Ein Wagnis aus Liebe. Susan Anne Mason

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Ein Wagnis aus Liebe - Susan Anne Mason


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nach Toronto brauchte.

      Grace stieg die wenigen Stufen hoch und klopfte an der Eingangstür. Sie hoffte, dass Rose recht hatte und Grace ebenfalls bei Mrs Gardiner unterkommen könnte, bis die beiden sich etwas überlegt hatten. Rose schien ziemlich gut von der Frau zu denken, die sie und das Baby bei sich aufgenommen hatte, als sie nicht länger in der Pension hatten wohnen können. Aber eigentlich wollte Grace all diese Sorgen beiseiteschieben, zumindest für den Moment, und sich stattdessen auf das langersehnte Wiedersehen mit ihrer Schwester freuen. Vorfreude sprudelte durch ihren Körper. Sie konnte es kaum erwarten, endlich wieder bei Rose zu sein, zum ersten Mal ihren Neffen in den Armen zu wiegen und seine süßen Bäckchen zu küssen. Und natürlich war sie gespannt auf all die Geschichten und Neuigkeiten ihrer Schwester.

      Einige Sekunden vergingen, ohne dass sich jemand rührte. War denn keiner zu Hause? Erneut klopfte Grace an der Tür, doch niemand öffnete ihr. Enttäuschung legte sich schwer auf ihre Schultern. Sie setzte die Reisetasche ab und schaute sich etwas um. Da entdeckte sie ein „Zum Verkauf“-Schild im Garten, das von einem dicken Baumstamm verdeckt wurde. Merkwürdig – Rose hatte gar nicht erwähnt, dass Mrs Gardiner plante, das Haus zu verkaufen. Vielleicht war das aber der Grund, weshalb Rose gern eine eigene Unterkunft suchen wollte, sobald Grace einen Job gefunden hatte.

      Bei diesem Gedanken musste Grace schwer schlucken und spürte den metallischen Geschmack von Schuld. Sie hatte Rose verschwiegen, dass sie gar nicht vorhatte, eine Arbeit zu suchen oder selbst etwas zu mieten. Vielmehr wollte sie alles dafür tun, mit dem nächsten Schiff gemeinsam mit Rose und dem Kleinen zurück nach Sussex zu fahren.

      Nach einem weiteren unbeantworteten Klopfen nahm Grace die Reisetasche wieder an sich und ging die Treppe herunter zur Straße. Erschöpft dachte sie über einen neuen Plan nach, doch sie war ratlos. Sie hatte nicht einmal an die Möglichkeit gedacht, dass Rose bei ihrer Ankunft nicht hier sein könnte.

      In diesem Moment kam aus dem Haus nebenan eine Frau auf die Veranda. Vielleicht wusste sie ja etwas über Rose oder ihre Vermieterin. Also überquerte Grace den Rasen und ging auf sie zu.

      Die Frau im blumigen Kleid war gerade dabei, einen Teppich auszuklopfen. Als sie Grace sah, schaute sie auf. „Guten Tag. Kann ich Ihnen helfen?“

      Grace setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. „Das hoffe ich. Ich bin auf der Suche nach Mrs Gardiner. Aber sie scheint nicht zu Hause zu sein.“

      Da unterbrach die Frau ihre Arbeit und sagte: „Vermutlich haben Sie es noch nicht gehört. Mrs Gardiner ist nach Vermont gezogen, um bei ihrer Tochter zu leben. Bis das Haus verkauft ist, werfe ich ein Auge darauf.“

      Nach Vermont gezogen? Aber was war mit Rose und dem Baby? Sicherlich hatte sie sie nicht einfach auf die Straße gesetzt. „Wissen Sie denn, ob Rose Ab… – ich meine Easton, Rose Easton – noch hier wohnt? Sie und ihr Baby leben seit einigen Monaten bei Mrs Gardiner zur Untermiete.“

      Die Frau überlegte einen Moment. „Ich kann mich an eine Frau mit Baby erinnern, ja. Aber leider weiß ich nicht, was aus ihnen geworden ist, nachdem Cora krank wurde. Tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, Miss. Aber warum versuchen Sie es nicht mal bei Pastor Burke, dem Pfarrer der Holy Trinity Church? Er hat die beiden damals sehr oft besucht. Vielleicht weiß er ja, wo sie jetzt sind.“

      „Vielen Dank. Das werde ich tun“, erwiderte Grace zuversichtlich und biss sich sogleich auf die Unterlippe, als sie bemerkte, dass sie gar nicht wusste, wie sie den Pastor finden sollte. „Könnten Sie mir vielleicht noch sagen, wie ich zu der Kirche komme?“

      „Die ist etwa zehn Häuserblocks von hier entfernt“, erklärte die Frau und zeigte zur nächsten Kreuzung. „Gehen Sie einfach immer die Sherbourne Street entlang. Dann können Sie sie nicht verpassen.“

      Grace hielt einen kleinen Seufzer zurück. Zehn Blocks klang nicht gerade nah, aber vielleicht war ein wenig Bewegung nach den langen Zugfahrten genau das Richtige. „Danke noch mal“, sagte sie und ging los.

      Mit der Zeit sahen die Straßen etwas stadttypischer aus und füllten sich mit Menschen. Alle gingen sehr zügig und drängelten sich an Grace vorbei, die sich bemühte, Schritt zu halten. Eine kleine Welle von Heimweh überkam sie und sie sehnte sich nach den geordneten Straßen ihres Dorfes. Dort war das einzige mögliche Hindernis für einen Fußgänger der Schubkarren eines Bauern, der von einem sturen Esel nur langsam vorangezogen wurde.

      Beim Kampf durch die Straßen der unbekannten Stadt plagte Grace die Sorge um ihre Schwester. Was mochte ihr und dem kleinen Christian wohl geschehen sein? Sicherlich hatte Pastor Burke ein neues Zuhause für sie gefunden. Vielleicht bei einer anderen liebenswürdigen Frau aus seiner Gemeinde.

      Schließlich zeichnete sich vor ihr ein Kirchturm ab, und als Grace nah genug war, um das Schild lesen zu können, war sie erleichtert. Tatsächlich war sie an der Holy Trinity Church angekommen. Schnell scherte Grace aus dem Menschenstrom aus und lief auf den Kirchenvorhof.

      Würde an einem Mittwochnachmittag überhaupt jemand da sein? Sie drehte am Türknauf der großen Holztür und trat ein. Sobald sich ihre Augen ans Halbdunkel des Inneren gewöhnt hatten, ging sie ein paar Schritte weiter und suchte mit ihrem Blick die Bankreihen ab. Vereinzelt saßen Frauen auf den Bänken, doch einen Pfarrer konnte Grace nicht ausmachen. Gerade wollte sie wieder gehen, als ihr jemand auf die Schulter tippte. „Kann ich Ihnen helfen, Miss?“

      Als Grace sich umwandte, stand vor ihr eine freundlich dreinblickende Frau, die sie mit unverhohlener Neugierde ansah.

      „Ja, vielleicht. Wissen Sie, wo ich Pastor Burke finden kann?“

      „Zu dieser Tageszeit vermutlich bei sich zu Hause.“

      „Ach ja, natürlich“, erwiderte Grace und kam sich etwas dumm vor. Sie wusste auch nicht, wie man vorging, wenn man einen Pfarrer zu Hause aufsuchen wollte; aber da sie unmöglich bis Sonntag warten konnte, blieb ihr nichts anderes übrig.

      „Möchten Sie, dass ich Sie zum Pfarrhaus begleite?“, bot die nette Frau mit einem Lächeln an.

      „Oh, sehr gern. Wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

      „Überhaupt nicht. Es ist gleich da vorne, folgen Sie mir.“

      Sie führte Grace zu einem kleinen Häuschen neben der Kirche, das etwas versteckt von der Straße abgewandt war. Die Frau ging zur Tür und klopfte.

      Als sie sich öffnete und ein älterer, leicht zerknitterter Mann im Türrahmen erschien, war Grace sehr erleichtert.

      Sein Blick wanderte von der einen Frau zur anderen. „Mrs Southby. Das ist aber eine unerwartete Überraschung“, sagte er und zog fragend seine Augenbrauen hoch.

      „Die junge Dame hier würde gerne mit Ihnen reden, Pastor. Da habe ich sie kurz herübergebracht“, erklärte sie.

      Der Pfarrer schaute zuerst auf Graces Reisetasche und dann zu Grace selbst. „Sind Sie wegen unseres Einwandererprogramms hier?“

      „N-nicht direkt“, stotterte Grace und ihre Zunge schien wie verknotet, als sie nach passenden Worten suchte. Sie hatte auf eine etwas weniger öffentliche Atmosphäre gehofft und war nicht sehr erpicht darauf, vor der Tür des Pfarrers mit der Sprache herauszurücken.

      „Einen Moment, bitte“, bat er. „Lassen Sie mich nur kurz meine Jacke holen und dann gehen wir in mein Büro.“

      „Hier sind Sie auf jeden Fall an der richtigen Stelle. Pastor Burke ist schon für viele Zugezogene in diesem Land ein wahres Himmelsgeschenk gewesen. Ich bin mir sicher, dass er auch Ihnen helfen kann“, sagte Mrs Southby und lächelte erneut.

      Keine fünf Minuten später verabschiedete sich Pastor Burke von Mrs Southby und bot Grace einen Platz in seinem Büro an. Er selbst setzte sich auf einen hölzernen Stuhl hinter dem vollgestellten Schreibtisch. „Nun, was kann ich für Sie tun?“

      An der Wand hing eine Kuckucksuhr, die gerade die volle Stunde verkündete. Der Lärm zerrte an Graces Nerven. Erst jetzt bemerkte sie, wie müde sie von der Reise war – oder schlicht


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