COLD BLACK. Alex Shaw

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COLD BLACK - Alex  Shaw


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lang auf dem Beamten, der es seinerseits nicht wagte, wegzuschauen. »Mr. Fox hat in meinem Land kein Verbrechen begangen. Ich darf Sie darauf hinweisen, Mr. Flynn, dass Sie sich in der königlichen Botschaft von Saudi-Arabien aufhalten, also auf hoheitlichem Boden meines Landes. Würde Mr. Fox wollen, dürfte er hierbleiben und um Asyl bitten, doch Sie sind, fürchte ich, in diesem Hause nunmehr unerwünscht.«

      Flynn hätte aus der Haut fahren können, wusste jedoch, dass er machtlos war. »Aber Hoheit … ich …«

      Umar fiel ihm ins Wort. »Officer Flynn, Mr. Fox hat sich keines Vergehens schuldig gemacht und wird darum auch nicht vor Gericht gestellt.«

      Allmählich nahm der Groll des Polizisten zu. »Ich würde meinen, dies zu entscheiden überlassen wir besser der Staatsanwaltschaft der Krone.«

      »Nein, ihm wird kein Prozess gemacht. Mr. Fox, würden sie gerne hierbleiben?«

      Paddy wusste einen Moment lang nicht genau, ob sich der Prinz einen Scherz erlaubte oder es ernst meinte. »Danke, das ist sehr zuvorkommend, aber …«

      Der Saudi nahm seine Hand herunter und setzte eine Miene auf, die seinem Gast Zuversicht spendete. »Keine Sorge, Mr. Fox. Kein Staatsanwalt wird Schuldzuweisungen machen. Jetzt muss ich mich leider von Ihnen verabschieden.« Er streckte abermals seine Rechte aus. »Mr. Fox, wie gesagt, wir stehen auf ewig in Ihrer Schuld.«

      Umar ignorierte Flynn, drehte sich um und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Die Flügeltür hinter ihnen wurde geöffnet, woraufhin die beiden Briten aus der Botschaft geleitet wurden, allerdings nicht, bevor Fox sein Schwert wiederbekommen hatte. Die Zahl der Paparazzi auf der Straße hatte zugenommen. Sie drängten darauf, Fotos zu schießen, während Flynn Fox nicht gerade glimpflich in den wartenden 5er-BMW niederdrückte, dem man nicht ansah, dass er der Sonderpolizei gehörte.

      »Los«, befahl er dem Fahrer. Als er sich dann dem Gefangenen zukehrte, versuchte er erst gar nicht, seinen Ärger zu verbergen. »Das fanden Sie wohl witzig, was?«

      »Zum Schreien komisch, ja.«

      Flynn wollte Kontra geben, doch sein Handy läutete. Kurz nachdem er den Anruf entgegengenommen hatte, bekam er den Mund nicht mehr zu. »Er hat was getan?« Entsetzt stierte er mehrere Sekunden starr auf die Rückenlehne des Fahrersitzes, bevor er das Gerät zuklappte. »Sie sind wieder auf freiem Fuß.« Flynn sah aus, als würde er gleich ersticken. »Die Staatsanwaltschaft hat alle Vorwürfe gegen Sie zurückgezogen.«

      Fox brach in Gelächter aus. »Setzen Sie mich vor der nächsten Bank ab.«

      Flynn schnatterte mit puterrotem Gesicht. »Sie tragen eine Offensivwaffe!«

      »Dann nehmen Sie mich doch fest.« Fox streckte die Arme aus, wie um sich Handschellen anlegen zu lassen.

      Der Polizist fand keine Antwort darauf; er ballte seine Fäuste, während seine Fassungslosigkeit neuerlicher Wut wich.

      Kapitel 3

      Majdan Nesaleschnosti in Kiew, Ukraine

      Dudka stand mit seinem Hund am Rande des Majdan Nesaleschnosti und beobachtete, wie die Kiewer ihrem Alltag nachgingen – einkauften, sich betranken oder verliebten. An diesem Augusttag zur Mittagszeit war es heiß auf dem Unabhängigkeitsplatz der Stadt, und alle mit den erforderlichen Mitteln hatten sie zum Urlaub im Ausland oder in ihre Datschas verlassen. Wer indes vor Ort verweilte, erfreute sich an der Sonne.

      Der Majdan Nesaleschnosti befand sich im Herzen Kiews und war Schauplatz unzähliger Nationalfeiern gewesen. Jedes Jahr zu Silvester tummelten sich mehr als hunderttausend Menschen hier, die darauf warteten, dass die Uhren Mitternacht schlugen. Dudka hatte den Jahreswechsel einmal in London erlebt und ihn nicht sonderlich spannend gefunden. Am Unabhängigkeitstag beging man ebenfalls einen aufwendigen Festakt, gleichfalls an dem des »Sieges im Großen Vaterländischen Krieg«, dem einzigen Überbleibsel auf der Sowjetunion, das er zu schätzen wusste. In letzter Zeit hatten hingegen viele politische Kundgebungen auf dem Platz stattgefunden.

      Im Rahmen der Orangen Revolution 2004 hatten weit mehr als zweihunderttausend Ukrainer hier kampiert und protestiert, bis Neuwahlen zum Präsidenten durchgeführt worden waren. Im Folgejahr hatten diejenigen das Gleiche getan, die darauf aus gewesen waren, die Parlamentswahlen noch einmal anzusetzen. Für Dudka bestand die Ironie dabei darin, dass der damalige Premierminister beim ersten Durchlauf rechtmäßig gesiegt und nach dem zweiten behauptet hatte, unrechtmäßig unterlegen zu sein. Heute hingegen? Tja, heute war er das Staatsoberhaupt.

      So ging es in der ukrainischen Politik zu. Früher hatte sich Dudka möglichst aus allem herausgehalten und ungeachtet seiner eigenen Präferenzen die richtigen Kandidaten »unterstützt«. Ursprünglich ins Amt gesetzt worden war er 1992 vom ersten ukrainischen Präsidenten. Er hatte seine Ansichten auch nach der Ernennung zum Bereichsleiter beim Sicherheitsdienst – Hauptdirektion zur Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen – für sich behalten. Allerdings war sein »Boss« Jurij Slotnik, den er nur ungern als solchen erachtete, ein stark politisch motivierter Mensch.

      Dessen Position als Leiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU ging auf eine parlamentarische Weisung zurück. Der Präsident hatte ihn dafür empfohlen, und unmittelbar unter Slotnik arbeiteten wiederum auf seine Empfehlung hin andere, die das Oberhaupt ebenfalls ins Amt gewiesen hatte. Unter normalen Umständen hätte dies zu einer gerechten, unvoreingenommenen und beflissenen Behörde geführt, doch innerhalb eines Regierungsapparates, dessen Präsident und Premierminister miteinander im Clinch gelegen hatten, mussten sich Probleme anbahnen.

      Slotnik war ein Kompromisskandidat gewesen, nachdem das Parlament unter der Führung der damaligen Premierministerin den ersten Vorschlag des Präsidenten boykottiert hatte – bittere Zeiten, sozusagen ein Schachspiel zwischen beiden Parteien. Endlich dann war der neue Kopf des SBU bestätigt worden: Eine Notlösung, wie sich Dudka mit Freude erinnerte. Daraufhin war Slotnik erpicht gewesen, in seinem Laden aufzuräumen, indem er den Präsidenten unter Druck gesetzt hatte – keine Überraschung für irgendjemanden –, ihm nahestehende Männer einzustellen: Unterstützer seines Gönners, des vom Kreml begünstigten Premierministers. Der bekleidete nun zwei Jahre später nicht mehr dieses Amt, sondern hatte sich zum Oberhaupt der Ukraine aufgeschwungen, ein Mechaniker aus Donezk im Osten des Landes. Slotnik und seine prorussischen Handlanger hockten nun als Männer des Präsidenten fest im Sattel.

      Der Chef des Sicherheitsdienstes hatte beschlossen, Dudka nicht zu entlassen. Er war der älteste und am höchsten geachtete Direktor im SBU, ganz zu schweigen von seiner jahrelangen Tätigkeit zuvor im gehobenen Dienst des sowjetischen KGB. Mit dem Alter hatte Dudka jedoch an Feinsinn eingebüßt, und dass er kein Freund des neuen Präsidenten oder seiner Bagage aus Donezk war, wusste mehr oder weniger jeder. Sprach man ihn darauf an, hielt er seine ehrlichen und bisweilen schonungslosen Ansichten nicht zurück.

      Jetzt bückte er sich mit einem Grinsen im Gesicht, um seinen Hund zu streicheln. Er musste daran denken, wie Slotnik auf einer Betriebsfeier wütend geworden war, als ihm Dudka mitgeteilt hatte, was er von ihm hielt. Der Chef hatte sein Wodkaglas auf den Tisch geknallt und war hinausgestürmt. Somit galt Dudka praktisch als Feind im Inneren. Er kam ständig mit seinem Boss ins Gehege, doch seine Leistungen sprachen, verglichen mit jenen von dessen Schergen, für sich. Er war, wie ihm Slotnik ins Gesicht gesagt hatte, ein Widerspruch in sich, »eine lästige Annehmlichkeit«.

      Dudka wandte sich ab und machte sich auf den Weg nach Hause, zurück die Karl-Marx- oder besser gesagt Horodezkoho-Straße hinauf – sie war ja umbenannt worden – zu seiner Wohnung, die zwei Minuten von der Zankovezka entfernt war. Auf beiden – die eine mit dem Namen eines politischen Aktivisten, die andere mit jenem einer unpolitischen Schauspielerin – wimmelte es vor Einheimischen und Touristen, die in den überteuerten Boutiquen einkauften. Keine Frage, sein Kollege Pavel Utkin, der dem Antiterrorzentrum des SBU vorstand, würde sich beim Anblick der vielen Sonnenanbeter Sorgen machen, da er in allem Gefahr witterte.

      Die zwei stritten sich ständig darum, wer wofür zuständig sei, seine Stelle zur Bekämpfung von Terrorismus oder die des Kollegen für Einsätze gegen Korruption


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