2 Jahre später. Regina Mars

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2 Jahre später - Regina Mars


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und lächelte ihn an. Kai grinste zu ihm hoch. Arthur schien etwas sagen zu wollen, schnappte dann aber nach Luft. Seine Augenbrauen erreichten fast den Haaransatz. »Bist du … Hast du gar nichts an?«

      »Ich?« Kai sah an sich herunter.

      »Wer denn sonst? Was …«

      »Ich hab keine Badehose dabei.« Kai paddelte träge vor sich hin.

      »Ah. Ach so.«

      »Und so macht es mehr Spaß.«

      Arthur schwieg. Mist, hatte er schon wieder irgendeinen Fauxpas begangen? Ha, Fauxpas. Das Wort hatte er von Arthur gelernt.

      »Na, wenn das so ist …«

      Kai konnte gar nicht so schnell schauen, da hatte Arthur sich schon die Klamotten vom Leib gerissen und war in den Pool gesprungen. Kai starrte immer noch, als ihn eine gigantische Flutwelle wegspülte. Nur einen Moment lang sah er Arthurs hellen Körper durch die Luft fliegen, dann schlug die Welle über ihm zusammen.

      Das … war mehr als Küssen, oder? Sie waren nackt. So hatte er das natürlich nicht geplant. Nicht mal darüber nachgedacht, wie üblich, aber … äh.

      Er grinste, plötzlich überglücklich, und spritzte Arthur Wasser ins Gesicht. Der wehrte sich, bis sie vor Lachen fast absoffen. Mit Mühe retteten sie sich auf die seichte Seite des Pools. Immer noch bebend vor Kichern blinzelte Kai sich die Feuchtigkeit aus den Augen. Arthur biss sich wieder auf die Lippen, aber er wirkte entspannter.

      »Kann ich was ausprobieren?«, fragte Kai.

      Arthur nickte zögernd. Vorsichtig strich Kai über die hellen Schultern, bis alle Wassertropfen verschwunden waren. Arthurs Haut war sanft, zunächst, dann bildete sich eine Gänsehaut, die Kais Fingerspitzen kitzelte.

      »Okay?«, krächzte er und Arthur starrte ihn an. Aber er nickte wieder. Kai kam näher. »Weiter?«

      »Ja.« Seltsam, Arthurs Stimme klang fast so rau wie seine. Durchsichtige Perlen hingen in den dichten Wimpern. Kai atmete tief ein, dann machte er noch einen Schritt. Er neigte den Kopf und küsste die Wassertropfen auf der kühlen Haut. Auf den Wangen. Auf der Stirn. Auf der Nasenspitze, bis er sie alle aufgenommen hatte. Arthur rührte sich nicht. Angstvolles Kribbeln tobte in Kais Bauch, aber er wollte auch nicht aufhören. So vorsichtig er konnte, legte er die zitternden Hände in Arthurs Nacken und küsste ihn.

      Das war anders. Das Gefühl von Arthurs nackter Brust an seiner, die weiche Haut in Arthurs Nacken. Ja, das war ganz anders. Mehr. Selbst die Lippen, die er hundertmal geküsst hatte, schmeckten besser. Nach Chlor und Erwartung. Ein winziges Geräusch drang aus Arthurs Kehle und Kai wich zurück.

      »Aufhören?«, flüsterte er.

      Arthur packte ihn und zog ihn zu sich heran. Küsste ihn, so heftig, dass Kais Knie nachgaben, schlang die Arme um seinen Rücken und drängte sich gegen ihn.

      Es war fantastisch, traumhaft, schöner als …

      »Arthur!«

      Eine weibliche Stimme. Hell. Schrill.

      Arthurs nasser Körper versteinerte. Plötzlich war er weg. Plötzlich stand Kai allein im kalten Wasser … Nein, Arthur war noch da. Er war nur zurückgewichen. Panisch starrte er seine Eltern an.

      Wie zwei Scharfrichter ragten sie am Poolrand auf. Kai sah wutverzerrte Gesichter über sich. Zweimal, unter teuren Sonnenbrillen und fein geschnittenen Haaren.

      »Raus aus dem Wasser!«, kommandierte Arthurs Vater, aber Arthur stand nur da und stierte ihn an. Mit hängendem Unterkiefer, leichenblass. Seine Augen waren riesig.

      Er bewegte sich nicht. Ein kühler Lufthauch strich über Kais Schultern. Arthur würde ihn nicht verlassen. Das wusste er plötzlich. Er würde sich seinen Eltern entgegenstellen und sagen, dass sie ihn in Ruhe lassen sollten, weil er Kai liebte und sie nur noch fünf Tage zusammen hatten und …

      Er war so überzeugt davon, dass er sich wirklich wunderte, als Arthur den Mund öffnete und ganz andere Worte herausdrangen.

      »Das ist nicht …«, stotterte er. »Wir haben nicht … Das war nur Spaß, das … Wir sind doch nicht schwul. Oder, Kai?«

      Sein bittender Blick war das Schlimmste. Die verräterischen Augen, die Kai flehend ansahen.

      »Es ist mir scheißegal, was ihr da veranstaltet!«, brüllte sein Vater. »Raus aus dem Pool, sofort!«

      Und Arthur gehorchte. Kais Herz fühlte sich an, als würde es aufgeschlitzt. Er sah den runden Rücken, der sich von ihm entfernte. Die Wassertropfen darauf glitzerten immer noch.

      Ihm war schlecht. Er wollte heulen, schreien, Arthur anflehen, dass er dablieb, hier, bei ihm, dass er diese Worte zurücknahm. Aber Arthur kletterte aus dem Pool, nackt und hilflos.

      »Zieh dir was an«, zischte seine Mutter. »Das ist ja ekelhaft. Was habt ihr euch dabei gedacht?«

      Arthur antwortete nicht. Wie ein Zombie stieg er in die Hose, ohne sich abzutrocknen. Er streifte das Shirt über. Die Sachen klebten ihm sofort am Leib.

      »Und jetzt ins Auto mit dir!« Seine Mutter packte ihn am Ohr und zerrte ihn hinter sich her. Das Letzte, was Kai von ihm sah, war ein verzweifelter Blick. Dann verschwand er hinter dem Poolrand.

      Er hörte eine Tür knallen. Immer noch konnte er sich nicht bewegen. Das Wasser gluckerte um ihn herum. Arthurs Vater sah ihn an. Kai spürte den Ekel hinter den dunklen Brillengläsern schwelen.

      »Verschwinde von hier«, knurrte Arthurs Vater. »Oder ich rufe die Polizei.«

      Arthur hat mich eingeladen, wollte Kai sagen. Ich darf hier sein. Er hat mich eingeladen und er liebt mich.

      Aber das wäre eine Lüge gewesen.

      Er stieg aus dem kalten Wasser in die zu heiße, böse flirrende Luft. Egal. Alles egal.

      Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle. Arthurs Vater beobachtete ihn und zum ersten Mal fühlte er sich wirklich nackt. Nackt und verletzlich. Er packte seine fadenscheinigen Klamotten und hätte sie fast fallengelassen, weil Arthurs Vater ihn im Nacken packte wie einen Hund.

      Er wurde durch die Eingangshalle gezerrt, über die glatten Fliesen. Ein harter Stoß schleuderte ihn in den Kies der Einfahrt. Steinchen gruben sich in die zu mageren Knie. Als er aufblickte, sah er Arthur. Arthur, der neben seiner Mutter am Auto stand, einem schwarzen Aston Martin, und ihn anstarrte.

      Hilf mir, dachte Kai, aber in Arthurs blassem Gesicht war nichts als Panik.

      Der Kloß füllte Kais ganze Kehle aus, dehnte sich weiter und die Sicht verschwamm.

      Mist, Mist, Mist …

      »Arthur«, schluchzte er, aber da packte ihn eine Pranke, diesmal in den Haaren und schleuderte ihn vorwärts.

      »Verschwinde endlich!«

      Kai stolperte die Einfahrt herunter, durch den Kies, nackt, die Klamotten in den Händen. Er heulte und heulte. Er heulte immer noch, als er sich längst auf der Straße befand. Schluchzend streifte er die Hose über. Die restlichen Sachen behielt er in der Hand.

      Der Asphalt war so heiß, dass er sich die Fußsohlen verbrannte. Aber seine Schuhe waren irgendwo in dieser blöden Villa und dahin würde er nie mehr zurückkehren. Nie mehr.

      Als er sich endlich umsah, war die Villa längst aus seinem Blickfeld verschwunden. Da waren nur noch die Straße und der düstere Wald.

      10. Arthur

      Erst, als sie ihn ins Auto verfrachtet hatten, kapierte Arthur, was hier geschah. Als der Motor startete, als die ersten Bäume vorbeizogen, immer schneller.

      »Lasst mich raus!«, brüllte er. Er krabbelte über die Ledersitze, öffnete die Wagentür und stürzte hinaus.

      Heißer Schmerz schrammte durch seine Schulter.


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