Lebende Blumen. Nataly von Eschstruth
Читать онлайн книгу.zu denen tragen, die dich lieb haben: ich bringe euch den Frühling mit!“
Frau Meta, seine Gattin, zollte vollsten Beifall, und so geschah bei Eicklingens abermals das Originelle, so oft von allen Leute Besprochene, dass der Stadtgärtner seinem jüngsten Töchterchen ebenso wie allen vorangegangenen wieder einen Blumennamen gab.
Diese Passion des liebenswürdigen Mannes war ja so begreiflich!
Er lebte und webte ja nur für seine Blumen!
Immer neue Wunder schufen seine erfolgreichen Kulturen und die vollendet schönsten neuen Sorten, welche auf den Markt gebracht wurden, trugen den Namen Eicklingen auf ihrem Ruhmesbanner.
Eine zahlreiche Gesellschaft versammelte sich in den eleganten, gastlichen Räumen. Viele Anverwandte, Freunde und gute Bekannte, welche die kleine Cilla bei ihrem Eintritt in das Leben begrüssen wollten.
Der Taufaltar war mit den blauen kleinen Frühlingsboten, gleich wie mit einem Teppich bedeckt, aber es waren nicht mehr die einfachen Wiesenblümchen, wie sie sonst gleich freundlichen Äuglein aus Moos und überwinterten Halmen lugen, sondern grosse, herrlich gefüllte Kelche, welche die geduldigen Versuche ihres Gärtners belohnt hatten, und als neue, wenn auch nicht hochstielige Blumen seine Sortiments bereicherten.
An blauen Blumen herrscht leider Mangel!
Die Vergissmeinnicht stehen nur kurze Zeit zur Verfügung, die „Braut in Haaren“ und Eychorie widerstehen noch immer den Versuchen, sie zu modernen Luxusblumen zu machen!
Um so erfreulicher, wenn die Cilla endlich so völlig und dekorativ wurde, dass wenigstens die Ostertafeln durch sie ein neues, abwechselungsreiches Gepräge erhielten.
Darum hat man den Täufling auch in himmelblaue Schleifen gekleidet, und wie es der glückstrahlende Vater gewollt, schmückte ein flachgebundener Strauss das Brüstchen der Namensschwester, und ein allerliebstes, winziges Kränzchen lag gleich aneinandergereihten Sternen auf dem Köpfchen des Babys.
Gerade darauf war Tobias Maximilian sehr stolz, denn solch ein süsses Geschöpfchen im blauen Glorienschein war wohl noch nie zuvor getauft.
Originell wie immer! lächelten die Festgäste, und der sprudelnde Champagner sprühte den Tau glückseligster Lebenslust auf Kind und Blumen.
Die kleinen Schwestern des Täuflings sind zugegen.
Die Damen ziehen sie zu sich heran, sie zärtlich zu liebkosen, und die Herren scherzen mit den so hübschen und geistig regen Kindern.
Man plaudert mit ihnen, wie man sich gewöhnlich mit Kleinen unterhält, über Dinge, welche ihnen bekannt und geläufig sind und welche eine Antwort ihrerseits ermöglichen.
Gross ist die Auswahl der Themas ja nicht, und für viele Erwachsene, welche nicht ständig mit Kindern zu tun haben, hat der Verkehr leicht etwas Befangenes, welches beide Teile verlegen macht.
Was soll man mit solch unbedapften Geschöpfchen reden?
„Ah — komm mal her, mein Mädel! Du bist die Älteste unter euch Geschwistern?“
Die auffallend hübsche Achtjährige macht einen sehr wohlerzogenen Knix.
Der Blick ihrer tiefdunklen Augen, gross, voll und weich, wie metallisch flimmernder Samt, huscht dabei schnell an sich herab, ihr Spitzenkleidchen noch einmal prüfend zu mustern.
Sie trägt einen Kranz purpurroter Rosen auf den langwallenden schwarzen Locken.
„Und wie heisst du?“
Ein stolzes Heben des Köpfchens, ein Blick aufsprühenden Selbstbewusstseins in dem reizenden Gesicht, welcher kaum mit den Jahren der Kleinen in Einklang zu bringen ist.
Sie ist diese Frage so gewöhnt.
„Ich heisse Rose Damascena!“
„Rose Damascena?! Das ist ja ein sehr eigenartiger Name!
„Wie hübsch, dass du Rose genannt wirst!“
„Ich werde meistens Damascena genannt, weil dies die schönste der Rosen ist!“
„So, so!“
„Also ganz und gar eine kleine Königin unter deinen Geschwistern!“
Onkel Rolf, der Student, lacht und lässt die langwallende Haarespracht durch die Hände gleiten!
„Müssen wir dich etwa Majestät nennen?“
Damascena lächelt, — nicht wie ein Kind, sondern ein ganz klein wenig arrogant, wie ein Prinzesschen, welches man überflüssige Dinge frägt.
„Wenn wir Räuber und Königskind spielen, tuen es die Jungens von Geheimrat und Hauptmanns! — Sonst aber nicht.“
„Machen sie auch einen tiefen Knix dabei, wie das bei hohen Damen so üblich ist?“
„Wenn ich es als Prinzessin verlange, ja!“
„Und du verlangst es natürlich?“
„Wenn sie albern sind und nicht wollen, dann ja! — dann müssen sie, sonst spiel ich nicht mit!“
„Ganz recht so! Wenn man Rose Damascena heisst und Königin ist, müssen einem die höchsten Ehren angetan werden!“
Damascena nimmt solche Worte, welche immer im Scherz gesagt sind, sehr ernst und würdevoll auf und findet es ganz selbstverständlich, wenn sich die Unterhaltung in dieser Weise abspielt.
Sie steht meist etwas voran, und erwartet, dass man sie beachtet und ihr schmeichelhafte Worte sagt.
Es geschieht fast stets, denn das Kind ist ebenso auffallend hübsch, wie ihr Name herausfordernd eigenartig wirkt.
„Und du da, kleiner Tituskopf? — Wie heisst du?“
„Ich heisse Oleandra!“
„Alle Wetter, wie schön! — Wie kommst du denn zu diesem südländischen Namen?“
Die Genannte hält sich meist an der Seite ihrer Schwester Damascena und lächelt nur ein recht altkluges Lächeln.
„Oleandra heisst Lorbeerrose, so wie sie im Gewächshaus von Papas neuen Kulturen steht!“
„Lorbeer! Sieh mal da! Schon in der Wiege hat man dich mit Lorbeeren geschmückt, kleines Mädel!“
Hast du dir denn infolgedessen den Lorbeer zu deiner Schicksalsblume erwählt?“
Oleandra wiegt nachdenklich den Kopf.
„Wenn ich so heisse, sagt Tante Erna, so muss ich mir im Leben auch fraglos mal viele Lorbeerkränze holen!“
„Wo denn?“
Die Kleine zuckt die Achseln: „Ich weiss noch nicht so recht.“
„Willst wohl mal eine berühmte Sängerin werden?“
„Doras Klavierlehrer hat mich neulich schon mal singen lassen ...“
„Nanu?! — bist doch erst sieben Jahre alt!“
„Aber sie sagen, meine Stimme sei stark und kräftig! Und ich heisse doch Oleandra, die Lorbeerrose!“
„Wer ist denn Dora?“
„Der Backfisch bei Geheimrats!“
„Möchtest du nicht lieber eine weltberühmte Malerin werden?“
„Vielleicht auch! Fräulein hat neulich die Bilder, welche ich angetuscht habe, zu Papa getragen und gesagt: ‚Das Kind hat fraglos Farbensinn und Maltalent!‘“
„Das wäre ja grossartig! — Und was sagte dein Vater?“
Oleandra zuckte die schmalen Schulterchen und warf die Lippen auf.
„So recht eigentlich gar nichts! ‚Es sei ganz nett gemacht!‘ meinte er, und Fräulein versicherte: ‚ich beobachte meinen Schützling so scharf auf künstlerische Neigungen hin, weil sie doch Oleandra