Hagakure. Jocho Yamamoto

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Hagakure - Jocho Yamamoto


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garantiert. Hideyoshis Erbe Hideyori wurde zu einem daimyō unter vielen mit Sitz in der Burg von Ōsaka, einem Ort, an dem sich in der Folge die Gegner des Tokugawa-Regimes sammelten. Aber in zwei Belagerungen 1614 und 1615 wurde die Burg von Ōsaka zerstört, Hideyori getötet und damit der letzte nennenswerte Widerstand gegen das Edo-bakufu beseitigt.

      Bei der Schlacht von Sekigahara standen die Nabeshima stellvertretend für ihren daimyō Ryūzōji Takafusa und die Saga-Domäne eigentlich auf der Seite der Toyotomi, befanden sich aber auf Befehl des Toyotomi-Feldherrn Ishida Mitsunaris (1560–1600) nicht vor Ort. Nachdem das Ergebnis der Schlacht bekannt geworden war, wechselten sie opportunistisch sofort die Seiten, ordneten sich Tokugawa Ieyasu unter und verfolgten auf seinen Befehl Teile der unterlegenen Armee, der sie dann eine heftige und für beide Seiten verlustreiche Schlacht lieferten. Nach dem Sieg konnte Nabeshima Katsushige Ieyasu 600 feindliche Köpfe überreichen und erhielt dafür seine offizielle Anerkennung als Repräsentant Sagas und die Garantie für den Erhalt der Ryūzōji-Domäne. Das hatte gleichzeitig zur Folge, dass die Ryūzōji zusammen mit den Nabeshima, wenn auch als tozama-Fürsten, auf ihrem angestammten Besitz verbleiben konnten, ohne versetzt zu werden und umsiedeln zu müssen.

      Darüber hinaus konnten sich die Nabeshima noch enger an die Tokugawa binden: Als 1603 Katsushiges Gemahlin starb, gab ihm Ieyasu seine Adoptivtochter zur Frau. Diese Vermählung bedeutete natürlich für Vasallen eines außenstehenden Hauses eine hohe Anerkennung und einen großen Statusgewinn. Als dann 1607 sowohl der Ryūzōji-daimyō Takafusa als auch sein Vater Masaie unter nicht ganz aufgeklärten Umständen verstarben, ging damit die Ryūzōji-Hauptlinie zu Ende. Die Ryūzōji-Seitenlinien schlugen daher Katsushige mit seinen Verwandtschaftsbeziehungen zur shogunalen Familie als Nachfolger für den Fürstentitel vor. Damit erhielt der Nabeshima-Klan endgültig den Fürstentitel mitsamt der Domäne von Saga.

      Gleich im Anschluss an die Zerstörung der Burg von Ōsaka 1615 wurde vom Shogunat das Buke Shohatto als allgemeingültiges Gesetzeswerk des Kriegeradels verkündet. Damit versuchte das Shogunat die Feudalfürsten zu reglementieren sowie ihre militärischen Fähigkeiten einzuschränken und zu kontrollieren. So mussten daimyō fortan jedes zweite Jahr auf Respektsbesuch in Edo verbringen (sankin kōtai), während ihre Ehefrauen und Kinder als Geiseln ständig in Edo wohnten. Das bedeutete nicht nur erhebliche Ausgaben für die einzelnen Domänen, sondern hatte unter anderem auch zur Folge, dass spätere daimyō, die in Edo geboren und aufgewachsen waren, die Fürstentümer, die sie regieren sollten, gar nicht kannten. Gleichzeitig wurden besonders den außenstehenden tozama-Häusern zusätzliche Ausgaben dadurch auferlegt, dass man sie zu Aufgaben im öffentlichen Dienst wie zum Beispiel zu öffentlichen Bauvorhaben verpflichtete. Kurz nachdem so die Bedingungen für die politische, wirtschaftliche und militärische Vormachtstellung der Tokugawa sowie für Ruhe und Ordnung im Land sichergestellt waren, verstarb Ieyasu im Jahr 1616.

      1637 brach mit der Rebellion von Shimabara südlich der Saga-Domäne der letzte große militärische Konflikt der Edo-Periode aus. Im Widerstand gegen erdrückende Steuern und das seit 1612 strikt durchgesetzte Verbot des Christentums erhoben sich Bauern und herrenlose bushi auf der Halbinsel Shimabara in einem verzweifelten Aufstand gegen das bakufu, nur um 1638 von den vereinigten Armeeverbänden aus diversen Domänen vernichtend geschlagen zu werden. Der Nabeshima-Klan stellte dabei mit 35 000 Mann unter ihrem Fürsten Katsushige das größte Kontingent an Kriegern, darunter auch den damals 49-jährigen Yamamoto Jin’emon Shigezumi, Yamamoto Jōchōs Vater, der sich bei der Schlacht hochverdient machte, sich aber schwere Verletzungen einhandelte. Aufgrund der Verdienste der Saga-Domäne bei der Niederschlagung dieser Rebellion wurde sie 1642 zusammen mit der Fukuoka-Domäne mit der militärischen Überwachung von Nagasaki beauftragt. Dort war der gesamte Überseehandel konzentriert und unter die monopolistische Verwaltung des bakufu gestellt worden. Im Gegenzug wurde für den Fürsten von Saga die Anwesenheitspflicht in Edo jedes zweite Jahr erheblich verkürzt, weshalb er auch der »Hundert-Tage-daimyō« genannt wurde.

      Bushidō in der Edo-Periode

      Mit der Rebellion von Shimabara endete die letzte Gelegenheit für japanische Krieger, ihren Heldenmut auf dem Schlachtfeld zu beweisen. Als eine Folge des über 250 Jahre anhaltenden Friedens der Edo-Periode verlor die Kriegerklasse ihren wichtigsten Zweck, nämlich ihre Daseinsberechtigung als Krieger. Gleichzeitig boten auch die Verwaltungsapparate der verschiedenen Domänen nur begrenzte Möglichkeiten für umfangreiche und sinnvolle Beschäftigung. Bushi entwickelten sich daher zu einer meist unproduktiven sozialen Klasse, größtenteils ohne geregelte Beschäftigung, der es außerdem verboten war, sich in Berufen außerhalb ihres sozialen Standes zu betätigen. Hohe Preise in den Städten und der steigende Lebensstandard, also steigende Ausgaben bei gleich bleibenden Einkommen, führten langsam aber sicher zur Verarmung vieler Mitglieder des Kriegeradels.24

      So war zum Beispiel die Genroku-Periode (1688–1704), die auf die Verfassung des Hagakure erheblichen Einfluss haben sollte, dadurch gekennzeichnet, dass es kaum noch bushi mit eigener Kriegserfahrung gab. Der »Weg des Kriegers« hatte sich in dieser Zeit bereits mehr und mehr von einer alltäglichen Realität zu einem symbolischen Ideal gewandelt. Die Wirtschaftskraft der japanischen Stadtbürger erstarkte immer mehr und zog mit der politischen Macht des Kriegeradels gleich. Die Ökonomie entwickelte sich weg von einer Reiswirtschaft immer mehr zu einer Geldwirtschaft hin, die sich auch auf dem Land durchsetzte und ein allgemeines Wirtschaftswachstum ermöglichte. Dieses Wachstum spiegelte sich auch in dem bunten und fröhlichen Kulturleben dieser Periode wider, ging aber an einem Großteil des Kriegeradels vorbei, denn die Stipendien der Samurai wurden weiterhin nach dem festgelegten Reisstandard berechnet.

      Regelmäßige Reformen der Administration und des Finanzhaushaltes vieler Domänen erwiesen sich am Ende als fruchtlos, weil das konstante Bestehen auf Fleiß und Sparsamkeit einerseits und die Betonung von Samurai-Idealen und -Pflichten andererseits allein nicht in der Lage waren, die hausgemachten Probleme des Systems selbst zu lösen, sondern diese eher noch intensivierten. Die Diskrepanz zwischen den sozialen Ansprüchen der bushi und ihrem finanziellen Status, zwischen ihren hohen moralisch-ethischen Idealen in Bezug auf ihre Mission in der Gesellschaft und der ziellosen Gleichförmigkeit in der Lebensführung der meisten Krieger führte zu einem weitverbreiteten Verlust von Arbeitsmoral und zur Aufgabe von Idealen jenseits der Aufrechterhaltung von Status und Einkommen, denn »es war die Aufrechterhaltung der Samurai-Vorherrschaft, von der das ganze System abhing.«25

      Die strikte Trennung des Kriegeradels von der übrigen Bevölkerung, seine Privilegierung sowie sein alleiniger Anspruch auf politische Macht und militärische Gewalt erzeugten während der Pax Tokugawa soziale und ethische Probleme und somit das Bedürfnis nach philosophischer Legitimierung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dabei zeigten sich der Neo-Konfuzianismus der Chu-Hsi-Schule (shushigaku), die Wang-Yang-Ming-Schule (yōmeigaku) oder auch Strömungen des klassischen Konfuzianismus besonders hilfreich, eine intellektuelle Begründung für die statusorientierten sozialen Strukturen der Edo-Zeit zu liefern und der Rolle des Kriegers in Friedenszeiten Bedeutung zu verleihen. Der Konfuzianismus spielte eine bedeutende Rolle für die Verbreitung solch zentraler Konzepte wie Loyalität (chū) und kindliche Pietät () als ideologischer Basis auch der Samuraierziehung und ihrer politischen Philosophie, die damit sowohl der Kriegerherrschaft über die Gesellschaft als auch den Forderungen der daimyō an die absolute, bedingungslose Loyalität ihrer Vasallen Legitimität verlieh.

      Darüber hinaus produzierten Gelehrte innerhalb und außerhalb der öffentlichen Verwaltung zahlreiche Vorschläge für die Lösung der besorgniserregenden Lebensumstände der bushi, die sowohl Ideen für eine Reform der Kriegerklasse selbst als auch Neuformulierungen dessen enthielten, was es bedeutete, ein wahrer bushi zu sein. Viele Erforscher der japanischen Kriegerethik übersehen heutzutage aber oft, dass diese Neuformulierungen nicht als konkrete Beschreibungen der bushi-Realität damals verstanden werden können, sondern als idealisierte Konstrukte darüber interpretiert werden müssen, wie der Meinung solcher Gelehrten nach ein wahrer Krieger beschaffen sein sollte: »Der ›Boom‹ einer Literatur, die den Samurai einen neokonfuzianisch geprägten Verhaltens- und Moralkodex aufzuerlegen oder nahezubringen suchte,


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