Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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Seite, er sprang vor und zerrte den Benommenen wie einen Schild zu sich heran. Die nächsten ihm zugedachten Tritte trafen den Falschen.

      Es war ein Elend, mitansehen zu müssen, wie der Bursche einfach die Flügel hängen ließ. Carberry packte ihn am Kragen und am Hosenbund und lehrte ihn das Fliegen, wovon er selbst zwar herzlich wenig hatte, sein Kumpan dafür aber um so mehr, denn sie prallten vehement zusammen. Ihr Sturz endete weich – in dem einzigen Misthaufen, der im Umkreis von mehr als hundert Yards zu finden war. Bevor sich der untere von seiner ohnmächtigen Last befreien konnte, war Carberry schon bei ihm.

      „Du krabbelst rum wie ein Mistkäfer“, sagte der Profos grollend. „Und du stinkst auch wie einer.“ Der Kerl setzte sich tatsächlich noch zur Wehr. Also ließ Carberry seinen Profoshammer folgen.

      „Dir treibe ich die Flausen schon aus, Jungchen.“

      Der Inder verstand ihn nicht. Aber selbst wenn er der englischen Sprache mächtig gewesen wäre, hätte er im Moment nichts anderes vernommen als das überlaute Dröhnen in seinem Schädel, das an eine heftig angeschlagene Glocke erinnerte. Edwin Carberrys Faust war zum Klöppel geworden!

      Selten hatte er einen Gegner getroffen, der mehr wegstecken konnte als dieser bullige Inder. Selbst nach dem Profoshammer schüttelte er sich nur ab wie ein nasser Hund, blockte einen weiteren Hieb ab und drang seinerseits auf den Profos ein.

      Carberrys Rammkinn mußte einen Treffer hinnehmen, der an den Tritt eines auskeilenden Ackergauls erinnerte. Für einen Augenblick hörte der Profos die Englein singen, aber ihr zarter Ton und das Gefühl, auf einer Wolke zu schweben, behagten ihm nicht. Also ließ er sich wieder auf die Erde fallen – mit beiden Beinen und seinem Achtersteven nahezu gleichzeitig.

      Da hatte es der Bursche doch tatsächlich geschafft, ihn niederzuschlagen, und er setzte schon nach, um ihm den Rest zu geben.

      Carberry wälzte sich herum – geradewegs vor die Planke, die über der Jauchegrube lag. Er packte das Holz, wirbelte es mit einer Leichtigkeit hoch, als halte er lediglich einen etwas stärkeren Riemen in Händen, und schmetterte es dem Angreifer seitlich an den Schädel. Der hatte nun endgültig genug, verdrehte die Augen und torkelte unbeholfen herum. Der letzte Schritt war zuviel, denn da fand er schon keinen Boden mehr unter den Füßen.

      Lautlos versank er in der brackigen Brühe, tauchte prustend und spuckend wieder auf und hatte genug damit zu tun, einen festen Halt zu suchen. Als er durch den triefenden Vorhang vor seinen Augen hindurch den Profos sah, der sich grinsend über ihn beugte, spie er aus.

      Carberry, der mit einem raschen Rundblick festgestellt hatte, daß die Gefährten seinen Beistand nicht brauchten, war jetzt drauf und dran, den Inder nochmals unterzutauchen. Im letzten Moment stutzte er. Der Kerl spuckte nicht nur die Jauche wieder aus, die er im Mund hatte, sondern auch zwei wunderschöne Zähne. Und deren Anblick brachte den Profos auf eine umwerfende Idee.

      Bevor jemand auf den Zähnen herumtrampeln konnte, nahm er sie an sich und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden. Danach mischte er noch ein klein wenig mit, was aber nicht der Rede wert war, denn Hasard, Batuti, die Zwillinge und Plymmie hatten ganze Arbeit geleistet und die Angreifer der Reihe nach abgeräumt.

      Der Bursche auf dem Misthaufen konnte sich über mangelnde Gesellschaft gewiß nicht beklagen. Zwei andere hüpften wie Derwische herum und hielten die Hände auf ihre Kehrseite gepreßt, der Rest hatte schlichtweg das Weite gesucht, als das noch möglich gewesen war.

      „So“, sagte Edwin Carberry und stemmte die Fäuste in die Seiten, „was wird nun?“

      „Wir bringen unser Vorhaben zu Ende“, erklärte Jung Philip.

      „Wir kehren zur Schebecke zurück“, meinte sein Bruder.

      „Genau der Meinung bin ich auch“, pflichtete Carberry bei. Seine Stimme klang ein wenig undeutlich, weil er sich die Kiefergelenke massierte. Aber nicht nur deswegen erntete er verwunderte Blicke.

      „Was ist los mit dir?“ fragte der Seewolf erstaunt. „Ich hätte zumindest erwartet, daß du herumtönst ‚Jetzt erst recht!‘“

      „Wozu die Mühe?“ erwiderte der Profos. „Der Überfall war der erste, aber gewiß nicht der letzte. Was ist, wenn sie mit ihren Flinten aus dem Hinterhalt auf uns schießen? Sollen wir wirklich religiöser Spinner wegen den Kopf hinhalten?“

      Hasard legte die Stirn in Falten. Er ahnte, daß der Profos den fadenscheinigen Grund nur vorschob und mit etwas anderem hinter dem Berg hielt. Aber Eid würde schon damit herausrücken, sobald er es für angebracht hielt.

      „Wir kehren um“, entschied er. „Morgen früh versorgen wir uns mit dem Nötigsten …“

      „… und dann kann uns jeder in Tuticorin den Buckel runterrutschen“, pflichtete der Profos bei.

      Mac Pellew stand am Schanzkleid auf der Kuhl und starrte gedankenverloren zur Stadt hinüber, die in scheinbarer Ruhe dalag. Hin und wieder huschten silbrige Fischleiber an der Schebecke vorbei und verschwanden unter dem Steg. Prachtexemplare von gut einem halben Yard Länge waren dabei.

      Gebraten oder auch mit Wein gesotten, hielt der Zweitkoch frischen Fisch für eine Köstlichkeit. Was die Händler unfreiwillig zurückgelassen hatten, war zum Abendessen von fünfunddreißig hungrigen Seewölfen verspeist worden. Die Fische, die Old Donegal mit Skepsis betrachtete, hatte der Kutscher nach einigem Hin und Her in ihr Element zurückgekippt. Schließlich wollte keiner die unangenehmen Erfahrungen des Admirals nachvollziehen.

      Die Kombüse war aufgeklart, für die Koje hatte er noch nicht die nötige Bettschwere, und das Herumstehen und Nichtstun behagten Mac Pellew ebensowenig. Also verschwand er für kurze Zeit unter Deck und schleppte Angelzeug und eine Sturmlaterne nach oben.

      Gemächlich breitete er die Utensilien zwischen zwei Culverinen aus, und auch Big Old Shanes spöttische Bemerkungen konnten ihm die gute Laune nicht verderben. Zum erstenmal seit Tagen fand er Zeit und Muße, sich mit der Angelschnur hinzusetzen und darauf zu Warten, daß ein ansehnlicher Brocken anbiß.

      Shane, der ehemalige Schmied der Feste Arwenack, ging auf der Backbordseite des Mitteldecks Wache.

      „Untersteh dich und laß die Tranfunzel auf dem Handlauf stehen“, motzte er, als Mac Pellew die Lampe entzündete. „Du solltest wissen, daß das blöde Licht blendet.“

      „Aber es lockt die Fische an.“

      Shane holte tief Luft. Er brauchte nichts zu sagen. Schon seine Drohgebärde bewirkte, daß Mac Pellews übliche sauertöpfische Miene wieder die Oberhand gewann und das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand.

      „Backen und Banken willst du trotzdem, wie?“

      „Das hält Leib und Seele zusammen“, bestätigte Old Shane. „Die Lampe muß dennoch da weg.“

      Sie starrten einander an – Shane gelassen und in der Gewißheit, daß er die Oberhand behalten würde, Mac Pellew verärgert und wütend. Es war ein stummes Kräftemessen zwischen beiden, das den Koch erst richtig zur Weißglut brachte, als hinter ihm ein deutliches Plätschern zu vernehmen war. Da schnellten die fettesten Brocken aus dem Wasser, und Shane hatte nichts besseres zu tun, als ihn zu behindern.

      „Hast du das gehört?“ fragte Mac.

      „Ich bin ja nicht taub“, erwiderte der Schmied. „Der Fisch war viel zu groß für deine Kochtöpfe.“

      Unwillkürlich redeten sie lauter. Feixende Gesichter wandten sich ihnen zu.

      „Du kannst von mir aus angeln, bis du schwarz wirst“, erklärte Shane. „Aber die Lampe muß verschwinden.“

      Wieder plätscherte es. Mehr achterlich diesmal.

      „Fällt mir nicht im Traum ein“, widersprach Mac Pellew heftig. „Wenn du die Lauscher weiter aufsperren würdest, könntest du hören, wie die Fische springen. Das Licht lockt sie an, und ich will verdammt sein, wenn ich freiwillig auf einen so guten Fang verzichte.“

      „Dann nimm dir endlich einen Tampen und häng


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