie sind unserer Macht erlegen und vor unserer Faust in den Staub gefallen. Hier sind sie! Schaut sie an!«

      Er wich mit seinem Pferde etwas zur Seite, so daß die Ussul nun den Vordersten unserer Gefangenen sahen.

      »Allahi, wallahi!« rief Amihn aus »Das ist Palang, der älteste Sohn des Scheiks der Tschoban!«

      »Palang, der Ilkewlad!« fügte der Zauberpriester hinzu.

      »Der Blutgierige! Der Mörder der Ussul!« beteiligte sich auch Taldscha an den Ausrufungen.

      »Wo habt Ihr ihn gefunden?« erkundigte sich der Scheik.

      Halef öffnete schon den Mund, um eine seiner berühmten Lobreden loszulassen, ich ließ es aber nicht dazu kommen, sondern fiel ein:

      »Wir sahen sie eine Strecke weit da hinten. Als sie uns erblickten, rißen sie aus. Wir eilten ihnen nach, sie zu ergreifen und zu Dir zu bringen. Du siehst, daß es uns gelungen ist.«

      »Heil Euch! Ihr habt ein schweres und gefährliches Werk vollbracht. Kein Zweifel, es ist der Panther der Tschoban. Ich habe ihn wiederholt gesehen. Die beiden andern, die bei ihm sind, kenne ich nicht. Als wessen Gefangene sind sie zu betrachten?«

      »Als die meinigen.«

      »Wie lange sollen sie es bleiben?«

      »So lange es mir beliebt.«

      »Herr, wenn Du sie an uns abtreten wolltest!«

      Die andern Ussul stimmten diesem Wunsche sofort und lebhaft zu. Ich hatte die Gefangenen hierher gebracht, um sie ihnen auszuliefern, hielt es aber für besser, hiermit noch zurückzuhalten. Darum antwortete ich:

      »Es ist nicht unmöglich, daß ich sie Euch überlasse, doch würde ich meine Bedingungen stellen.«

      »Welche?« fragte die Frau. »Sag es schnell!«

      »Ihr dürftet sie nicht ohne meine Erlaubnis wieder freigeben.«

      »Einverstanden! Völlig einverstanden! Dürfen wir sie uns nehmen?«

      Ihre Begleiter schickten sich schon an, sich an die Gefangenen heranzudrängen. Diese hatten sich bis jetzt ganz schweigsam verhalten, aus Angst vor Halefs Peitsche. Jetzt aber fragte mich Palang, der Panther:

      »Darf ich jetzt wieder reden?«

      »Ja,« nickte ich.

      Da wendete er sich an den Scheik und dessen Frau und sagte:

      »Wenn dieser Fremdling uns Euch auslieferte, würdet Ihr gezwungen sein, uns freizugeben.«

      »Warum?« fragte Taldscha, der die Männer das Wort sehr gern zu überlassen schienen.

      »Weil man nur Feinde gefangen nimmt, nicht aber Freunde.«

      »Du bist doch Feind!«

      »Nein! Jetzt nicht, heut nicht! Ich kam als Freund hierher. Mein Vater sendet mich mit einer Friedensbotschaft zu Euch. Der Überbringer solcher Botschaften ist heilig, so weit die Erde reicht. Ihr wißt, was folgen würde, wenn es Euch einfiele, mich als Feind zu behandeln. Er würde Euer Land mit Krieg überziehen und jeden Ussul töten, der in seine Hände fällt.«

      »Ja, das würde er,« bestätigte die Frau. »Wir dürfen Dich nur dann als Feind betrachten, wenn Du in feindlicher Absicht kommst. Das ist aber sicher der Fall!«

      »Wie willst Du das beweisen?«

      »Kein Tschoban kommt als Freund zu uns!«

      »Diesmal doch! Ich bin sogar gesandt, ein Bündnis mit Euch abzuschließen, ein Bündnis für lange Zeit, wenn möglich für immer.«

      »So rufe nun ich Dir zu: Wie willst Du das beweisen?«

      »Indem ich es abschließe. Das kann ich aber doch wohl nicht hier und auch nicht heut und morgen.


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