Tarzan – Band 4 – Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs

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Tarzan – Band 4 – Tarzans Sohn - Edgar Rice Burroughs


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sie sich der Ge­fan­gen­nah­me und ih­ren ge­schick­ten Ver­fol­gern je­der­zeit leicht ent­zie­hen konn­ten. Plötz­lich und mit un­glaub­li­cher Schnel­lig­keit stürm­ten sie auf ihre Beu­te, hol­ten sich das El­fen­bein und ver­schwan­den eben­so rasch wie­der in dem un­weg­sa­men öden Nor­den, noch ehe die Po­li­zei der heim­ge­such­ten Ge­bie­te sie über­haupt zu Ge­sicht be­kom­men hat­te. Es gab kei­nen Par­don, sie schlach­te­ten rück­sichts­los ab, was ih­nen an Ele­fan­ten in den Weg lief, oder plün­der­ten auch wohl die El­fen­bein­vor­rä­te der Ein­ge­bo­re­nen. Hun­dert oder mehr ab­trün­ni­ge Ara­ber und Ne­ger­skla­ven schlimms­ter Sor­te wa­ren ihre Hand­lan­ger.

      Der Le­ser wol­le sich das, was eben von die­sen bei­den blond­bär­ti­gen schwe­di­schen Hü­nen­ge­stal­ten Karl Jens­sen und Sven Mal­bihn an­ge­deu­tet wur­de, gut mer­ken, denn wir wer­den ih­nen spä­ter wie­der be­geg­nen.

      *

      Im Her­zen des Dschun­gels und et­was ab­seits vom Ufer ei­nes klei­nen un­er­forsch­ten Flus­ses, des­sen Was­ser sich bald mit den Flu­ten ei­nes großen Stro­mes ver­ei­nen und sich mit ih­nen un­weit vom Äqua­tor in den At­lan­ti­schen Ozean er­gie­ßen, lag im Wald ver­steckt ein klei­nes, rings­um mit star­ken Pa­li­sa­den um­zäun­tes Dorf. Die zwan­zig Hüt­ten, die fast wie große Bie­nen­stö­cke aus­sa­hen, wa­ren mit Pal­men­blät­tern ge­deckt und bo­ten der schwar­zen Be­völ­ke­rung seit lan­gem Schutz und Ob­dach, wäh­rend in der Mit­te auf frei­em Dorf­plat­ze ein Trupp Ara­ber sei­ne Zel­te aus Zie­gen­le­der auf­ge­schla­gen hat­te, die ihm für die Dau­er der Streif­zü­ge als Stan­d­quar­tier dienten. Die Ara­ber gin­gen in die­sen Ge­bie­ten ih­ren mehr oder we­ni­ger re­el­len Han­dels­ge­lüs­ten nach, das heißt sie kauf­ten oder kauf­ten auch nicht, was sie dann zwei­mal im Jahr mit ih­ren »Wüs­ten­schif­fen« nord­wärts auf den Markt nach Tim­buk­tu ab­scho­ben. Vor ei­nem der Ara­ber­zel­te spiel­te ein klei­nes, etwa zehn­jäh­ri­ges Mäd­chen; wer das schö­ne schwar­ze Haar und die tief­schwar­zen Au­gen, die nuss­brau­ne Haut und die an­mu­tig-schmieg­sa­me Ge­stalt der Klei­nen be­trach­te­te, muss­te sie ohne wei­te­res für eine ech­te Toch­ter der Wüs­te mit den die­ser Ras­se ei­ge­nen Merk­ma­len hal­ten. Ihre klei­nen Fin­ger wa­ren ge­ra­de ge­schäf­tig da­bei, ein Gras­hemd für die schon arg mit­ge­nom­me­ne Pup­pe zu flech­ten, die ihr ein kin­der­lie­ber Skla­ve vor ein oder zwei Jah­ren in ei­ner freund­li­chen An­wand­lung an­ge­fer­tigt hat­te. Der Kopf der Pup­pe war et­was un­för­mig, aber aus El­fen­bein ge­schnitzt, der Rumpf be­stand aus ei­nem mit Gras aus­ge­stopf­ten Rat­ten­fell, die Arme und Bei­ne aus Holz­stück­chen, die er an den ent­spre­chen­den En­den durch­bohrt und an den Rat­ten­fell­leib an­ge­näht hat­te. Im gan­zen war die Pup­pe zwei­fel­los un­schön, zu­mal sie al­les an­de­re als sau­ber ge­blie­ben war. Doch für die klei­ne Me­riem war sie das Schöns­te und Lie­bens­wer­tes­te auf der gan­zen wei­ten Welt, und das ist auch nicht ver­wun­der­lich, weil sie das ein­zi­ge »We­sen« war, dem Me­riem rück­halt­los trau­en moch­te. Alle an­de­ren, mit de­nen Me­riem in Berüh­rung kam, küm­mer­ten sich ent­we­der über­haupt nicht um sie – oder sie wa­ren ihr ge­gen­über grau­sam und un­ge­recht. Da war zum Bei­spiel die­se alte schwar­ze Hexe Ma­bu­nu, der man sie über­ge­ben hat­te: die hat­te kei­ne Zäh­ne mehr, lief im­mer nur schmut­zig her­um und ver­stand sich wie sel­ten je­mand auf Kei­fen. Sie ver­säum­te kei­ne Ge­le­gen­heit, das klei­ne Mäd­chen zu schla­gen und – wenn es mit der ewi­gen Quä­le­rei gnä­di­ger ab­ging – zu zwi­cken. Und dann der Va­ter erst, der Scheich, den sie mehr noch als Ma­bu­nu fürch­te­te. Er schalt sie oft für nichts und wie­der nichts, und das Ende der fast end­lo­sen Schimp­fe­rei war al­le­mal, dass er sie rück­sichts­los schlug, bis ihr klei­ner Kör­per mit blau­en und schwar­zen Fle­cken wie über­sät war.

      Nur wenn sie für sich al­lein ge­las­sen wur­de, war sie glück­lich. Sie spiel­te dann mit Gee­ka, schmück­te ihr Haar mit Blu­men der Wild­nis oder flocht sich aus Gras Bän­der und Schnü­re. O, sie war im­mer leb­haft und auf­ge­weckt und träl­ler­te ein Lied­chen vor sich hin – so oft man sie nur mal in Ruhe ließ; denn moch­te man noch so grau­sam und lieb­los mit ihr um­ge­hen: in ih­rem klei­nen Her­zen blieb im Grun­de die gan­ze große Fül­le von An­mut und Hei­ter­keit, die sie mit auf die Welt ge­bracht; und die konn­te man nicht er­sti­cken! –

      War der Scheich in der Nähe, so schwieg Me­riem so­fort und spiel­te lie­ber nicht wei­ter; denn sie hat­te vor die­sem Man­ne im­mer Angst, manch­mal so­gar so, dass man hät­te an­neh­men kön­nen, sie sei dem Wahn­sinn nahe. Und dann fürch­te­te sie sich auch vor dem dunklen, un­heim­li­chen Dschun­gel, die­sem grau­sa­men Dschun­gel, der über­all bis zum Dor­fe ihre Arme aus­streck­te, am Tage vor den Af­fen, die dort schnat­ter­ten, und den krei­schen­den Vö­geln, und dann erst in der Nacht, wenn das Brül­len und Knur­ren und Stöh­nen der Ur­wald­bes­ti­en her­über­hall­te. Ja, ihr bang­te wohl vor dem Dschun­gel, aber noch viel, viel mehr vor die­sem Scheich, und nicht bloß ein­mal war sie – das klei­ne ah­nungs­lo­se Ge­schöpf, das doch die Fol­gen­schwe­re sei­ner kind­li­chen Ent­schlüs­se gar nicht er­mes­sen konn­te – nahe dar­an ge­we­sen, ein­fach für im­mer in den schreck­li­chen Dschun­gel da­von­zu­lau­fen, statt län­ger bei die­sem ewig dro­hen­den und bö­sen Ge­s­penst von ei­nem Va­ter le­ben zu müs­sen. –

      Wie sie jetzt vor dem Le­der­zelt des Scheichs saß und der Gee­ka ein Gras­hemd flocht, merk­te sie mit ei­nem Male, dass der Scheich sich nä­her­te, und so­fort war das son­ni­ge La­chen, das um ih­ren Kin­der­mund ge­spielt, da­hin. Sie sprang zur Sei­te, wohl in der Hoff­nung, dass sie viel­leicht doch noch un­be­merkt dem al­ten Ara­ber mit sei­nem le­der­far­bi­gen Ge­sicht ent­wi­schen kön­ne. Al­lein das Kind war nicht schnell ge­nug. Mit ei­nem har­ten Fuß­tritt stieß er die Klei­ne nie­der, dass sie der Län­ge nach aufs Ge­sicht fiel. Still und ohne Trä­nen zu ver­gie­ßen blieb sie lie­gen; ein lei­ses Zit­tern rann durch ih­ren Kör­per. Ein Fluch, eine gräss­li­che Ver­wün­schung – und der Mann trat in das Zelt. Die alte schwar­ze Hexe schüt­tel­te sich vor La­chen und gab da­bei wohl ih­ren ein­zi­gen Zahn zum Bes­ten, der wahr­schein­lich sel­ber nicht wuss­te, wie er zu der Ehre kam, noch zu exis­tie­ren.

      Als das klei­ne Mäd­chen si­cher war, dass der Scheich sich ins Zelt ver­fügt hat­te, kroch es hin­ter das Zelt in den Schat­ten und blieb dort mäus­chen­still lie­gen. Sie drück­te Gee­ka fest an ihr Herz und mein­te es gut mit der lie­ben klei­nen Pup­pe, doch ab und zu war es, als woll­te der gan­ze Jam­mer von Neu­em über sie her­ein­bre­chen: Sie reck­te und streck­te dann ih­ren klei­nen ge­quäl­ten Kör­per, nur um das Schluch­zen zu un­ter­drücken. Laut wei­nen – nein, das durf­te sie nicht wa­gen, denn dann wür­de der Scheich von Neu­em sei­ne Wut an ihr aus­ge­las­sen ha­ben. Was ihr klei­nes Herz so be­küm­mer­te, war über­dies nicht etwa nur der Nach­hall je­ner neu­en Miss­hand­lung. Unend­lich tiefe­re in­ne­re Nöte be­dräng­ten sie: Man ver­sag­te ihr hier jeg­li­che Lie­be, und je­des Kin­der­herz lechzt doch ge­ra­de­zu nach al­lem, was Lie­be at­met!

      Die klei­ne Me­riem konn­te es sich kaum mehr an­ders den­ken, als dass sie im­mer nur un­ter der stren­gen, grau­sa­men Hand des Scheichs und Ma­bu­nus ge­lebt hat­te. Ganz dun­kel schweb­te frei­lich bei­na­he wie ein Traum in den Tie­fen ih­rer kind­li­chen See­le ein Bild un­deut­lich und ver­schwom­men. Dann war es ihr, als habe sie ein­mal eine gute sanf­te, freund­li­che Mut­ter ge­habt. Aber Me­riem mein­te, dies sei wohl mehr ein from­mer


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