Liebe in Gefahr. Ell Wendt

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Liebe in Gefahr - Ell Wendt


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Aufwand an bäumenden Rossen, schimmernden Rüstungen und wallenden Federn getan. Der Krieg schien im Jahre 1462 eine sehr prunkvolle Angelegenheit gewesen zu sein.

      Am Odeonsplatz verabschiedeten sie sich.

      „Lili befindet sich mal wieder in Reparatur“, sagte Andreas, „sonst würde ich dich nach Hause fahren. Es ist ein Kreuz mit den Weibern!“

      Sibylle gab ihm die Hand. „Servus, Andi. Überleg dir’s noch mal mit Elisabeth!“

      „Grüß den Tonkünstler!“ rief Andreas. Er winkte ihr nach, während sie auf der Plattform der Straßenbahn davonfuhr; seine kirschrote Krawatte wehte, weithin sichtbar, im Winde.

      Als Sibylle die Treppen zur Wohnung hinaufhastete, hörte sie Alexander üben. Gott sei Dank, er hatte sie noch nicht vermißt! Aufatmend verlangsamte sie den Schritt. Hinter der Tür von Amesmeiers im zweiten Stock erscholl wütendes Kindergeschrei, aus allen Wohnungen drangen Küchendüfte und vermischten sich zu einem unbeschreiblichen Ganzen, darüber der Geruch siedenden Krautes schwebte, wie eine triumphierende Fanfare.

      Dem Treppenhaus mit seinen knarrenden Stufen, den gelb gestrichenen Wohnungstüren und den bunten, im wildesten Jugendstil bemalten Fenstern, konnte selbst Sibylle nicht den bescheidensten Reiz abgewinnen. Es war jedesmal, als betrete sie eine selige Insel, wenn sie die eigene Tür hinter sich schloß.

      Sie warf Mantel und Hut ab und entzündete in der Küche die Gasflamme unter der am Morgen vorbereiteten Suppe. Kochen gehörte nicht zu Sibyllens starken Seiten, sie fand Essen unwichtig und begriff nicht, wie jemand viel Aufhebens davon machen mochte. Zu der Zeit, da sie nach dem Tode des Vaters als Kunstgewerbeschülerin ein möbliertes Zimmer bewohnte, hatte es ihr nichts ausgemacht, tagelang von Brot und einem Viertel billigen Aufschnitts zu leben.

      Nicht so Alexander! An die zarten Braten und erlesenen Gemüse im Hause Birk gewöhnt, legte er großen Wert auf eine gepflegte Küche. Das Essen und seine Beschaffenheit war ein wunder Punkt in ihrer Ehe. Es kam auf die jeweilige Stimmung an, ob Alexander Sibyllens kochkünstlerische Erzeugnisse mit der Miene des stillen Dulders herunterschlang, oder aber mit verletzendem Hohn Vergleiche zwischen Beefsteaks und alten Schuhsohlen anstellte.

      Gefolgt von Polster, trug Sibylle das Geschirr ins Atelier und deckte den Tisch vor dem Récamiersofa.

      Alexander fuhr verstört auf. „Ist es schon so spät?“ Er wiederholte eine schwierige Passage. „Ich werde dies spielen bei Osterwalds. Chopin langweilt die Leute noch am wenigsten.“

      „Es ist wundervoll“, sagte Sibylle überzeugt, „aber ich glaube, du solltest die Sache nicht unter diesem Gesichtspunkt betrachten.“

      Alexander stand auf.

      „Frau Osterwald ist unmusikalisch wie ein Regenschirm. Sie veranstaltet Hauskonzerte aus Snobbismus. Bach zum Beispiel findet sie langweilig. Was kann man von Menschen erwarten, die Bach langweilig finden?“

      „Eigentlich ist es anständig, daß sie es offen zugibt“, meinte Sibylle und stellte ein Glas mit Tulpen in die Mitte des Tisches; sie vertrat die Ansicht, daß es nur eines hübsch gedeckten Tisches bedürfe, um die einfachste Mahlzeit zu einem Fest zu gestalten. „Ich bin überzeugt, es gibt eine Menge Menschen, die Bach langweilig finden, ohne es zu sagen.“

      „Es ist eine Schande“, sagte Alexander, und da er in diesem Augenblick den ersten Löffel Suppe zu sich nahm, blieb es unklar, ob dieser Ausspruch dem menschlichen Unverständnis galt oder vielmehr der Kochkunst seiner Frau.

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