Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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die sich recht abgespannt fühlte, paßte einen Augenblick ab, wo sie sich unauffällig zurückziehen konnte. Müde stieg sie die Treppe hinauf und ließ sich in ihrem Zimmer aufatmend in den Sessel sinken.

      O ja, so war es schön. Endlich konnte sie sich von der Hetze der vergangenen Woche entspannen. Denn eine Hetze waren die Vorbereitungen zum Hochzeitsfest für sie gewesen, weil ja alles auf ihren Schultern geruht; denn Stella hatte dabei mehr gehemmt als genützt. Hatte herumkommandiert, die Dienerschaft durcheinandergejagt; bis diese konfus wurde, alles verkehrt machte, was Christine dann wieder in Ordnung bringen mußte. Doch das war nun vorüber, und man konnte zur Tagesordnung übergehen – Gott sei Dank!

      Sie griff nach einer Zigarette, lehnte sich im Sessel zurück, schloß die Augen und duselte vor sich hin. Von unten klang gedämpfte Musik in das stille Gemach, kühl wehte die Nachtluft durch die geöffnete Balkontür. Die Uhr unter dem Glassturz tickte klingend, in der Nachbarschaft bellte ein Hund.

      Regungslos verharrte Christine in dieser wohltuenden Abgeschiedenheit, bis ein Geräusch ganz in ihrer Nähe sie aufschrecken ließ. Sie öffnete die Augen, und ihr Herz wollte schier aussetzen vor Schreck.

      Denn vor ihr stand ein großer, schlanker Mann, der trotz der schäbigen Kleidung einen vertrauenerweckenden Eindruck machte.

      »Na, Christinchen, was ist denn los?« fragte er lachend. »Erkennst du mich etwa nicht?«

      »Felix!« stammelte sie mit versagender Stimme, indem sie aufsprang und entsetzt vor ihm zurückwich. »Wo kommst – du denn – so plötzlich – her?«

      »Über den Balkon durch die Tür«, erklärte er in aller Seelenruhe.

      »Schämst du dich denn gar nicht!« fand sie langsam ihre Fassung wieder. »Das ist ein Überfall! Mach bloß, daß du weggehst.«

      »Wo soll ich denn hin?« fragte er kläglich. »Ich habe doch keine andere Bleibe. Dazu bin ich hungrig und so entsetzlich müde. Hab’ doch Erbarmen mit mir, Christine.«

      »Hast du es damals mit mir gehabt, als du mich ohne Geld so skrupellos sitzenließt? Hätte sich Egon nicht meiner angenommen, wäre ich elendiglich zugrundegegangen.«

      »Christine, du hast ja so recht, aber laß das jetzt, bitte. Ich bin so erschöpft, daß ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann. Habe ja auch allerlei Strapazen hinter mir.«

      »Setz dich hin«, entgegnete sie unfreundlich. »Und rühre dich nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme. Wir feiern nämlich unten ein Fest.«

      Weg war sie, und als sie wiederkam, schob sie einen Servierwagen vor sich her, auf dem ein lukullisches Mahl mit einer Flasche Wein stand, die bereits entkorkt war. Sie goß das Glas voll, schob den Wagen nahe zu dem Mann heran und sagte kurz:

      »Iß dich satt, doch dann mußt du fort. Ich werde dir Geld geben, damit du nicht auf einer Bank im Park übernachten mußt, was allerdings gut zu dir passen würde. Laß mir morgen Bescheid zukommen, wo ich dich sprechen kann, dann werden wir sehen, was mit dir geschieht. Laß dich ja hier nicht wieder blicken, dann läufst du Gefahr, von Egon hinausgeworfen zu werden.«

      Nach diesen Worten herrschte so lange Schweigen, bis der Mann alles gegessen – oder vielmehr verschlungen hatte, was auf den Platten lag. Auch die Flasche Wein wurde bis zum letzten Tropfen geleert.

      »Bist du endlich satt?«

      »Danke, das langt fürs erste. Nur eine Zigarette hätte ich gern.«

      Als die brannte, legte er sich im Sessel zurück, und Christine begann mit dem Verhör:

      »Wie bist du überhaupt hergekommen?«

      »Och, so auf allerlei Umwegen«, wich er geschickt aus, doch sie ließ nicht locker.

      »Hast du das Geld bekommen?«

      »Ja. Hab herzlichen Dank, Christinchen!«

      »Schon gut. Weißt du auch, daß du mich mit deiner Rückkehr in eine ganz verzwickte Lage gebracht hast?« fragte sie streng. »Und daß du mich zu Lügen zwingst, die mir ein Greuel sind? Denn lügen werde ich fortan um deinetwillen müssen.«

      Sie hielt inne, denn der Mann schnarchte so recht zufrieden vor sich hin. Schlief wie ein Kind, das die Mutter liebevoll zu Bett brachte. Am liebsten hätte sie ihn empört aus diesem friedlichen Schlaf gerissen, aber sie bekam es einfach nicht fertig. Wegschicken konnte sie ihn auch nicht, dafür war er zu erschöpft. Vielleicht würde er gar in ein Auto hineintaumeln, dann müßte sie sich ihr Leben lang Vorwürfe machen. Seufzend erhob sie sich und schüttelte ihn unsanft.

      »Felix, wach auf! Du kannst dich in mein Bett legen.«

      »Bett – ach ja – Bett«, murmelte er sehnsüchtig und schnarchte weiter.

      Mein Himmel, dieses entsetzliche Schnarchen! Das hatte er doch früher nicht getan. Was machte sie bloß mit dem gräßlichen Menschen!

      »Felix, wach auf!« schüttelte sie ihn derb. »Hörst du, Felix, wach auf!«

      »Laßt schlafen nur den Alten«, murmelte er verträumt. »Er hat genug gewacht.«

      Da mußte sie denn doch lachen. Kurz entschlossen streifte sie ihm die Schuhe von den Füßen, die sie kopfschüttelnd betrachtete.

      Abgewetzt, die Sohlen durch, und draußen regnete es. Natürlich waren die Strümpfe naß, ebenso wie die schäbige Jacke. Das Oberhemd, das darunter zum Vorschein kam, war mehr als dürftig, eine Krawatte fehlte ganz.

      Und was nun weiter? Weiter konnte sie beim besten Willen nichts tun. Also bemühte sie sich, ihn an beiden Händen aus dem Sessel hochzuziehen, was ihr auch nach großer Anstrengung gelang, dann umfaßte sie die Schulter des Schlaftrunkenen, führte ihn zu ihrem zarten Spitzenbett und legte ihn hinein.

      Nachdem sie sich die Schweißtropfen von der Stirn gewischt hatte, suchte sie mit flatternden Händen ihr Nachtzeug zusammen, nahm fürsorglich noch die Garderobe für den nächsten Tag mit, verschloß die Balkontür, auch diejenige, die zu dem kleinen Salon führte, zog die Schlüssel ab und floh förmlich aus dem Zimmer, dessen Tür sie auch noch versperrte.

      Dann mußte sie sich im Korridor erst einmal gegen die Wand lehnen, weil die Beine ihr vor Aufregung den Dienst versagen wollten. Dabei flatterten ihre Gedanken wie aufgescheuchte Vögel.

      So stand sie, bis eine Tür in der Halle zuschlug. Da schrak sie auf und verschwand in Karolas Zimmer, das ja nun frei war. Mit zitternden Händen verschloß sie die Tür, warf sich erledigt auf den Diwan.

      Und unten ging das Fest lustig weiter. Eben tanzte Gudrun mit Arvid einen Tango, im Herzen ein bittersüßes Hangen und Bangen. Wohl hatte ihr der Mann mit keinem Blick, geschweige denn mit einem Wort zu verstehen gegeben, daß er ihre Liebe, die sie jetzt nicht mehr ableugnen konnte, erwiderte. Und doch war er heute anders als sonst. Vielleicht – ach, vielleicht.

      »Weißt du auch, daß du schön bist, Gun, wunderschön?« raunte ihr die Männerstimme ins Ohr. Und mit unterdrücktem Jubel kam es zurück:

      »Ja, das weiß ich. Aber ich möchte noch schöner sein, immerzu schöner. Schön wie Dornröschen, schön wie Schneewittchen – also märchenhaft schön.«

      Leider schwieg die Musik und machte mit einem fröhlichen Wechselrheinländer überhaupt Schluß. Denn alles muß ja mal ein Ende haben, es war schließlich drei Uhr früh. Ein allgemeiner Aufbruch, und dann lagen die Festräume dunkel und leer.

      *

      »Hör mal, Arvid, ich möchte dich unter vier Augen sprechen, und dafür ist jetzt wohl die Gelegenheit«, hielt Theobald Alkwin den Baron, der an ihm vorüber wollte, am Ärmel zurück. »Wann ist dir mein Erscheinen auf dem Hörgishof recht?«

      »Zu jeder Zeit natürlich«, kam es voll Herzlichkeit zurück. »Immer wirst du uns willkommen sein und kannst natürlich bleiben, solange du magst.«

      »Das wird auch nötig sein«, kam die Antwort pomadig. »Denn bis ich mir aus deinen Altertümern


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