Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac


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Ber­ger, der ihn we­nigs­tens da­für be­zahlt, wäh­rend die Zei­tun­gen ihm für sei­ne Sträf­lings­ar­beit einen Hun­de­lohn hin­wer­fen. Was ist das für eine rup­pi­ge Ge­sell­schaft! Das ist ge­nau wie bei den Pa­ri­ser Ar­ti­keln. Fi­not hat ein wun­der­vol­les Lust­spiel in ei­nem Akt für Fräu­lein Mars ge­macht, die ers­te al­ler Berühmt­hei­ten, ach, wie ich die lie­be! Na, und da­mit es auf­ge­führt wird, hat er es zum Gaité-Thea­ter brin­gen müs­sen. Auf Pro­spek­te ver­steht sich An­do­che, er geht auf kauf­män­ni­sche Ide­en ein, er ist auch nicht stolz, er wird uns den Pro­spekt gra­tis zu­recht­zim­mern. Wir wer­den ihn zu ei­ner Ter­ri­ne Punsch und Ku­chen ein­la­den; denn das bit­te ich mir aus, Po­pi­not, kei­ne Re­dens­ar­ten! Ich rei­se für euch ohne Kom­mis­si­ons­ge­büh­ren und ohne Rei­se­kos­ten; das wird eure Kon­kur­renz be­zah­len, die wer­de ich schon hin­ein­le­gen. Ver­ste­hen wir uns rich­tig: daß ihr Er­folg habt, das ist für mich Ehren­sa­che. Als Be­loh­nung ver­lan­ge ich, bei Ih­rer Hoch­zeit Braut­füh­rer zu sein. Ich gehe nach Ita­li­en, nach Deutsch­land, nach Eng­land! Ich neh­me An­zei­gen in al­len Spra­chen mit, las­se sie über­all an­schla­gen, in den Dör­fern, an den Kir­chen­tü­ren, an al­len ge­eig­ne­ten Stel­len, die ich in den Pro­vinz­städ­ten ken­ne! Auf al­len Köp­fen soll das Öl leuch­ten und glän­zen! Oh, Ihre Hoch­zeit soll kei­ne stil­le Fei­er, son­dern eine Staats­hoch­zeit wer­den! Sie sol­len Ihre Cäsa­ri­ne be­kom­men, oder ich will nicht ›Der Berühm­te‹ hei­ßen, wie mich der alte Fi­not ge­tauft hat, weil ich sei­ne grau­en Hüte in Mode ge­bracht habe. Wenn ich Ihr Öl ver­kau­fe, blei­be ich üb­ri­gens bei mei­ner Bran­che, dem Men­schen­kop­fe; Öl und Hut, bei­de gel­ten ja als Er­hal­tungs­mit­tel der Haa­re.«

      Als Po­pi­not sich zu sei­ner Tan­te be­gab, wo er schla­fen woll­te, war er in­fol­ge der Aus­sicht auf Er­folg so fie­ber­haft er­regt, daß die Stra­ßen ihm wie Öl­bä­che er­schie­nen. Er schlief nur we­nig, träum­te, daß ihm die Haa­re wahn­sin­nig wüch­sen, und sah zwei En­gel vor sich, die eine Rol­le ent­fal­te­ten, wie in ei­nem Me­lo­dra­ma, auf der ge­schrie­ben stand: »Hui­le Césa­ri­enne.« Als er beim Er­wa­chen sich an die­sen Traum er­in­ner­te, nahm er sich vor, das Nuß­öl so zu nen­nen, da er die­ses Traum­ge­bil­de für eine gött­li­che Ein­ge­bung an­sah. Cäsar und Po­pi­not wa­ren schon lan­ge be­vor die Nüs­se ein­tra­fen in ih­rer Fa­brik am Fau­bourg du Tem­ple; wäh­rend sie auf die Leu­te der Frau Ma­dou war­te­ten, er­zähl­te Po­pi­not tri­um­phie­rend von sei­nem Bünd­nis­ver­tra­ge mit Gau­diss­art.

      »Wenn wir den be­rühm­ten Gau­diss­art auf uns­rer Sei­te ha­ben, dann sind wir Mil­lio­näre«, rief der Par­füm­händ­ler aus und reich­te sei­nem Kas­sie­rer die Hand mit ei­ner Ge­bär­de, wie Lud­wig XIV. wohl den Mar­schall von Vil­lars bei sei­ner Rück­kehr von De­nain be­will­komm­net ha­ben moch­te.

      »Wir ha­ben auch noch et­was an­de­res«, sag­te der glück­li­che Kom­mis und zog eine Fla­sche von fla­cher, ecki­ger Kür­bis­form aus der Ta­sche; »ich habe zehn­tau­send sol­che Fla­kons ent­deckt, alle fer­tig und lie­fer­bar, zu vier Sous das Stück bei sechs Mo­na­ten Ziel.«

      »An­selm,« sag­te Bi­rot­teau, wäh­rend er die merk­wür­di­ge Form des Fla­kons be­trach­te­te, »ges­tern« (hier­bei nahm er einen wür­de­vol­len Ton an) »in den Tui­le­ri­en, ja, erst ges­tern sag­test du: ich wer­de Er­folg ha­ben. Heu­te sage ich zu dir: du wirst Er­folg ha­ben. Vier Sous! Sechs Mo­na­te Ziel! Eine so ori­gi­nel­le Form! Ma­cassar ist in sei­nen Grund­fes­ten er­schüt­tert, was wird das Ma­cassar­öl für einen Stoß be­kom­men! Wie klug war ich, daß ich alle Nüs­se in Pa­ris auf­ge­kauft habe! Wo hast du denn die­se Fla­kons auf­ge­trie­ben?«

      »Ich trieb mich her­um, wäh­rend ich die Zeit, wo ich Gau­diss­art spre­chen konn­te, ab­war­te­te …«

      »Genau wie ich da­mals«, rief Bi­rot­teau aus.

      »Als ich die Rue Au­bry-le-Bou­cher hin­ab­ge­he, sehe ich bei ei­nem Glas­groß­händ­ler, der mit Fla­schen, mit Glä­sern und Glas­stür­zen han­delt, und der ein Rie­sen­la­ger hat, die­ses Fla­kon … Ach, es stach mir in die Au­gen wie ein Blitz und eine Stim­me rief mir zu: Das ist, was du suchst!«

      »Der ge­bo­re­ne Kauf­mann! Er soll mei­ne Toch­ter ha­ben«, mur­mel­te Cäsar.

      »Ich gehe hin­ein und sehe Tau­sen­de von die­sen Fla­kons in Kis­ten …«

      »Du er­kun­digst dich da­nach!«

      »Sie wer­den mich doch nicht für so naiv hal­ten!« sag­te An­selm schmerz­lich be­rührt.

      »Der ge­bo­re­ne Kauf­mann«, wie­der­hol­te Bi­rot­teau.

      »Ich fra­ge nach Glas­stür­zen für wäch­ser­ne Chris­tus­kin­der. Wäh­rend ich um die­se hand­le, ma­che ich die Fas­son der Fla­kons schlecht. Schließ­lich brin­ge ich den Kauf­mann zu ei­ner Ge­ne­ral­beich­te, und wie ein Wort das an­de­re gibt, er­zählt er mir, daß Fail­le & Bouchot, die kürz­lich in Kon­kurs ge­ra­ten sind, ein Kos­me­ti­kum in den Han­del brin­gen und dazu Fla­kons von ei­gen­ar­ti­ger Form ver­wen­den woll­ten; er trau­te ih­nen nicht und ver­lang­te Vor­aus­be­zah­lung der Hälf­te des Prei­ses; Fail­le & Bouchot, in der Hoff­nung, daß sie Er­folg da­mit ha­ben wür­den, ga­ben das Geld, aber wäh­rend der Her­stel­lung bricht der Kon­kurs aus; die Syn­di­ci, auf­ge­for­dert, zu zah­len, ver­han­deln mit ihm und über­las­sen ihm die Fla­kons und die An­zah­lung, als Ent­schä­di­gung für die Fa­bri­ka­te, die als lä­cher­lich und un­ver­käuf­lich an­ge­se­hen wer­den. Da die Fla­kons acht Sous kos­ten, so wür­de er sie gern für vier Sous her­ge­ben, denn Gott weiß, wie lan­ge er eine sol­che un­ver­käuf­li­che Fas­son auf La­ger be­hal­ten müs­se. – ›Wol­len Sie sich ver­pflich­ten, zehn­tau­send Stück zu vier Sous zu lie­fern? Ich kann Sie von Ihren Fla­kons er­lö­sen, ich bin Kom­mis bei Herrn Bi­rot­teau.‹ Ich kö­de­re ihn da­mit, be­re­de ihn, ge­win­ne ihn, ma­che ihn be­gie­rig, und er stimmt zu.«

      »Vier Sous«, sag­te Bi­rot­teau. »Weißt du, daß wir den Preis für das Öl auf drei Fran­ken fest­set­zen kön­nen und im­mer noch, bei zwan­zig Sous Ra­batt an die De­tail­lis­ten, drei­ßig Sous dar­an ver­die­nen?«

      »An dem ›Hui­le Césa­ri­en­ne‹!« rief Po­pi­not aus.

      »›Hui­le Césa­ri­en­ne‹? … Ei, mein Herr Ver­lieb­ter, Sie wol­len dem Va­ter und der Toch­ter schmei­cheln. Na schön, es lebe das ›Hui­le Césa­ri­en­ne‹! Die Cäsa­ren ha­ben die Welt er­obert, sie müs­sen pracht­vol­les Haar ge­habt ha­ben.«

      »Cäsar war ein Kahl­kopf«, sag­te Po­pi­not.

      »Weil er un­ser Öl nicht ge­braucht hat, das wer­den wir sa­gen! Das ›Hui­le Ce­sa­ri­en­ne‹ kos­tet drei Fran­ken, das Ma­cassar­öl das dop­pel­te. Gau­diss­art ha­ben wir, das wird uns hun­dert­tau­send Fran­ken jähr­lich ein­brin­gen, denn ich rech­ne auf den Kopf al­ler Leu­te, die et­was auf sich hal­ten, zwölf Fla­kons jähr­lich, das macht acht­zehn Fran­ken! Das sind, wenn ich acht­zehn­tau­send Köp­fe an­neh­me, hun­dert­acht­zig­tau­send Fran­ken. Dann sind wir Mil­lio­näre.«

      12

      Als die Nüs­se an­ge­langt wa­ren, öff­ne­ten Ra­guet, die Ar­bei­ter, Po­pi­not und Cäsar ein ge­nü­gen­des Quan­tum, und bis vier Uhr hat­ten sie ei­ni­ge Pfun­de Öl. Po­pi­not be­gab sich


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