Erobert vom Wilden Wolf: Geheulte Liebe. Grace Goodwin

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Erobert vom Wilden Wolf: Geheulte Liebe - Grace Goodwin


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es mit Sicherheit nicht.

      Schon seit meinem sechzehnten Geburtstag fühlte ich mich beobachtet, als würde der Rest meiner Familie nur darauf warten, dass irgendeine Hormonbombe in mir platzte und mich zu einer sexbesessenen Irren machte, wie es ein paar meiner jüngeren Cousins und Cousinen passiert war. Vielleicht hätte Robbie dann bessere Chancen gehabt. Vielleicht wäre ich so notgeil gewesen, dass es mir egal gewesen wäre, mit wem ich beisammen war.

      Ich hatte schon ein wenig mit Jungs rumgemacht, klar, aber ich hatte nie diese Lust verspürt, dieses Bedürfnis, von dem meine Freundinnen dauernd sprachen. Deswegen dachte ich schon, dass vielleicht etwas mit mir nicht stimmte. Ich mochte es ganz gerne, mit jemandem rumzumachen, aber das große Gehabe darum verstand ich nicht so recht. Bei Robbie hatte ich mir Mühe gegeben, richtig Mühe, aber als er mir die Zunge in den Mund schob, da musste ich würgen, und seine Hand auf meiner nackten Haut wollte ich nur wegwischen. Aber man sieht ja, was mir das eingebracht hatte.

      „Ein blaues Auge und miese Laune.“ Ich sah mir den Schaden, den ich angerichtet hatte, im Rückspiegel an. Der blasse, gelbgrüne Bluterguss war inzwischen fast weg. Und die dünne Schicht Make-Up, die ich aufgetragen hatte, verbarg den Rest. Ich war dumm genug gewesen, blind in die Dunkelheit hinein zu rennen. Der Arzt hatte gesagt, dass ich Glück gehabt hatte, dass ich kein Auge verloren hatte. Robbie war betreten rumgestanden und hatte vor Wut gekocht. Und ja, es war offensichtlich gewesen, dass der Arzt mir nicht geglaubt hatte, dass ich mir das selbst zugefügt hatte. Er hatte gedacht, dass Robbie mich geschlagen hatte und ich meinen Freund in Schutz nahm.

      Als würde ich das je tun. Aber es hatte sich gut angefühlt, Robbie ein wenig leiden zu lassen.

      Außerdem sah ich mit ein wenig Make-Up immer noch gut aus, besonders jetzt, nachdem ich zwei Zeitzonen zwischen mich und den Schleimscheißer gebracht hatte. Die Sonne hatte ein wenig Farbe auf meine Wangen gezaubert. Das Funkeln in meinen Augen war nicht mehr nur Zorn, und ich fühlte mich frei. Glücklich.

      Wenn ich getan hätte, was ich tun wollte, als Robbie mich begrabschte, dann würde ich inzwischen in einer Zelle sitzen. Zum Glück war ich sehr, sehr gut darin, mich zu beherrschen. Meine Mutter hatte mir das eingetrichtert, seit ich laufen konnte. Eine Windbourn verliert niemals die Beherrschung.

      Solche Regeln gab es viele. Verlier nicht die Beherrschung. Sei in der Öffentlichkeit nicht auffällig. Lauf nicht so schnell. Kein Sport. Dies nicht. Das nicht.

      „Geh nicht mit einem Mitglied der Familie Howard aus“, fügte ich hinzu. Diese Regel hatte ich gebrochen, und nun musste ich ausbaden, wie wunderbar dieses kleine Abenteuer ausgegangen war.

      Die Howards waren eine wohlhabende Familie, die weiter im Norden wohnte. Das kleine Dorf, in dem sie lebten, gehörte ihnen praktisch, ähnlich wie die Windbourns das Sagen in East Springs hatten. Und diese Rivalität zwischen den Howards und den Windbourns bestand schon, so lange ich denken konnte. Nein, viel länger, als ich auf der Welt war. Unsere High School hasste ihre, unser Bürgermeister hasste ihren. Es war ziemlich heftig, und ziemlich „typisch Kleinstadt“. Und ich und Robbie? Das war wie Romeo und Julia gewesen...nur eben ohne Romeo und Julia. Dafür hatte ich schon gesorgt. Ich fand die ganze Sache völlig lächerlich.

      Klar, er war gutaussehend. Muskelbepackt, dunkle Haare, das Gesicht eines Gottes. Er hatte immer genau das Richtige gesagt und getan. Bis er mich unter sich hatte. Dann hatte etwas in mir losgebrüllt, aber nicht aus Leidenschaft.

      So etwas hatte ich noch nie empfunden, vorher oder nachher. Und ganz ehrlich, meine heftige Reaktion machte mir höllisch Angst.

      Ich hatte ihn umbringen wollen. Und das auch noch auf unschöne Art, so richtig mit Augen ausstechen und Kehle rausreißen.

      Eine riesige Überreaktion auf einen Kerl, den ich in mein Bett eingeladen hatte. Das hatte ich teilweise getan, um mich zu testen, da ich es leid war, den Ruf einer frigiden Hexe zu haben. Und teilweise als Trotzreaktion auf meinen Großvater und seine Legion von Spitzeln, die mir seit dem Tod meiner Mutter ständig nachstellten und mich beobachteten, als wäre ich eine tickende Zeitbombe.

      Ich wollte Robbie wollen. Wirklich. Ich hatte mich so bemüht, aber es fühlte sich einfach nichts daran richtig an. Ich wollte, dass mein Herz raste. Ich wollte mich wild und leidenschaftlich und unbeherrscht fühlen. Ich wollte die Leidenschaft, von der meine Freundinnen immer sprachen, und von der ich wusste, dass sie mit dem richtigen Kerl auch passieren würde. Ich wollte das empfinden, und ich hatte gehofft, dass Robbie das sein würde. Es wäre so einfach gewesen.

      Bäh. Er war ganz in Ordnung gewesen. Mit ihm rumzumachen, war ganz in Ordnung gewesen. Ganz in Ordnung. Aber die ganze Zeit über hatte ich über meine Bewerbung für das Lewiston and Cooke College nachgedacht und mich gefragt, ob sie mich wohl annehmen würden. Ob der Cousin meines Vaters immer noch in dem kleinen Städtchen in Idaho lebte. Robbie hatte mich berührt, geküsst, sein Körper heiß und hart, und mich mit vollem Gewicht ins Bett gedrückt, und ich hatte darüber nachgegrübelt, wie ich wohl im Mathe-Aufnahmetest abgeschnitten hatte.

      Und das war einfach nur daneben.

      Ein Hase schoss auf die Straße hinaus, sah mich näherkommen und huschte zurück in den tiefen Wald, der direkt am Straßenrand aufragte. Das riss mich aus meinen Gedanken. Ganz in Ordnung. Ich wollte kein „ganz in Ordnung“. Ich wollte mehr. Ich wollte alles. Schweiß auf der Haut, stockenden Atem, heiße Berührungen, sanftes Streicheln, geflüsterte Worte. Blendende Lust. Irgendwo da draußen gab es das, gab es ihn. Ich legte meinen Finger an die fast verheilte Wange. Nur war es eben nicht Robbie gewesen, und nicht East Springs.

      Mein Rückgrat kribbelte, und ich bekam eine Gänsehaut, trotz der Hitze der Sonne, die durch die Bäume herunterschien. Ich hatte das Cabrio-Dach weggeklappt, und meine dunklen Haare flatterten wild hinter mir. Die Sonne briet auf meiner Haut, aber mir schauderte, und ich bildete mir ein, ich hätte einen Schatten neben mir herlaufen sehen. Im Wald direkt an der Autobahn.

      Aber das war doch völlig unmöglich. Oder? So schnell konnte doch nichts laufen.

      Ängstlich, und mich deswegen ziemlich dämlich fühlend, bremste ich auf einhundertzwanzig runter und war erleichtert, als ich einen Wegweiser nach Black Falls sah. Noch fünf Meilen. Das hieß etwa fünf Minuten, bis ich endlich aus diesem Auto konnte, die Beine ausstrecken, mir ein Hotel suchen und schön lange und heiß duschen.

       Rums. Rums. Rums.

      „Was zum Teufel?“ Das Lenkrad zuckte in meinen Händen, und ich musste es gut festhalten, damit das Auto nicht von der Straße schlitterte und direkt in den Wald hinein krachte.

      Ich nahm den Fuß vom Gas und lenkte sachte an den Straßenrand, wobei sich das Auto durchgehend gegen mich wehrte. Als ich schließlich zum Stillstand kam, atmete ich ein paar Sekunden lang durch, bis mein Herzschlag sich beruhigt hatte. Ich stieß einen Schwall von Flüchen aus, stieg aus und ging ums Auto.

      Der rechte Vorderreifen war platt wie ein Pfannkuchen, und ich hatte sicher schon zehn Minuten lang kein anderes Auto mehr gesehen. Ich war mitten im Nirgendwo.

      „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Für das hier war ich wirklich nicht in Stimmung. Klar, ich konnte einen verdammten Reifen wechseln, aber ich hatte ein leuchtend rosa Sommerkleid an und brandneue weiße Sandalen. Dazu passend frisch manikürte Finger- und Zehennägel in grellem Pink, und ich wollte nicht öl- und dreckverschmiert in meine neue Heimatstadt, zu einer neuen Uni und in ein neues Leben, einrollen.

      Ich stemmte die Hände in die Hüften und suchte die Straße in beide Richtungen ab. Nichts.

      Ich beugte mich über die Beifahrertür ins Auto und schnappte mein Handy aus dem Becherhalter.

      Nö. Null Empfang. Ich blickte mich um und sah nur Bäume. Endlose Bäume. Kein Empfang hieß auch, dass ich mir keinen Abschleppwagen gönnen konnte, selbst wenn ich es gewollt hätte.

      Und mein Ersatzreifen war im Kofferraum vergraben, unter so ziemlich allen meinen irdischen Besitztümern.

      Ich warf das Handy auf den Beifahrersitz, drehte mich herum und lehnte meinen Hintern an die Autotür.


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