Die Kolonie Sammelband 1 - Interstellare Bräute Programm. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.ich an nichts anderes denken als die wissenschaftlichen Fakten zum Transport, darüber, wie mein Körper in Milliarden Datenstückchen zerrissen wurde und irgendwie hunderte Milliarden Meilen weit strömte, quer durchs Universum, zu einem fremden Planeten, den ich noch nie gesehen hatte.
Wenn ich davon ausging, dass all diese Milliarden winziger Stückchen meines „Ich“ wieder zu einem Stück zusammengesetzt werden konnte, dann würde ich trotzdem nie wieder die Erde sehen. Ich würde mir nie wieder meinen weißen Labormantel überziehen oder mein Auto fahren. Oder an einer Rose riechen. Oder Schnee in den Bergen fallen sehen. Oder ein Hündchen halten. Dämliche Dinge. Kleine Dinge. Aber sie alle zu verlieren, in einem großen Brocken, tat weh.
Ich war darauf nicht vorbereitet. Wenn ich mich freiwillig zu diesem Bräute-Programm gemeldet hätte, oder vorgehabt hätte, eine Zuordnung anzunehmen, hätte ich mich mit dem ganzen Scheiß anfreunden können, bevor ich alles aufgab. In der Eile fühlte es sich an, als würde mir etwas geraubt werden. Als würden mir die Millionen von Kleinigkeiten, die mich zu dem machten, wer ich bin, weggenommen werden. Und ich hatte keine Wahl.
Ja, ich hatte zwei scharfe Aliens, die schworen, mich zu beschützen, aber irgendwie war ich mir nicht ganz sicher, dass das ausreichen würde. Der Gedanke daran, nie wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen, trieb mir die Tränen in die Augen. Dämlich, aber so war es nun eben. Ich konnte sie nicht aufhalten.
Ein kleines Wimmern entkam mir, bevor ich mich beherrschen konnte, aber Maxims Stimme drang zu mir durch und beruhigte mich.
„Du gehörst mir, Rachel. Ich werde nicht zulassen, dass dir Leid geschieht.“
Das Versprechen sickerte in meinen Kopf und mein Herz, und ich spürte die Ernsthaftigkeit dieser Worte durch Maxims Körper fließen. Er meinte, was er sagte.
Er gehörte mir. Mir alleine. Dieser riesige, mächtige, wilde Krieger war mir verschrieben, und mir alleine. Verschrieben auf eine Art, dass er für mich sterben würde.
Es war kein neues Leben, aber es war ein Anfang.
Und verdammt, das machte es vielleicht ein wenig zu leicht, ihm zu vertrauen und sich der Dunkelheit hinzugeben, die aufstieg, um mich zu verschlingen.
5
Rachel
Mit schwindelndem Kopf erwachte ich auf einer Art medizinischer Station. Der Raum war spärlich eingerichtet, gelinde gesagt. Meine Gefährten standen neben mir, einer an jeder Schulter, während ein dritter Prillone in dunkelgrüner Uniform zu meinen Füßen stand.
Ich blinzelte, und meine Gefährten beugten sich hinunter. „Bin ich auf der Erde?“
Ich kannte die Antwort, aber es war einfach zu skurril, etwas anderes anzunehmen.
„Nein, du bist auf der Kolonie“, sagte Maxim und steckte eine Decke um mich herum fest. „Deine Abfertigung war erfolgreich, und wir sind direkt auf die Krankenstation transportiert, damit der Arzt sicherstellen kann, dass dir nichts fehlt. Zwei Transporte an einem Tag kann einem zusetzen, und du bist so klein und zerbrechlich.“
Klein? Zerbrechlich? Ich war in allen Belangen über dem Durchschnitt, Körpergröße, Gewicht, Körbchengröße und Temperament, und ich hatte über die letzten vier Jahre vierzehn Stunden am Tag gearbeitet, jeden Tag. Ich hatte während des Doktorstudiums zwei Jobs gehabt. Dass ich im Gefängnis nicht ermordet werden wollte, hieß noch lange nicht, dass ich zerbrechlich war. Oder schwach.
Ich blickte hinunter und bemerkte die weiche graue Decke. Ich war wohl darunter nackt, denn ich konnte die Kühle des Untersuchungstisches spüren. Der Gedanke daran, nackt zu sein, während sie alle bekleidet waren, hatte seinen Reiz, aber nicht so. Nicht mit einem strengen Arzt im Zimmer. Das hier war alles andere als scharf.
„Ja. Ich werde sie nun untersuchen.“
Der Arzt war ebenfalls Prillone, seine Hautfarbe irgendwo zwischen Maxims und Rystons. Ich erkannte ihre körperlichen Merkmale wieder, ihre Größe. Ihre dominante Persönlichkeit. Das war für meine Gefährten auch ganz in Ordnung. Ich konnte ihre Emotionen spüren. Ich konnte ihnen nachsehen, dass sie ein wenig herrisch und überfürsorglich waren, wenn ich doch das Begehren und Sehnen spüren konnte, das bei ihren Worten und Taten mitschwang. Aber der Arzt? Nein.
Ich drückte mich erst auf die Ellbogen hoch, dann setzte ich mich auf und betrachtete den Arzt, während ich mir die Decke um den Rücken feststeckte. Ryston sah, womit ich mich abmühte, half mir dabei, mich zu bedecken, und sein Blick blitzte zum Arzt. Er trug eine dunkelgrüne Uniform, eher Krankenhauskleidung als Rüstung. Seine Färbung war golden, eher wie Rystons als Maxims, aber dunkler. Wie Honig gemischt mit einem Schuss Zimt. Ich konnte nicht seinen ganzen Körper sehen, aber seine linke Hand war merkwürdig silbern, so wie Rystons Schläfe. Das war das einzige Cyborg-Merkmal, das ich sehen konnte. Vielleicht hatte er unter dem Hemd mehr, aber es interessierte mich nicht, es zu sehen. Die einzigen Aliens, die ich nackt sehen wollte, waren meine.
Der Arzt hielt in jeder Hand ein eigenartiges Instrument, hob eines hoch und schwenkte es vor mir herum. Lichter leuchteten auf der zylindrischen Röhre, und er studierte sie.
„Was macht Ihr Zauberstab, Doktor? Kann er Gefäßveränderungen messen, Blutsauerstoff? Die üblichen Werte?“, fragte ich. „Natürlich weiß ich nicht, was bei euch hier die üblichen Werte sind.“
Er zog eine Augenbraue hoch.
„Dieses Werkzeug analysiert alles – von Ihrer Rekapillierungszeit bis hin zur Nierenfunktion. Wenn es Abnormitäten gibt, informiert es mich. Dann führe ich sekundäre Tests durch.“
Eine durchaus vernünftige Antwort. Während er weiter mit seinem Stab wedelte, beäugten mich Maxim und Ryston, als würde ich entweder gleich vom Tisch springen und davonlaufen, oder vielleicht vom Transport implodieren. Ich konnte ihre Sorge spüren, aber ich verstand die Ursache nicht. Gab es da etwas, das ich nicht wusste? Ich blickte an mir hinunter. Was wurde in der Abfertigung alles gemacht? Was an mir hatte modifiziert werden müssen für das Leben auf der Kolonie? Dafür, eine Prillon-Braut zu sein? Ich hob meine Hand ans Gesicht und befühlte es, um zu sehen, ob ich ein Metallimplantat im Auge hatte.
„Tut dir etwas weh?“, fragte Maxim. Der Arzt hob den Stab an mein Gesicht.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich fragte mich nur...fragte mich, was vor dem Transport an mir getan wurde. Habe ich auch Silberzeug bekommen?“
„Nein. Auf gar keinen Fall. Keine Hive-Implantate werden jemals deine perfekte Haut verunstalten. Das versichere ich dir. Wir werden dich vor den Hive beschützen, vor jedem Leid, das dir widerfahren könnte.“
Der Arzt räusperte sich. „Guten Tag. Ich bin Doktor Surnen.“
„Herr Doktor.“ Es war vielleicht nicht das, was ich hätte sagen sollen, aber nackt mit drei Aliens hier zu sitzen legte meine Nerven etwas blank.
Der Arzt machte mit seinem seltsamen Scanner-Ding weiter und sprach. „Eine typische Prillon-Braut erhält vor der Ankunft körperregulierende Implantate und eine vollständige Gesundungsuntersuchung.“
„Körperregulierende Implantate?“ Was. Zum. Teufel.
Doktor Surnen lief zu einem etwas dunkleren Goldton an, und ich fragte mich, ob er gerade errötete? Ernsthaft? Hatte er noch nie zuvor ein Mädchen gesehen? Was genau hatten sie mit mir angestellt, bevor ich aufgewacht bin?
„Mikroskopische Implantate sind in allen Ihren Ausscheidungsöffnungen angebracht worden. Diese stehen in ständiger Kommunikation mit unserem System und eliminieren per Transport sämtliche Körperausscheidungen, sobald sie entstehen. Alle Stoffe werden gesammelt und in unseren spontanen Materie-Generatoren neu verwertet. Wir nennen sie S-Gen-Units. Ich bin sicher, Ihre Gefährten werden Ihnen zeigen, wie man sie bedient, sobald Sie in Ihrem Quartier sind.“
Sprachlos. Das war das einzige Wort, das ich dafür