Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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fand.“

      „Deshalb die tätowierte Karte auf Malindis Schädel.“ Matt Davies kratzte sich ausgiebig den Kopf. „Ich nehme an, er hat den Diebstahl nicht allein begangen.“

      „Für den Frevel wird er bezahlen“, erklärte Bose. „Jeder gläubige Buddhist sieht es als seine Pflicht an, den Dieb der gerechten Strafe zuzuführen.“

      „Wir gehören nun wohl nicht mehr zum Kreis der Verdächtigen.“ Old Donegal, der sich ungewöhnlich ruhig verhalten hatte, meldete sich doch noch zu Wort. „Werden Sie den Bewohnern von Tuticorin sagen, was Sie herausgefunden haben?“

      „Selbstverständlich“, versicherte der Hauptmann. „Nur – ich kann nicht dafür garantieren, daß wirklich jeder meine Meinung teilt.“

      „Das sollte aber ausschließlich Ihre Sorge sein“, erklärte Old Donegal schroff.

      „Doch wenn Sie sich an der Jagd auf Malindi Rama beteiligen, Senhores, wird man Ihnen und auch mir eher Glauben schenken“, sagte Bose ungeachtet des Einwands.

      Hasard müßte anerkennend eingestehen, daß es der Mann verstand, andere für seine Ziele einzuspannen. Er wußte, daß die Arwenacks nicht ohne neuen Proviant auslaufen wollten. Was die Händler und Fischer zur Probe an Bord gebracht hatten, genügte nicht. Also mußten die Arwenacks wohl oder übel die Spur ihres geflohenen Passagiers aufnehmen oder damit rechnen, daß sie weiterhin von den Bewohnern Tuticorins angegriffen wurden.

      „Zeigt ihm unsere Kanonen!“ sagte Old Donegal wütend. „Dann verliert der Bursche bestimmt seine Hochnäsigkeit. Wenn wir wollen, legen wir die Stadt in Trümmer. Warum sollen ausgerechnet wir nach seiner Pfeife tanzen?“

      Inzwischen senkte sich die Dämmerung über Tuticorin. Der Seewolf führte Chandra Bose auf die Kuhl und drückte ihm die fünf Goldmünzen wieder in die Hand.

      „Geben Sie das Geld den Händlern, die unser Schiff überstürzt verlassen haben. Und noch etwas: Sorgen Sie dafür, daß man uns nicht länger für Frevler hält.“

      „Wollen Sie sofort mit der Suche beginnen?“ Der Hauptmann hatte Mühe, seinen Triumph zu verbergen. Er wirkte überaus zufrieden.

      Hasard war es eigentlich auch. Er ließ die kleine Jolle abfieren und den Inder an Land pullen. Da der Steg in der kurzen Zeit nicht repariert worden war, hätte sich der Mann mehr als nur nasse Füße geholt.

      Ungefähr zur selben Zeit und nicht einmal eine halbe Meile entfernt, atmete Malindi Rama auf. Die hereinbrechende Nacht ermöglichte es ihm, den Häschern zu entrinnen.

      Draußen war es sternenklar. Der Mond stand schon hoch am Firmament und schüttelte seinen silbernen Schein über die Stadt aus. Malindi wartete, bis eine Wolke die Sichel verdeckte, ehe er sich erneut in das Gewirr der engen Gassen wagte. Die Frau hatte er mit ihrem eigenen Sari gefesselt und ihr den Mund zugebunden, so daß sie nicht schreien und ihn noch im letzten Moment verraten konnte.

      Die Nacht war schwül, zwischen den Häusern lastete drückend die Hitze des vergangenen Tages. Vom Hafen her erklang Hundegebell. Irgendwo weiter entfernt trompetete ein Elefant.

      Malindi wandte sich nach Norden. Er trug jetzt einen einfachen Turban, der seinen kahlen Schädel verbarg. Grober Stoff war im Haus ausreichend vorhanden gewesen.

      Je weiter er sich von der Hafengegend entfernte, desto rascher schritt er aus.

      Ein Ziegenhirte trieb seine Herde heim. Malindi achtete nicht auf den Jungen, der kaum älter als acht oder neun Jahre war, sondern zwängte sich zwischen den Tieren hindurch. Am Ende einer Seitengasse hatte er zwei Wachen entdeckt. Aber damit hatte er rechnen müssen.

      Der Basar lag verlassen vor ihm. Nur streunende Hunde wühlten in den Abfällen nach Freßbarem. Malindi hütete sich, den großen Platz zu überqueren, der von vielen Seiten eingesehen werden konnte. Lieber nahm er einen Umweg in Kauf, der ihn zwischen halb verfallenen Mauern und mehreren Backöfen hindurchführte.

      Ganz in der Nähe wußte er eine Unterkunft der Stadtwache. Jedoch sah er nicht einen Uniformierten – die suchten weiter entfernt nach ihm und dachten nicht im Traum daran, daß er sich bis an die Höhle des Löwen wagte.

      Als der Mond weiter hinter der Wolke hervorlugte, verließ Malindi gerade den Ortskern und tauchte zwischen hohen Bananenstauden unter. Ihm war bisher entgangen, daß er seit geraumer Zeit verfolgt wurde. Jetzt verschmolz der Schatten hinter ihm ebenfalls mit den übermannshohen Pflanzen.

      Ein einzelnes Gehöft war sein Ziel.

      Hunde schlugen an, verstummten aber gleich wieder, als sie ihn erkannten. Das Licht, das eben noch hinter einem der Fenster geschimmert hatte, wurde gelöscht, Augenblicke später knarrte eine Tür in den Angeln.

      Malindi Rama stieß einen kurzen Pfiff aus und huschte weiter. Selbst mit verbundenen Augen hätte er den Weg ins Haus gefunden.

      Wieder bellten die Hunde.

      „Ist dir jemand gefolgt?“ flüsterte eine Stimme aus der Dunkelheit.

      „Ich bin nicht verrückt und laß mich noch erwischen“, erwiderte der Singhalese.

      Er trat ins Haus, hinter ihm wurde die Tür verriegelt. Auch die Fenster waren inzwischen verhängt.

      „Draußen ist es ruhig“, sagte, eine Frauenstimme.

      Malindi atmete auf. Er setzte sich zu der Frau und ihrem Mann – einem Vetter väterlicherseits, der Fischer war – an den Tisch. Eine Kerze aus Bienenwachs, bis eben abgeschirmt, verbreitete wieder wohlig flackernde Helligkeit.

      Madhav, sein Vetter, schob ihm einen bis zum Rand gefüllten Becher hin.

      „Reisschnaps“, sagte er. „Trink – und dann erzähle! Wir fürchten seit Tagen um dein Leben.“

      „Ich habe den Zahn“, erwiderte Malindi. „Was also sollte mir geschehen?“

      Er trank. Wohlig brannte der Schnaps in seiner Kehle. Danach begann er zu erzählen. Madhav und Jehan hingen an seinen Lippen und schienen jedes Wort wie ein Lebenselixier in sich aufzusaugen.

      „Zeig ihn mir!“ forderte die Frau endlich.

      Malindi Rama streifte den Lederbeutel über den Kopf und nahm den Weisheitszahn so vorsichtig heraus, als handele es sich um eine zerbrechliche Kostbarkeit. Dabei sah der Zahn aus wie jeder andere.

      Ein eigentümlicher Glanz trat in Jehans Augen, als sie die Reliquie entgegennahm und küßte. Sie hätte viel für den Zahn gegeben, vielleicht sogar einige Jahre ihres Lebens.

      Madhav, als könne er die Gedanken seiner Frau erraten, sagte in dem Moment: „Du mußt die Stadt verlassen, Malindi. Möglichst schnell. Mit der ersten Morgendämmerung brechen wir auf.“

      Gemeinsam leerten sie noch mehrere Becher Reisschnaps. Dann forderte die Müdigkeit ihr Recht.

      Malindi Rama schlief in dieser Nacht schlechter als in allen Nächten zuvor. Mehrmals wachte er schweißgebadet auf, erinnerte sich aber nicht an die Alpträume, die ihn quälten.

      Buddhas Weisheitszahn lag wieder in dem Lederbeutel. Sein Gewicht schien stündlich zu wachsen und drückte schwer auf Malindis Brustkorb.

       4.

      „Willst du wirklich die Angelegenheit der Singhalesen zu deiner eigenen erklären, Dad?“ fragte Jung Philip entgeistert. „Wir haben mit ihrem Gott Buddha nichts zu tun.“

      Hasard junior nickte eifrig. „Was gehen uns Intrigen auf Ceylon oder in Tuticorin an? Religiöse Fanatiker verstehen keinen Spaß, wenn sich Andersgläubige einmischen.“

      Stumm blickte der Seewolf zur nahen Stadt hinüber, die sich als düstere Kulisse gegen den sternenübersäten Himmel abhob. Hier und da glomm Fackelschein in der Nacht und verriet, daß die Bewohner von Tuticorin noch ihren Arbeiten nachgingen.

      Langsam wandte sich Philip Hasard


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