Der schwarze Mustang. Karl May

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Der schwarze Mustang - Karl May


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rauben; wir müssen vor ihnen weichen, denn sie sind mächtiger als wir; nun aber kommen auch diese Gelbhäute und bauen Brücken und Eisenwege auf dem Boden, der uns gehört; sie werden alle ihr Leben lassen müssen und die Krieger der Komantschen werden den Ruhm haben, die ersten roten Männer zu sein, welche die neuen Skalpe der langen Zöpfe besitzen. Wir verzichten nicht darauf und du wirst uns jetzt alle Auskunft erteilen, die zu einem Überfall nötig ist.“

      Nun folgten ausführliche Auseinandersetzungen über Örtlichkeit und die einzelnen Teile des Camps, über die Art und Weise, wie der Überfall vorzunehmen sei, und über die Beute, die zu erwarten war. Dann gab der ‚Schwarze Mustang‘ seinen beiden Begleitern das Zeichen, wieder zu ihm zu stoßen, denn sie hatten sich nach den Seiten hin entfernt, um als Wächter dafür zu sorgen, dass er nicht überrascht und entdeckt wurde.

      Das Ergebnis dieser geheimen Zusammenkunft war, dass zunächst morgen Abend Old Shatterhand und Winnetou mit Kas und Has am Alder-Spring gefangen genommen werden sollten; die Zeit des Angriffs der Komantschen auf Firwood-Camp werde man dann dem Scout durch einen Boten melden. Hierauf verabschiedete er sich von den drei Verbündeten und kehrte nach dem Shop zurück.

      Der ‚Schwarze Mustang‘ suchte mit den beiden Komantschen eine nahe Stelle aus, wo der Verabredung gemäß die Rückkehr des nach dem Shop gesandten Boten zu erwarten war. Er stellte sich bald darauf ein und berichtete voller Ingrimm, wie Old Shatterhand mit ihm verfahren war. Als er hörte, dass dieser mit Winnetou überfallen werden sollte, zischte er vor Freude zwischen den Zähnen hervor: „Er soll es bereuen, dass er sich an mir vergriffen hat, denn ich werde es sein, der ihm die fürchterlichsten Qualen bereitet!“

      Eben schickten sich die Roten an, die Stelle zu verlassen und zu den Pferden zu gehen, die sie versteckt hatten, da hörten sie Schritte. Augenblicklich warfen sie sich auf den Boden nieder, obgleich dieser nass und schlammig war. Aber sie lagen den beiden Männern, die vorüber wollten, gerade im Wege; der eine stürzte über den Häuptling weg und riss den andern mit sich nieder.

      Im Nu wurden sie ergriffen und festgehalten.

      „Schreit nicht, sonst kostet es euer Leben!“, befahl der Häuptling. „Wer seid ihr?“

      „Wir sind Arbeiter“, antwortete der eine angstvoll.

      „Steht auf, aber tut keinen einzigen Schritt von hier fort, wenn euch euer Leben lieb ist! Warum schleicht ihr so heimlich hier herum? Wenn ihr Arbeiter seid, die zu diesem Camp gehören, braucht ihr das doch nicht zu tun!“

      „Wir sind nicht geschlichen!“

      „Doch! So leise und gebückt geht kein Mensch, der sich sehen lassen will. Was habt ihr da in den Händen?“

      „Gewehre.“

      „Gewehre? Wozu brauchen Arbeiter Gewehre? Zeigt her; ich will sie sehen!“

      Er entriss sie ihnen, betastete sie und hob dann jedes einzelne empor, um es gegen den Himmel besser betrachten zu können.

      „Uff, uff, uff!“, ließ er sich dann zwar leise, aber im Tone freudigen Erstaunens hören. „Diese drei Gewehre sind hier im Westen wohlbekannt. Die Flinte mit den vielen Nägeln muss die Silberbüchse Winnetous, unseres Feindes, sein. Und wenn das richtig ist, so gehören die beiden anderen dem Bleichgesicht Old Shatterhand; es ist der Henrystutzen und der Bärentöter. Habe ich richtig vermutet?“

      Die Chinesen schwiegen auf diese an sie gerichtete Frage. Sie sahen, dass sie Indianer vor sich hatten, und fürchteten sich. Sie zitterten förmlich und waren sogar zu feig, einen Fluchtversuch zu wagen.

      „Redet!“, fuhr er sie an. „Gehören diese Gewehre Old Shatterhand und Winnetou?“

      „Ja“, hauchte derjenige von ihnen, der bis jetzt gesprochen hatte.

      „So habt ihr sie gestohlen?“

      Der Gefragte schwieg abermals.

      „Ich sehe, dass ihr Wagare-Saritsches[16] seid, denen solche Männer ihre Gewehre niemals anvertrauen würden. Wenn du es nicht gestehst, stoße ich dir das Messer augenblicklich in den Leib! Sprich!“

      Da beeilte sich der Chinese zuzugeben: „Wir haben sie heimlich genommen.“

      „Uff! Also doch! Winnetou und Old Shatterhand müssen sich sehr sicher fühlen, dass sie sich hier von ihren Gewehren getrennt haben. Ihr seid Diebe. Wisst ihr, was ich mit euch tun werde? Ihr habt den Tod verdient!“

      Da warf sich der Chinese auf die Knie nieder, hob die Hände und flehte: „Töte uns nicht!“

      „Wir sollten euch freilich das Leben nehmen; aber wir werden euch laufen lassen, wenn ihr tut, was ich euch befehle.“

      „Sage es, oh, sage es! Wir werden gehorchen!“

      „Gut! Warum habt ihr die Gewehre gestohlen? Ihr könnt sie doch nicht brauchen, denn ihr seid keine Jäger.“

      „Wir wollten sie verkaufen, denn wir haben gehört, dass sie sehr, sehr viel Geld wert seien.“

      „Wir kaufen sie euch ab.“

      „Wirklich? Wirklich? Ist das wahr?“

      „Ich bin der Häuptling der Komantschen. Mein Name lautet Tokvi Kava, was in der Sprache der Bleichgesichter ‚Schwarzer Mustang‘ heißt. Habt ihr von mir gehört?“

      Jawohl, sie hatten von ihm gehört, und zwar so viel Schlimmes, dass der Chinese tief erschrocken antwortete:

      „Der ‚Schwarze Mustang‘?! Ja, wir kennen dich!“

      „So wirst du wissen, was für ein großer und berühmter Häuptling ich bin und dass alles, was ich sage, stets die Wahrheit ist. Ich kaufe dir die Gewehre ab.“

      „Wie viel gibst du uns dafür?“

      „Mehr als jeder andere euch geben würde.“

      „Was?“

      „Euer Leben. Ein solcher Diebstahl wird mit dem Tod bestraft; ich schenke euch aber für die Flinten das Leben.“

      „Das Leben? Nur das Leben?“, fragte der Zopfträger zitternd und enttäuscht.

      „Ist das nicht genug?“, zischte ihn der Rote an. „Können solche Burschen, wie ihr seid, mehr bekommen als das Leben? Was wollt ihr noch?“

      „Geld.“

      „Geld! Also Metall! Wenn ihr Metall wollt, könnt ihr auch dies haben, nämlich das Eisen unserer Messer; sie sind so scharf und spitz, dass ihr genug davon bekommen werdet. Wollt ihr es?“

      „Nein, nein! Verschone uns!“, stöhnte der Chinese. „Wir wollen leben; behalte die Gewehre!“

      „Das ist dein Glück, du gelbe Kröte! Und nun höre, was ich dir noch befehle! Old Shatterhand und Winnetou werden sehr bald merken, dass ihre Flinten fort sind; es wird sich ein großer Lärm erheben; sie werden suchen und fragen. Was werdet ihr da tun?“

      „Wir werden schweigen.“

      „Das müsst ihr. Kein Wort dürft ihr sagen, kein einziges Wort, sonst nehmen sie euch das Leben, weil ihr die Diebe seid. Aber auch von uns dürft ihr nicht sprechen, denn wenn sie erfahren, dass ihr uns getroffen und mit uns gesprochen habt, so erraten sie alles und ihr seid doch verloren. Werdet ihr diesem meinem Befehl gehorchen?“

      „Wir werden schweigen, als ob wir tot wären!“

      „Das fordere ich von euch, denn wenn ihr verrietet, dass wir hier gewesen sind, würden wir kommen und Rache nehmen; ihr würdet unter tausend Qualen am Marterpfahl sterben. Und nun noch eine Frage: Sind euch die Namen Iltschi und Hatatitla[17] bekannt?“

      „Nein.“

      „So heißen die Pferde von Winnetou und Old Shatterhand. Wisst ihr, wo diese stehen?“

      „Im Schuppen, der dort hinter uns liegt. Wir hörten, dass sie dorthin geschafft wurden.“

      „So sind wir mit euch fertig. Also denkt


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