Ende gut, alles gut. Nataly von Eschstruth

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Ende gut, alles gut - Nataly von Eschstruth


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      Nataly von Eschstruth

      Ende gut, alles gut

      Erzählung

      Saga

      Ende gut – alles gut

      © 1921 Nataly von Eschstruth

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711472934

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      Erstes Kapitel.

      „Ich will nach dem Ecktor!“ —

      „Haben Sie dort eine Wohnung?“

      „Ja, — aber nur ein Loch, — gerade zum Einkriechen! Schmal und eng, dass man sich stösst, will man das Haupt heben! — Und doch habe ich Gott gedankt, dass ich’s hatte. — Bis heute, nun soll’s anders werden. Wirklich schön, wirklich was Reelles und Sicheres, nicht nur zur Miete, wo man jeden Augenblick herausgeschmissen werden kann und nicht weiss, ob man am kommenden Tag noch ein Anrecht an das Winkelchen hat!“ —

      „Verstehe! verstehe Sie, mein Herr! — Heutzutage! Da stehen sie wie die Wölfe und lauern auf jede Dachstube und jedes Kellergelass, nur um unterschlüpfen zu können. Wo ein Plätzchen frei wird, da stürzen sie sich drauf los und fragen den Teufel danach, ob sie über Leichen gehn!“

      „Es sind greuliche Zeiten!“

      „Für uns nicht mehr! — Ich habe ein paar Wochen lang gekämpft wie ein Rasender, und heute habe ich gesiegt!“

      „Ich hörte, dass Sie in der Elektrischen sagten, sie wollten nun raus aus der Stadt?!“

      „Will ich auch! — So schnell, wie ich Unglückskerl mit meinem blindgeschossenen Auge kann!“

      Der Sprecher wandte seinem Begleiter das blasse, durchfurchte Gesicht zu und hob mühsam das Lid über dem erloschenen Augapfel.

      „Haben das Andenken aus dem Feld mit heimgebracht?“

      „Hätt’s lieber den Halunken drüben in ihrer Champagne gelassen! — Da kommt übrigens die O-Bahn! Sehen Sie den Pfahl an der Haltestelle? Von dort können Sie direkt bis zum Stadthaus fahren!“

      „Danke vielmals, mein Herr, dass Sie mir so freundlich den Weg gewiesen!“

      „Gern geschehn!“

      „Und zu Ihrem Auszug aus der Steinwüste alles Gute! Möchten Sie dem Glück entgegengehn!“

      „Na, mir deucht’s wie das Paradies selber! Verwöhnt ist man hier nicht worden, und sonst hab ich immer gedacht, als es ehemals noch Friedenszeiten waren, nur im Grab könne einen die Erde drücken! Seit dem letzten Vierteljahr aber habe ich es gespürt, wie schwer sie mit all ihren Sorgen und Qualen auch im Leben schon lasten kann! — Na, draussen soll’s besser werden! — Wenn’s keine Hoffnung gäbe, dann könnten wir Schluss machen!“

      „Da haben Sie recht! Also Kopf hoch und mit frischem Mut hinein in ein besseres Leben!“ —

      Der Fremde, welcher sich seinem Nachbar aus der elektrischen Bahn angeschlossen hatte, um von ihm sicher den Weg zu der Innenstadt gewiesen zu bekommen, hob noch einmal mit höflichem Dank den Hut und schritt hastig, sein kleines Mustertäschchen in der Hand, quer über den Strassendamm.

      Der Einäugige blickte ihm kurz nach, und ein Lächeln ging über die abgezehrten Wangen. Dann wandte er sich zur Seite, einem vielstöckigen, alten Hause zu, und beschleunigte die Schritte.

      Das Ecktor galt für keine gute Gegend. Es lag im Arbeiterviertel und schien eingewickelt in dunkeln Qualm aus Fabrikschloten und rangierenden Eisenbahnzügen von dem Güterbahnhof.

      Wie ein Schauer des Grausens ging es durch die hohe, knochige Gestalt, — wie ein Aufstöhnen der Erleichterung hob es die Brust. Über der Souterraintür war ein grell buntes Schild angebracht:

      „Destillation zur ‚Schönen Melusine‘“.

      Ein pinkertsblaues Meer, in welchem eine fischgeschwänzte Seejungfrau, deren Hand ein bekanntes kleines Spitzglas einladend emporhielt, herumplätscherte.

      Aus dem Türspalt heraus strömte dem Nahenden ein starker Duft entgegen, angetan, um einen Hungernden zur Raserei zu bringen.

      Bratkartoffeln, — gedämpftes Fleisch —

      Und als die Tür vollends aufgetan ward, da schaute man in Utopien aller Wollust hinein.

      Gedeckte kleine Tische, mit Bierseideln und Schnapsgläsern, — für die, welche ein warmes Essen bestellten, sogar noch mit Tischtüchern belegt.

      Ein Weib erschien, stemmte die vollen Arme in die Seiten und nickte dem Herrn aus der „Vierten“ droben behäbig zu.

      „Wollen Sie denn wieder vorübergehn, Herr Ebstorf? Ehe Sie man so hoch an Ihre Himmelsleiter ruffklettern, genehmigen Sie doch ein Schlückchen zur Stärkung!“

      Der Angeredete blieb stehn, und sein gesundes Auge funkelte seltsam zu der Blondhaarigen herüber.

      „Ihre Gaststube sieht allerdings sehr verlockend aus, und wenn Sie so freundlich einladen, gehe ich gern mal hinein!“ — Er trat hastig über die Schwelle. „Einmal ist keinmal, und ich denke, als Ausnahme kann man schon einmal leichtsinnig sein!“

      „So ist’s recht! Wird Ihnen schon so gut gefallen bei mir, dass Sie Stammgast werden! — Was soll’s denn sein! — Uff Buttermilch legen Sie wohl keinen Wert?“

      Ebstorf nahm den gutmütigen Spott nicht übel.

      „Bei einer Melusine kann man eigentlich nur Wasser verlangen! Das ist doch ihr Lebenselement?“

      „Und ob! Aber es muss Feuerwasser, lebendiges und kraftvolles sein, — was Leib und Seele aufrüttelt!“ nickte die Wirtin, trat an den einfachen Schanktisch und goss ein kleines Gläschen ein.

      „Etwas ganz Feines! Pfefferminz! Den trinkt keen Millionär besser ...“

      „Und was kostet er, Frau Frese?“

      Die Gefragte zuckte einen Moment mit den vollen Schultern unter den breiten, weissen Schürzenträgern.

      „Na, weil Sie es sind, Herr Ebstorf! Als Hausbewohner! Für die Mieter hier habe ich Extrapreise! Sagen wir also sechzig Pfennige, das ist bei der heutigen Knappheit halb geschenkt!“

      Ebstorf hielt den Likör mit Kennermiene gegen das Licht.

      „Ich danke Ihnen, Frau Frese. Tatsächlich nicht teuer.“ Er kostete. „So etwas kommt nur selten noch an unsereinen.“ Mit hastigem, fast gierigem Zug trank er aus. „Das wärmt! Der April macht sich noch gewaltig fühlbar, und zum Heizen langt es schon längst nicht mehr.“

      „Sie sollten öfters herunterkommen und hier im Saal den Ofen mitgeniessen! Ich erlaub’s ja gern, — es ist ja den ganzen Tag über nicht alles besetzt, und verzehren brauchen Sie ja auch nichts!“

      „Danke, Frau Frese! Solche Worte hört man nicht oft. Aber ich habe Frau und Kinder droben, und je mehr und enger wir uns in dem kleinen Käfig zusammendrücken, desto weniger frieren wir! — Hier das Geld!“ — Er zählte die Papierläppchen hin. — „Und wenn Sie mal wieder Wege zu besorgen haben oder Kohlen schippen lassen ... meine Jungens helfen die nächsten Tage noch gern!“

      „Gut, Herr Ebstorf — ich denke an Ihnen!“ Die Blonde nickte hastig einen freundlichen Gruss und wandte sich geschäftig zwei Arbeitern zu, welche aus der nahen Gasanstalt als die ersten von den Mittagsgästen eintraten. Der Kriegsinvalide


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