Seewölfe - Piraten der Weltmeere 652. Sean Beaufort

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 652 - Sean Beaufort


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in östliche Richtung.

      „Meinst du, ihr schafft es allein?“ fragte Hasard. Als ob es ein Stichwort gewesen wäre, mußte er gähnen.

      „Du kannst überzeugt sein, Sir, daß wir die paar Seemeilen das Schiff nicht auf Felsen setzen werden – da gibt es kaum Felsen“, erwiderte der Erste. „Ich passe schon auf. Wenn es dunkel wird, können wir vielleicht schon irgendwo in einer Bucht von Nicolau vor Anker gehen.“

      Hasard senkte den Kopf, gähnte wieder und gab Batuti sein Spektiv.

      „Einverstanden“, murmelte er und schüttelte sich. „Ich sollte mich wirklich etwas ausruhen.“

      „Und iß etwas, Sir!“ rief ihm Ferris Tucker nach, als Hasard den steuerbordseitigen Niedergang abenterte und unter Deck verschwand.

      Die Spitze des Bugspriets richtete sich auf eine Stelle an der Kimm, hinter der die höchste Erhebung von Santa Luzia zu erkennen war. Hinter der Schebecke verhallte das kreischende Geschrei der jagenden Vögel.

      Ben wandte sich an den Rudergänger.

      „Wir suchen um die Inseln herum. Aber niemand denkt daran, daß sich zwischen ihnen ein riesiges Seegebiet befindet.“

      „Das ist die Arbeit für die nächsten Tage“, erwiderte Piet Straaten. „Unser armer Sir. Er ist völlig fertig.“

      Der Erste nickte nachdrücklich, dann sagte er: „Er gibt nicht auf, verlaß dich drauf. Und von uns wird auch keiner aufgeben. Und wenn es Monate dauert.“

      „Natürlich, was denkst du?“ entgegnete Piet.

      Nach Dan O’Flynns Karten betrug die Entfernung zwischen Santo Antao im äußersten Westen bis nach Sal oder Boa Vista im Osten rund hundertneunzig Seemeilen. Eine Strecke also, die bei gutem Wind in eineinhalb oder zwei Tagen zu segeln war. Bis jetzt war in diesem portugiesischen Gebiet noch keine zweites Schiff aufgetaucht.

      Daß São Tiago und Boa Vista wichtige Stationen des verdammenswerten Sklavenhandels zwischen Afrika und Brasilien darstellten, war allen Seewölfen seit langem bekannt. Daraus leiteten sie die schwache Hoffnung ab, daß die drei Freunde in der Jolle vielleicht von einem portugiesischen Schiff aufgefischt wurden.

      „Vielleicht sollten wir weiter westlich suchen“, meinte der Erste nach einer Weile. „Der Harmattan kam von Osten und riß alles nach Westen mit.“

      „Aber – angeblich ist er nach Süden gewirbelt. Er soll gedreht haben“, sagte Piet.

      Die Silhouette der kleinen Insel wuchs höher aus den Wellen. Die Sonne des späten Nachmittags lag voll auf den Hängen.

      „Niemand hat’s deutlich gesehen“, sagte der Erste. „Es war stockfinster, wie du dich vielleicht erinnerst. Wahrscheinlich erfahren wir etwas darüber, wenn wir in dieser trostlosen Wüste aus Wasser und Felsen auf einen Portugiesen treffen.“

      „Also spätestens in Boa Vista“, murmelte Piet.

      „Wahrscheinlich erst dort, ja.“

      Die Schebecke lief gute Fahrt. Alle drei Segel standen voll im achterlichen Wind. Hin und wieder prasselte ein Schwall Wasser von Backbord über die Planken, die in der Hitze schnell trockneten und sich mit glitzernden Salzkörnchen überzogen. Die Seewölfe auf der Kuhl hoben immer wieder ihre Köpfe und suchten die Kimm ab. Ben Brighton und Ferris Tucker schwenkten die Spektive.

      Aber es gab, bis sie sich im letzten Tageslicht der kleinen Insel Santa Luzia näherten, nicht einmal ein Stück Treibholz zu entdecken, geschweige denn ein treibendes Boot mit drei Insassen.

      Gnadenlos brannte die Sonne vom Himmel.

      Der Wind, der den Schweiß schnell trocknete, linderte die Hitze. Die drei einsamen Männer spürten kaum, wie die Sonne ihre Haut versengte. Philip half Old Donegal, den Fisch zu bearbeiten.

      Sie hatten Kopf und Schwanzende abgeschnitten und unter die Planken im Bug geschoben. Auch wenn die Brocken zu stinken anfingen, würden sie gute Köder abgeben, bessere jedenfalls als die strapazierte Goldmünze.

      „Der unbekannte Seemann, der seine Kiste in den großen Teich hat fallen lassen, hätte auch mehr an uns denken können“, sagte Hasard und deutete auf die breite Ducht, auf der er seine Schätze ausgebreitet hatte.

      Ein Buch, vermutlich eine Bibel, deren Seiten zusammenklebten. Auch die Buchdeckel ließen sich nicht öffnen. Irgendwann würde die Schwarte einigermaßen trocken sein, dann konnten sie sich gegenseitig biblische Sprüche vorlesen.

      Der zweite Fund war fürs Überleben weitaus wichtiger: eine Büchse, in der sich Schwamm, Stahl und Feuerstein befanden. Natürlich troffen auch diese Teile vor Seewasser. Vorsichtig drehte Hasard die Stücke auf dem Holz um und setzte die Rückseite der Sonne aus.

      Im dritten Bündel, einem verquollenen kleinen Holzkasten, hatten sie ein buntes Sammelsurium von Kleinkram gefunden. Bändsel und Garn in unterschiedlicher Stärke und Länge, ein paar dreikantige Segelnadeln, ein Messer, eine Handvoll silberner Münzen von geringem Wert, einen Schlüssel und leuchtende Muschelschalen.

      „Er hat nicht gewußt, daß wir seine Habseligkeiten auffischen“, erwiderte Old Donegal und fuhr fort, die Haut von dem Fisch abzuziehen. Die Eingeweide hatten sie wortlos und schnell ins Meer zurückgeworfen. Das grausige Erlebnis des scheintoten Großvaters reichte ihnen, und zwar für alle Zeiten.

      „Er hätte trotzdem etwas anderes einpacken können“, maulte Hasard.

      Immerhin konnten sie die Muscheln zerbrechen oder zerschlagen und mit den scharfen Kanten den Fisch schneller abschuppen. Die Tuchfetzen, in die jene Bündel eingeschlagen waren, verströmten einen muffigen Geruch, während sie langsam trockneten. Fliegende Fische, vom Schatten des Segels aufgescheucht, flatterten nach beiden Seiten surrend dicht über die Wellenkämme dahin und tauchten klatschend ins Wasser.

      „Sei zufrieden mit dem, was das Meer uns freiwillig schenkt“, sagte Philip und setzte ein schiefes Grinsen auf.

      „Muß ich wohl sein.“

      Ein Fäßchen, etwa einen Fuß lang, und zwei Krüge aus glasiertem Ton, mit Wachs und Pech verschlossen, standen nebeneinander auf der Ducht. Sie waren entweder vom Ton her sehr schwer, oder sie enthielten noch immer ihren flüssigen Inhalt. Hasard starrte sie an, als könne er hindurchschauen und auf diese Weise erfahren, was sie enthielten.

      Schließlich nahm er das Messer, setzte die Spitze im Wachsüberzug des Verschlusses an und stocherte solange, bis er die Schutzschicht durchschnitten und den Korken in die Höhe gehebelt hatte. Der Geruch eines schweren, dicken Weines stieg ihm in die Nase.

      Er lachte laut auf.

      „Dieser unbekannte Seemann“, sagte er kopfschüttelnd. „Es gibt Wein zum rohen Fisch, Granddad!“

      Auch Old Donegal stieß ein Kichern aus.

      „Tatsächlich? Hier, einen Schluck für mich.“

      Er warf Hasard eine Kokosnußhälfte zu. Vorsichtig kippte Hasard den Krug und ließ einen fingerdicken Strahl hineinrinnen. Im Sonnenlicht verwandelte sich der Wein in eine feuerrot leuchtende Flüssigkeit, deren Geruch sogar den des Fisches überdeckte.

      Old Donegal schnitt seine Beute gerade in doppelt fingerbreite Streifen und pickte die dünne Gräten heraus. Beim Anblick der Mahlzeit fing Hasards Magen laut zu knurren an, gleichzeitig entstand in der Kehle eine würgendes Gefühl. Der junge Seewolf dachte an die nächsten Tage und unterdrückte das Würgen.

      Er tauchte den Finger in den Wein, probierte ihn und nickte zufrieden.

      „Verdammt stark“, sagte er und gab die Muck weiter. Old Donegal verdrehte nach dem ersten Schluck die Augen und reichte den Wein nach achtern zu Philip an der Pinne.

      „Aber gut“, pflichtete ihm Philip bei.

      Er nahm einen zweiten Schluck und schloß die Augen, als ihm Old Donegal auf der Messerspitze einen Happen Fisch entgegenhielt. Philip würgte den Fisch herunter und behalf sich damit, daß er


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