Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten. Edgar Rice Burroughs
Читать онлайн книгу.anderes Gitter hinter ihm herabgefallen war, während er das vordere hatte niederbrechen wollen! Taug saß in der Falle. Er kämpfte verzweifelt bis zur völligen Erschöpfung um seine Freiheit, aber es war ganz vergeblich.
Am Morgen rückte aus Mbongas Dorf eine Abteilung Schwarzer nach der tags zuvor gebauten Falle ab, während ein nackter junger Riese, von der Neugierde der wilden Geschöpfe erfüllt, in den Zweigen über ihnen schwebte. Manu, das Äffchen schnatterte und schalt, als Tarzan vorbeikam, und obgleich er die wohlbekannte Gestalt des Affenjungen nicht fürchtete, zog er doch den kleinen braunen Körper seiner Lebensgefährtin enger an sich. Tarzan lachte, als er das sah, aber nach dem Lachen zog eine Wolke über sein Gesicht und er seufzte tief.
Ein paar Schritte weiter stolzierte ein Vogel in buntem Prachtgefieder vor den bewundernden Augen seines dunkelfarbigen Weibchens umher. Es kam Tarzan vor, als ob sich alles im Dschungel vereinigt hätte, um ihn an Teekas Verlust zu erinnern; sonst hatte er diese Dinge jeden Tag gesehen und sich nichts dabei gedacht.
Als die Schwarzen die Falle erreichten, machte Taug einen mächtigen Aufruhr. Er packte die Stangen seines Gefängnisses und schüttelte sie wahnsinnig, während er ohne Aufhören brüllte oder schrecklich knurrte. Die Schwarzen waren ganz übermütig vor Freude, denn obgleich sie ihre Falle nicht für diesen haarigen Baummann gebaut hatten, waren sie doch entzückt über ihren Fang.
Tarzan spitzte die Ohren. Als er die Stimme eines großen Affen hörte, schlug er rasch einen Bogen, bis er unter Wind der Falle war und suchte in der Luft nach der Witterung des Gefangenen. Nach kurzer Frist drang in seine feine Nase ein vertrauter Geruch, der ihm so untrüglich, als es seine Augen gekonnt hätten, Taug als den Gefangenen angab. Jawohl, Taug war es, und zwar allein.
Tarzan lachte und näherte sich, um festzustellen, was die Schwarzen mit ihrem Gefangenen vorhatten. Ohne Zweifel würden sie ihn sofort töten. Wieder freute sich Tarzan. Jetzt hatte er Teeka für sich und keiner würde sie ihm mehr streitig machen können. Er beobachtete noch, wie die Schwarzen die Zweige vom Käfig nahmen, Seile anbrachten und den Käfig nach dem Dorfe zu die Wildfährte hinabschleiften.
Tarzan wartete, bis sein Nebenbuhler außer Sicht kam, der immer an den Gitterstäben rüttelte und seinen Zorn und seine Drohungen durch Knurren kundgab. Dann wandte sich der Affenjunge um und machte sich rasch auf die Suche nach der Horde und nach Teeka.
Unterwegs überraschte er Sheeta und seine Familie auf einer kleinen, halbverwachsenen Lichtung. Das große Männchen lag ausgestreckt auf dem Boden, während das Weibchen seinem Herrn eine Tatze über das wilde Gesicht legte und ihm den weichen, weißen Pelz am Hals beleckte.
Tarzan vergrößerte seine Geschwindigkeit, bis er fast durch den Wald flog und traf bald auf die Horde. Er hatte sie längst erspäht, ehe sie ihn erblickten, denn von allen Dschungelgeschöpfen kam keines leiser als Affentarzan. Er sah Kamma mit ihrem Gefährten Seite an Seite, wie sie die behaarten Körper aneinanderrieben. Aber er sah Teeka allein Futter suchen. Sie sollte nicht lange allein suchen, dachte Tarzan, als er mit einem Satze mitten unter ihnen erschien.
Es gab ein entsetztes Rennen, und ein Chor ärgerlicher und erschreckter Knurrstimmen ertönte, denn Tarzan hatte sie überrascht. Aber es musste mehr als nur ein nervöses Erschrecken dabei sein, sonst war nicht zu erklären, warum das Haar der Affen noch gesträubt blieb, obwohl sie schon lange die Person des Ankömmlings festgestellt hatten.
Tarzan fand wieder, wie schon so oft, dass immer sein plötzliches Erscheinen unter ihnen sie für lange Zeit völlig aus der Fassung brachte und dass sie sich erst beruhigten, wenn sie ihn samt und sonders ein halbes dutzendmal oder öfter berochen hatten.
Er drängte sich zwischen ihnen durch und ging auf Teeka zu; aber als er näherkam, wich die Äffin zurück. Teeka, sagte er, ich bin Tarzan. Du gehörst Tarzan. Ich bin deinetwegen gekommen.
Die Äffin kam näher und besah ihn sorgfältig. Endlich beroch sie ihn, wie um ganz sicher zu gehen.
Wo ist Taug? fragte sie.
Die Gomangani haben ihn, erwiderte Tarzan. Sie werden ihn töten.
Tarzan sah in den Augen des Weibchens einen Ausdruck von Verstehen und einen traurigen Blick, als er ihr Taugs Schicksal mitteilte; aber sie kam ganz nahe heran und schmiegte sich an ihn und Tarzan, Lord Greystoke, legte seinen Arm um sie.
Da fuhr er auf, denn er bemerkte die merkwürdige Unstimmigkeit seines glatten, braunen Armes neben dem schwarzen, behaarten Fell seiner Angebetenen. Er dachte an die Pfote von Sheetas Weibchen über Sheetas Gesicht – da war keine Unstimmigkeit! Er dachte, wie der kleine Manu sein Weibchen an sich drückte und wie eines zu dem anderen zu gehören schien. Selbst das stolze Männchen der Vögel mit seinem hübschen Gefieder trug eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner ruhiger getönten Gefährtin zur Schau. Auch Numa, der Löwe, war, wenn man seine zottige Mähne wegließ, das Gegenstück zur Löwin Sabor. Zwischen Männchen und Weibchen bestanden wohl Unterschiede, aber nicht so große, wie zwischen Tarzan und Teeka.
Tarzan war verwirrt. Irgendetwas stimmte nicht. Sein Arm rutschte von Teekas Schulter. Ganz langsam wich er vor ihr zurück. Sie blickte ihm mit schräg gehaltenem Kopf nach. Tarzan erhob sich zu seiner vollen Größe und schug mit den Fäusten auf seine Brust. Er hob den Kopf zum Himmel, öffnete den Mund und stieß aus der Tiefe der Lungen den wilden, unheimlichen Kampfruf des siegreichen Affenbullen hervor. Der Stamm besah ihn mit neugierigen Augen. Er hatte doch nichts erlegt und ein Gegner war auch nicht da, um sich durch den wilden Schrei zur Kampftollheit anzustacheln! Nein, es gab wirklich keine Entschuldigung für diese Störung, sie hielten daher stets ein Auge auf den Affenmenschen gerichtet für den Fall, dass sein Schrei die Vorbereitung zum Amoklaufen war.
Sie beobachteten noch, wie er sich auf einen nahen Baum schwang und aus dem Gesichtskreis verschwand. Dann vergaßen ihn alle wieder; auch Teeka.
Mbongas schwarze Krieger kamen nur langsam dem Dorfe näher, denn sie schwitzten sehr bei ihrer anstrengenden Arbeit und mussten oft ausruhen. Jedes Mal, wenn sie den Käfig bewegten, knurrte und brüllte das wilde Tier in dem rohgebauten Käfig und trommelte an den Stäben. Es war ein fürchterlicher Lärm.
Die Schwarzen hatten ihren Weg fast beendet und ruhten zum letzten Male aus, ehe sie die Lichtung erreichten, auf welcher ihr Dorf lag. Ein paar weitere Minuten würden sie aus dem Walde gebracht haben, und dann würde wahrscheinlich das, was nun kam, nicht eingetreten sein. Eine schweigende Gestalt huschte über ihnen durch die Bäume. Scharfe