Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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      Auf der Backbordseite der Schebecke dümpelten nur noch die kleinen Schiffe und Boote. Einige hatten sich losgerissen und waren abgetrieben. Hasard ließ sich von den Rüsten ins flache, warme Wasser gleiten und zeigte zum Bug.

      „Nichts wie weg“, stieß er hervor. „Duckt euch!“

      Das Wasser war brackig und roch abgestanden. Als sie zwischen der Schebecke und den Booten zum Bug schwammen, hörten sie das Geschrei und das Poltern der schweren Stücke in den Laderäumen durch das Holz der Planken.

      Die drei Jungen schwammen am Bug vorbei und hielten unter den Bambusverstrebungen des Steges an. Niemand hatte sie gesehen, niemand suchte nach ihnen. Sie spähten zwischen den bemoosten und algenbedeckten Pfählen hindurch und wichen den scharfen Muscheln aus, die wie Messerklingen an den Pfählen wuchsen.

      „Sie werden natürlich alle Goldkisten aus dem Schiff schleppen und sich damit in alle Richtungen zerstreuen“, sagte Hasard junior nach einer Weile.

      Sein Bruder flüsterte: „Die Portus und die von der spanischen Galeone stehlen sich auch ihr Teil zusammen.“

      „Was können wir unternehmen?“ fragte Clint.

      Hasard zeigte in südöstliche Richtung. Dort wuchs der Wald bis dicht an den Strand, der jetzt fast völlig trockengefallen war.

      „Zuerst hauen wir von dort ab. Dann verstecken wir uns. Dad segelt ohne uns nicht los.“

      Sie schwammen zehn Yards weit vom Ende des Steges weg und hatten dann schlickigen Grund unter den Sohlen. Eine Reihe Büsche versperrte die Sicht auf das Schiff, als sie sich nach rechts wandten und an Land wateten. Aber den Lärm, das Fluchen und die Rufe in vier verschiedenen Sprachen hörten sie deutlich, als sie durch den heißen Sand liefen und im Schatten einer kurzstämmigen Palme stehenblieben.

      „Du meinst, daß sich die Portus und die Spanier das Gold schnappen?“ fragte Clint und wrang Wasser aus seinem Hemd.

      „Klar. Bestimmt so viel, wie ihnen die verrückten Singhalesen und Ceylonesen übriglassen“, erwiderte Philip.

      Hasard nickte Clint zu und schüttelte sich. Die Lage, in der sich die Crew befand, war ziemlich hoffnungslos. Bald, dachte Hasard, würde sich die goldgierige Menge verlaufen haben. Dann deuteten die Geschütze der Karavelle und der Galeone noch immer auf die wehrlose Schebecke. Erst am Abend konnte das Schiff verholt werden, aber bis dahin konnte alles mögliche passieren.

      Die drei Seewölfe entfernten sich langsam vom Strand und schlichen durch einen Wald aus dicht stehenden Palmen in nördliche Richtung. Sie sicherten nach allen Seiten, aber sie sahen nur weidende Schafe, Ziegen und einen Büffel, der im Schlamm stand und zu schlafen schien.

      „Elf Tonnen. Das dauert lange“, meinte Clint. „Bis alles aus den Laderäumen und auf dem Steg ist – oder in den Häusern oder Schiffen.“

      „Richtig. Je länger sie brauchen, desto mehr sehen wir“, sagte Philip und hob die Hand. Das Wäldchen lichtete sich, und jetzt konnten sie einen größeren Teil des Dorfes Mannar sehen.

      „Ich glaube, es ist das beste“, sagte Hasard junior nach einigem Nachdenken, „wenn wir uns verstecken und genau merken, wo die Goldkisten versteckt werden. Die beiden Schiffe können auch nicht auslaufen, ebensowenig wie wir.“

      „Einverstanden“, murmelte Philip und lief geduckt bis zum Waldrand. Er kehrte kurz darauf zu den Wartenden zurück und sagte: „Da ist ein kleiner Hügel. Von dort aus sehen wir alles.“

      „Gut“, sagte Hasard. „Gehen wir.“

      Sie hatten sich etwa eine halbe Meile vom Schiff entfernt. Das Wäldchen verhinderte einen Blick auf den Hafen. Nur die Mastspitzen der Galeone waren noch zu erkennen. Jetzt hasteten sie, den Waldrand und den Strand dahinter auf der linken Seite des kaum sichtbaren Ziegenpfades, auf das Hügelchen zu. Zwischen dem Wald und den ersten Hütten der Siedlung breiteten sich Felder und Äcker aus.

      Auf einem Stück der Straße oder des staubigen Platzes zwischen den Häusern tauchten ein paar Inder auf. Sie gestikulierten und rannten in Richtung des Hafens auf das stattliche Haus zu. Die drei Arwenacks warfen sich in einen trockenen Graben und warteten. Sie hatten einen Vogelschwarm aufgeschreckt, der kreischend über ihnen flatterte.

      Hasard junior atmete stoßweise und sagte schließlich: „Jetzt ist mir so ziemlich alles klar. Dieser Hundesohn Malindi hat gesehen, welche Ladung wir in Wirklichkeit nach Madras bringen sollen. Und er hat es den Leuten brühwarm verraten. Wahrscheinlich haben sie ihn deswegen nicht totgeschlagen. Auf See konnten sie uns nicht überfallen, aber natürlich kannten sie diesen verdammten Hafen. Sie wußten auch, daß die Galeone und die Karavelle hier lagen, voller Kanonen. Habt ihr gemerkt, wie schnell sie ihre Stückpforten offen und die Rohre ausgerannt hatten?“

      „Ging ziemlich schnell“, mußte sein Bruder zugeben. „Ich glaube, wir sind das Gold und das Silber erst mal los.“

      „Sie haben eben erst angefangen, die Ladung zu löschen“, sagte Clint unruhig. „Wie lange hat es damals gedauert, bis alles an Bord war?“

      Die Zwillinge erinnerten sich gut: die Ladung bestand aus etwa zweihundertfünfzig Traglasten. Stundenlang hatten die Diener des Padischah gebraucht, bis auch die letzte Kiste unter Deck und vertaut war.

      „Es wird bis zum Abend dauern“, murmelte Hasard. „Los, sehen wir zu, daß wir zum Hügel verholen.“

      „In Ordnung.“

      Etwa zwei Stunden nach Mittag hatte die Hitze noch zugenommen. Jeder Schritt kostete Schweißtropfen. Durch Ranken, Gestrüpp, faulende Baumstämme und Büsche, deren Blüten betäubend rochen, schlichen die drei Seewölfe im Zickzack entlang der Felder, schlugen einen weiten Bogen und näherten sich der Flanke des Hügels. Schlangen huschten durch dürres Gras.

      Vom Meer her roch es nach fauligem Schlick. Die weißen Monsunwolken segelten über den strahlenden Himmel und warfen riesige, schnell dahingleitende Schatten. Als sie sich näherten, konnten sie zwischen Baumstämmen und Schmarotzerranken die Steine eines uralten Gemäuers erkennen.

      Sie pirschten auf die Rückseite des Gebäudes zu.

      Philip junior brummte: „Ein alter Tempel, nicht wahr?“

      „Kann schon sein“, erwiderte sein Bruder.

      Wuchtige Mauern, große Torbögen, seltsame Reste von bunter Bemalung und Steinfriese bedeckten den höchsten Punkt des Hügels. Sie standen unter den mächtigen Ästen uralter Bäume, deren Wurzeln teilweise zwischen den Quadern hervorgewachsen und das Steinwerk auseinandergesprengt hatten. Die Ruine roch modrig und nach dem kalten Rauch von Opferfeuern.

      Auf Zehenspitzen näherten sich die drei Seewölfe. Über ihnen turnten kleine Affen durch das Geäst. Ausgetretene Pfade bewiesen, daß viele Menschen zum Tempel pilgerten. Um den Hals eines Standbildes hingen Kränze aus frischen Blüten.

      „Hast recht“, bestätigte Hasard. „Ein alter Tempel. Hier wird uns niemand suchen, denke ich.“

      „Ein guter Platz“, sagte Clint, als sie über einige Mauerbrocken geklettert waren und die Vorderfront erreicht hatten. „Gute Sicht.“

      Sie blieben stehen und sahen sich mit angehaltenem Atem um. Sie hatten den denkbar besten Platz erreicht, denn sie sahen die drei Schiffe und den größten Teil der Siedlung, die verschiedenen Wege und die Straße, die hinüber zur eigentlichen Insel Ceylon führte, mitten durch das trockenfallende Fahrwasser, das jetzt nur eine große Fläche aus Schlick, trocknendem Sand und kleinen Ebbtümpeln war.

      Von hier aus wirkte alles klein und völlig bedeutungslos.

      Hasard junior setzte sich auf einen wuchtigen schwarzen Steinblock und sagte entschlossen: „Hier bleiben wir vorläufig.“

       3.

      Clinton Wingfield lehnte gegen die harte Rinde des Baumstammes und saß auf einer niedrigen Ziegelmauer.


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